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Kommentar zum Attentat in NizzaAngriff auf ein Symbol

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Der französische Nationalfeiertag steht für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Das Attentat von Nizza zielt auch auf diese Grundwerte.

Eine Frau sucht am Anschlagsort in Nizza nach ihrem Sohn Foto: ap

W er derzeit in Frankreich lebt, versucht die Angst vor einem Terroranschlag, der jeden und jede treffen kann, zu verdrängen. Spätestens seit dem Massaker im Bataclan und den mörderischen Angriffen auf Pariser Cafés und das Stade de France an jenem 13. November 2015 weiß man irgendwo, dass diese Gefahr existiert. Das grauenhafte Attentat in Nizza hat dies allen in erschreckender Weise ins Bewusstsein gerufen. Für viele ist es wie ein fürchterlicher Rückfall in eine Wirklichkeit, die sich jeglicher Form von Verständnis oder rationaler Analyse entzieht.

Weder die Notstandsgesetze noch alle individuellen Vorsichtsmaßnahmen können solche zum Äußersten entschlossenen Fanatiker an der Ausführung ihrer verbrecherischen Pläne hindern. Auch die geschlossene Solidarität, mit der die französische Gesellschaft, unterstützt aus aller Welt, im November 2015 auf diesen Angriff auf das Leben und die Freiheit reagiert hat, wird diese „Dschihadisten“ nicht entmutigen. Ihre ideologischen Beweggründe sind nicht von dieser, unserer Welt.

Sie zwingen uns aber, damit zu leben. Jetzt einfach den Alltag und die Aktivitäten in der Gemeinschaft weiterzuführen, trotz der bekannten und vielleicht allgegenwärtigen Risiken auch Feste zu feiern, zu lachen und kreativ zu bleiben, braucht Mut. Das ist das einzige gewaltfreie Mittel, das existiert, um die Absurdität dieses terroristischen „Kriegs“ zu entlarven und zu bekämpfen. Selbstredend wäre es eine verhängnisvolle Niederlage, sich von den Terroristen in ihre Pseudologik eines Glaubenskriegs ziehen zu lassen.

Mit dem französischen Nationalfeiertag ist am 14. Juli 2016 ein Symbol attackiert worden. Der „Quatorze Juillet“ feiert den Sturz der Bastille im Namen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Deutlicher konnte der Angreifer von Nizza nicht zum Ausdruck bringen, welche uns „heiligen“ Grundwerte er im Namen seines monströsen Wahns bekämpfen wollte.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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32 Kommentare

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  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Das Attentat von Nizza zielt auch auf diese Grundwerte."

    Ach, Mann! Der Massenmörder hat sich einen Lkw geklaut, um seine persönliche rasende Wut über sein verpfuschtes Leben an Unschuldigen rauszulassen, indem er sie wahllos überrollt. Am Nationalfeiertag.

    Vielleicht war es so?

    Niemand kennt zurzeit das Motiv. Erinnert mich aber irgendwie an den kranken Germanwingspiloten.

    • @571 (Profil gelöscht):

      "Vielleicht war so?" -

      Ja. "Ach Mann!" - So what!

       

      Sitze über der mail eines Freundes aus Nice la Belle einschl. seiner mail an seinen ital.Freund - voller Tränen Trauer Ratlosigkeit & Entsetzen!

      In dem Wissen - es/er hat sicher welche aus "deiner Umgebung radiert, eliminiert, vernichtet." &

      Dem Versuch - tausende male Promenade des Anglais - sich nicht von Wut&Hass mitreißen zu lassen!

       

      Wie & was antworten - & wenn dir

      le midi vertraut ist & der quatorze juillet?!

       

      Vielleicht ist es das?!

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Bedaure, so geht mein Nachrichtenfilter.

         

        Die Banalität des Bösen.

        Wahrscheinlich - leider...

  • Das Bild ist m.E. gut gewählt, weil es deutlich macht, dass die Opfer nicht nur aus der Gruppe stammen, die vielleicht Anschlagsziel war, sondern auch die Angehörigen der eigenen Religion wahllos gemordert wurden. Wobei ich der Frau wünsche, dass sie ihren Sohn gefunden hat. Bei allen, die den Kampf der Kulturen ausrufen, egal auf welcher Seite sie kämpfen wollen, gehen die muslimischen Opfer aber gern unter.

  • Die so inbrünstig beschriebenen Grundwerte werden schon seit vielen Jahren von der französischen Regierung, der EU und selbstverständlich auch der deutschen Regierung im Sinne neoliberaler Machtpolitik mit Füßen getreten. Das greift also wesentlich zu kurz. Niemand, kann außer den Umstand, dass es das einmal gegeben hat, die Präsenz dieser schönen Werte feiern.

    Heute ist es vielleicht ein schönes Wir Gefühl am 14.Juli und die Abwesenheit der so gefeierten Werte, fällt nicht mal den Feiernden auf. Dass es einmal eine tolle Idee war, für die Menschen gekämpft haben, gegen Unterdrückung, Elend, Bevormundung und Sklaverei, dafür zu tausenden gestorben sind, ist nicht zu leugnen.

    Aber die sogenannten Demokratien in Europa, vor allem auch die USA, haben viel Schrecken über andere Länder, vor allem des globalen Südens gebracht, aus denen etliche failed States entstanden sind. Noch immer werden tausende von Menschen hingemordet mit westlichen Drohnen und Waffensystemen, alles scheint alternativlos. Nur kommt niemand auf die Idee aufzuklären, warum diese Verzweiflung in der Welt ist, die einige Menschen dazu hinreißt solch fürchterliche Attentate zu begehen, die sie selbst ebenfalls nicht überleben.

    Klar ist, dass es einen untrennbaren Zusammenhang gibt, mit der Einmischung westlicher Staaten und ihres Militärs und der Unterwerfung oder Zerstörung souveräner Staaten aus geopolitischen Interessen. Wer diese Zusammenhänge außer Acht lässt, wird immer nur mit großen fragenden Augen vor dem Phänomen des Terrorismus stehen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @mundomejor:

      So ist es. Die Freiheit ist die des Geldes. Beim Menschen hört sie auf. Gleicher sind ebenfalls jene, die mehr (Geld und Macht) haben. Nur Brüderlichkeut, die scheinen die Terroristen in einer falschen Anlehnung an die Religion bei ihren Mitbrüdern zu suchen.

       

      Das Gerede von Grundwerten ist in meinen Augen ohnehin vollkommen nichtig, denn eine Gesellschaft ohne Tugenden braucht Werte nur zum Verscheuern und Schachern.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Ich kann derlei Empörung bar des Blickes auf die Welt in Frustrationsmomenten nachvollziehen.

         

        Einem Faktencheck am Individuum hält das in der Regel nicht stand; im Sinne von wer frei von Schuld ist werfe den ersten Stein:

        Wer, der hier postet ist nicht Profiteur unserer westlichen Wirtschaftsstruktur und Politik.

         

        Mir ist niemand bekannt, der aus sich selbst heraus; vom eigenen Job, Geschäftsmodell des Chefs, eigenes Lebensumfeld und Konsum, Erziehung der Kinners oder Investition in Haus und Zukunft sagen kann: Freiheit Gleichheit Solidarität.... und das auch umsetzt in allen Konsequenzen.

         

        Daher kann ich auch jegliches Relativieren der Motivation einer Tat wie der in Nizza nicht nachvollziehen.

        Da werden junge Leute von machhungrigen Egoisten missbraucht und mit den Ungerechtigkeiten dieser der Welt als Argumentationsvehikel zu Massenmördern programmiert oder angeleitet.

         

        Es handelt sich um Gedankensklaven und nicht um Gerechtigkeit Kämpfende. Wer um Gerechtigkeit kämpfen will nimmt sich andere Philosophien und Vorbilder als Bin Laden und Co.

        • @Tom Farmer:

          ich stimme Ihnen vollkommen zu. Zumal es immer Menschen geben wird, die sich benachteiligt fühlen, so sehr, dass sie gewalttätig werden. In Deutschland erleben wir das zum Teil ja auch, indem "rechte" Gewalt ausgeübt wird, Brandanschläge auf Ausländerheime oder sogar Angriffe auf die Menschen selbst, die nicht dem Normbild entsprechen. Der Täter war schon lange kriminell und gewalttätig, wie man jetzt weiß, es spricht nichts dafür, dass er irgendein nachvollziehbares Motiv hatte, wenn es so etwas für solch eine Tat überhaupt geben kann.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Wie immer wäre der einzige Weg, solchem Terror das Wasser abzugraben, sich an den dahinterstehenden gesellschaftlichen Widersprüchen abzuarbeiten. Das Gegenteil aber geschieht, Ausnahmezustand, Militarisierung und zunehmende Ausgrenzung. Mutig wäre, solchen Krisen nicht mit Symbol-, sondern mit sozialen Strukturpolitiken zu begegnen. Aber das bekommen die etablierten PR-Parteien heute nicht einmal ohne Krise mehr hin. Und genau das ist die eigentliche Krise. Das alltägliche Politik- und Medienversagen.

     

    Heute können täglich die Menschen an den Grenzen Europas verrecken und das rührt keinen mehr. Laissez faire des Abgrunds. Und es hat daher seine Konsequenz, dass der Westen in ihm versinkt. Dieser Anschlag macht deutlich wie keiner zuvor: Es braucht nicht einmal eine Waffe, es braucht nur einen Menschen. Und wenn wir den in seiner je eigenen Lebenswelt nicht verstehen stehen lernen wollen, wird dieser Terror in 3-5 Jahren in uns wohnen, wie in den Menschen in Israel. Terrorismus resultiert immer aus dem Versagen von Strukturpolitiken. Die Ideologien sind nur der geistige Wegweiser, die an dieses Versagen andocken.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @24636 (Profil gelöscht):

      Reife, kluge Sicht.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      Bei allem Rationalismus darf allerdings keinesfalls zuviel Verständnis für diese Leute aufbringen.

      Das Bauchgefühl, das sagt die Leute muss man aus der Gesellschaft schmeißen muss man natürlich rational hinterfragen und sich selbst klar machen dass das weder eine Lösung ist noch fair gegenüber den ganzen Profilverdächtigen die sich anhand schwerer Umstände eben nicht in unmenschlichem Terror verirren.

       

      Aber man darf auch nicht so weit gehen zu sagen diese Leute hätten einen Grund oder gar ein moralisches Recht so zu handeln.

      Das sind schlicht und ergreifend Mörder die sich fadenscheinige Ausreden in Religion und Klassenkampf suchen.

      Schon um Menschen wie der Front National keinen Aufwind zu geben weil die rationalen Leute ja "den Terror verteidigen".

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @24636 (Profil gelöscht):

      Ich schließe mich auch an.

      Und diese Welt ist so unglaublich angreifbar. Ein irgendwie aussehender Koffer führt zum Stillstand einer halben Stadt. Und jetzt warte ich nur noch darauf, daß Hollande Tunesien angreift, weil der Attentäter tunesische Wurzeln hatte. Nur ja nicht die Ursachen des eigenen Verhaltens und im eigenen Land beseitigen.

      Und kleine Nebenbemerkung: Die überall so eifrig entwickelten selbstfahrenden KfZ werden die Drohnen der Terroristen werden.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      Danke!

      • @ermi k.:

        Spätestens wenn vor Ihrer Haustür eine Bombe hochgeht und Unschuldige in den Tod reißt, werden Sie fordern, dass der Staat auch Sie schützt. Und wie soll er es Ihrer Meinung nach in einem solchen Fall tun?

         

        Wenn sie in der Hand eines Gewalttäters sind, werden Sie sich sicher über die Live-Schalte zu einer Talkshow über gesellschaftliche Ursachen von Gewalt freuen.

  • Merle Groneweg , Autor*in ,

    Ich finde es schade und erschreckend, dass nun auch in der taz bereits von "diese[n] 'Dschihadisten'" zu lesen ist.

    Der Hintergrund der Tat ebenso wie genau Angaben zum Täter sind meines Ermessens zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

    • 3G
      33324 (Profil gelöscht)
      @Merle Groneweg:

      Was meinten Sie nochmal ?

  • Ist den jetzt schon klar das es ein "Terrorist" war? Ich meine der Herr kann ja nicht mehr gefragt werden da es der Polizei scheinbar nicht möglich war einen LKW zu stoppen ohne den Fahrrer zu töten.

    Schon komisch alles.

    Die Sachlage ist doch eigentlich: Mann fährt durch Ansammlung von Menschen, 84 Tote.

    • @FriedrichH:

      Was hätte die Polizei denn anders machen sollen? Auf die Reifen schießen?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @FriedrichH:

      Wie stoppt man denn einen LKW der gerade als Instrument des Massenmordes benutzt wird auf einer vollbesetzten Uferpromenade ohne massive Gewalt anzuwenden?

      • @32795 (Profil gelöscht):

        Die Frage lautet nur wie stoppt man einen LKW dessen Fahrrer kein Interesse am Anhalten hat.

        Natürlich mit Schüssen auf die Reifen und Motorraum. Wie wäre es mit Krähenfüßen oder Straßensperren. Ich weiss das es sicher nicht die Ruhe einer normalen Straßenkontrolle hat.

         

        Ich denke es wäre wichtig die Beweggründe des Mannes zu kennen um sinnlose Verklärungen und damit eine Gewaltspirale zu verhindern.

        • 3G
          32795 (Profil gelöscht)
          @FriedrichH:

          Da ist eine wohl sechsspurige Straße ohne Leitplanken und direkt daneben eine ca. 10m breite, gepflasterte Promenade (Auf Streetview schön zu sehen). Um das wirksam abzusperren braucht man dutzende Autos und das dauert schon bei leerer Promenade einige Minuten Virlauf vor Eintreffen des LKW.

           

          Schüsse in die Reifen stoppen einen LKW nicht sofort. Zumindest nicht wenn dem Fahrer der Zustand des LKW egal ist.

           

          Dann war da alles voller Leute. Schießt man auf die Reifen schießt man voll in die dahinter stehenden Leute hinein. Auf den Fahrer hingegen schießt man nach oben, also über die Leute hinweg.

           

          In der Situation kann ein Polizist auf den Fahrer schießen oder ihn fahren lassen, viel mehr (wirksame) Optionen gibt es in den wenigen Sekunden Zeitfenster die ein Polizist an der Strecke hat nicht.

    • @FriedrichH:

      bei mir im Radio wurde von im Fahrzeug gefundenen Kalaschnikows und Granaten gesprochen, ..also offensichtlich doch ein Terrorist.

      Wie hätte die Polizei diesen Fahrer stoppen sollen? Mit der Anhaltekelle und "bitte rechts ranfahren"????

      • @ChristianP:

        Also ich bin der Meinung die Polizei hat richtig gehandelt. Und dass es ziemlich sicher ein Terroranschlag eines Einzelnen war.

         

        Aber so wie ich die Sachlage verstehe hatte der Mensch Attrappen von Gewehren und Granaten geladen.

        Nachdem er langsam auf die Menschenmenge zufahren ist und nicht gestoppt hat fing die Polizei an zu schießen - dann gab der Mensch Gas.

         

        Prinzipiell wäre also auch ein Selbstmord durch Polizei denkbar.

        Sicher ist nur das der Kerl ein hundserbärmlicher Mistkerl war dem ich sicher keine Träne nachweine.

  • Wenn in Frankreich Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verwirklicht wären, hätte es dann zu solch einer Tat kommen können?

     

    Möglich, dass die Tat als Angriff auf den symbolträchtigen 14. Juli gedacht war, aber ist er in Wirklichkeit nicht ein furchtbares Indiz dafür, dass das Symbol leer ist, dass die idealistischen offiziellen Deklamationen mit der Realität nicht übereinstimmen? Ist der "Kampf gegen den Terrorismus" und der "Wille, diesen Kampf zu gewinnen" (Merkel heute morgen) das richtige Mittel, den Terrorismus zu überwinden? Ist der Hass, den diese schreckliche Tat, die zudem auch vielen Kindern das Leben kostete, nur das Ergebnis ideologischer Verblendung oder ist sie das Resultat gesellschaftlicher Umstände, die man im Innern dieser Gesellschaft einfach nicht wahrhaben will bzw. verdrängt, weil man in seinem täglichen profit- und konsumsystemischen Tun in jeder Minute genau dazu beiträgt?

    • @Harald Oswin Haas:

      @"Wenn in Frankreich Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verwirklicht wären, hätte es dann zu solch einer Tat kommen können?"

       

      Antwort: Frankeich ist nicht die Welt.

  • Herr Balmer behauptet, man habe es hier mit "einer Wirklichkeit, die sich jeglicher Form von Verständnis oder rationaler Analyse entzieht" zu tun. Das ist natürlich Unsinn. Psychologen und Psychoanalytiker können sehr viel Erhellendes und Rationales über die Hintergründe solcher Gewaltausbrüche sagen -- immer dürften hier z.B. massiv empfundene Kränkungen (welcher Art auch immer) die Hauptrolle spielen...

  • Die rationale Analyse ist hier nicht unmöglich, sondern sogar sehr einfach: Das ist Strategie mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten, Repressionen und Diskriminierung Moslems gegenüber zu erzeugen und damit dem radikalen Islamismus mehr Zulauf zu verschaffen. Das macht der IS seit vielen Jahren ganz gezielt überall so und es funktioniert überall, weil niemand versteht, dass die Reaktionen der Staaten auf solche Ereignisse diese Strategie erst so erfolgreich macht.

     

    Etwas zu sagen wie "Ihre ideologischen Beweggründe sind nicht von dieser, unserer Welt" ist geradezu verlogen, weil diese unsere Welt aus ideologischen imperialistischen Beweggründen dasselbe und schlimmeres auch getan hat und immer noch tut. Frankreich war nicht algerische Kolonie. Der Algerienkrieg fand nicht in Frankreich statt.

     

    Beide Seiten meinen, angegriffen zu werden und sich mit allen Mitteln verteidigen zu müssen und erzeugen dadurch erst zwei unversöhnliche Lager. Wer dieses Spiel mitspielt, der macht sich mitschuldig.

    • @Mustardman:

      Das ist die grundsätzliche Ratio von Terror. Das gleiche Prizipt der Angsterzeugung funktioniert übrigens auch in Geisterbahnen.

    • @Mustardman:

      Ob der IS wirkich seine Hand in dem massenmörderischen Spiel hat, wissen wir nicht. Auf der Hand liegt aber, dass hier eine geistig rückständige Theologie Wirkung zeigt. Eine fundamentalistische Islamlehre, die weltweit einflussreich und unbeweglich von Islamschulen der Universitäten in Kairo, Medina, im Jemen, Libanon, Iran, Irak, in Pakistan, Indonesien, Malaysia vertreten wird. Ihren Gläubigen trichtern sie wegen Nichterfüllung der Glaubenspflichten ein ständiges schlechtes Gewissen ein. Damit halten sie ein enormes Reservoir von verzweifelten Schuldbewussten am Leben. Aus dem quellen nun immer wieder neu selbsternannte Märtyrer hervor, die  vermeinen, gerade durch ihre Untaten ihre Unschuld wieder zu erlangen.

    • @Mustardman:

      Genau! Die ganzen Sicherheitskontrollen z.B. auf Flughäfen sollten wir sein lassen , auch das ganze andere Sicherheitsgetue. Die Polizei sollte sich deeskalierend in ihre Büros zurückziehen. Der IS wäre sicher so fair, solches Schutzlosmachen nicht auszunutzen und würde statt dessen friedliche Demos mit Kinderbemalen anmelden.

      • @TazTiz:

        Welche Sicherheitsmaßnahmen schlagen Sie denn vor, um wahnsinnig gewordene LKW-Fahrer zu stoppen?

  • "... Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Das Attentat von Nizza zielt auch auf diese Grundwerte." Ist es nicht genau umgekehrt? Weil Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in Frankreich nur für Urfranzosen ab der Mittelschicht aufwärts gilt, kommt es zu diesen Terroranschlägen? Statt mehr Ausnahmezustand, mehr Polizei und eine stärkere Bewaffnung sollten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle in Frankreich lebenden Menschen gelten. Dann hört auch der Terror auf. Die Anschläge sind kein Angriff auf "unsere Grundwerte", sondern ein Aufruf, sie endlich zu leben.