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Krieg in der UkraineKeine Angst vor Trump und Putin

Anastasia Zejneli
Kommentar von Anastasia Zejneli

Die Angst in Europa vor den erratischen Entscheidungen Trumps und Putins wächst. Doch das ist falsch. Europa muss jetzt geeinter denn je auftreten.

Mit dem Zweiten sieht man besser: Von der Leyen und Macron am 28.01. in Paris Foto: Aurelien Morissard/dpa

M uss Europa Angst haben? Es ist nur allzu menschlich, sich über die neuesten Aussagen des US-Präsidenten Donald Trump zu empören, zu sorgen und zu wüten. Wenn Trump dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vorwirft, ein „Diktator ohne Wahlen“ zu sein und Kyjiw für den Krieg verantwortlich macht, dann beeinflusst Trump damit nicht nur das Schicksal einer unabhängigen Ukraine, sondern verändert die Weltordnung, so wie wir sie kennen. Dann darf es einen schaudern, insbesondere für die ukrainische Bevölkerung, die nach wie vor täglich massiven russischen Angriffen ausgesetzt ist.

Trump macht klar: Wer einst ein Freund war, ist plötzlich ein Feind. Dabei scheint Wladimir Putin dem US-Präsidenten als Souffleur zu dienen. Dass der Kreml jetzt erklärte, dass man mit der US-Position zur Ukraine „vollkommen“ übereinstimme, sollte nun die letzten Zögerlichen vom Schulterschluss der beiden Präsidenten überzeugen.

Was heißt das für Europa? Der Moment der Angst darf sich nicht zu einem Gefühl der Ohnmacht entwickeln. Die beiden Treffen ausgewählter europäischer Staatschefs in Paris waren dafür ein erstes wichtiges Signal, obgleich man sich angesichts der akuten Lage konkrete Entscheidungen erhofft hatte. Europa muss besonnen handeln: Dazu gehört einerseits die Klärung, wie weitere Verteidigungsausgaben finanziert werden sollen.

Macron und Starmer allein in Washington

Andererseits sollte der aktuelle französische Alleingang beendet werden. Während die EU-Kommission zum dritten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine am Montag nach Kyjiw reist, planen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer in der kommenden Woche eine Reise nach Washington. Dass kein Vertreter der Europäischen Kommission Starmer und Macron begleitet, ist fragwürdig. Auch wenn Trump die EU-Institutionen ohnehin nicht ernst nimmt.

Trotzdem sollten Frankreich und Co. nach Bündnispartnern innerhalb der eignen Reihen suchen. Denn klar ist, dass sich die 27 EU-Mitgliedsstaaten mit einem blockierenden ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und einem nach Russland abdriftenden slowakischen Premier Robert Fico keine gemeinsamen Beschlüsse vereinbaren lassen.

Macron wäre gut beraten, seinen polnischen Kollegen Donald Tusk, der auch baltische Interessen vertritt, mit nach Washington zu nehmen. Oder auch den finnischen Präsidenten Alexander Stubb, einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine. Ein starkes Bündnis im Bündnis würde Trump in Washington beweisen: Europa hat keine Angst und die Ohnmacht überwunden.

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Anastasia Zejneli
Redakteurin
Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. War Taz-Volontärin und arbeitet aktuell im Europateam. Schreibt in der Kolumne "Economy, bitch" über Popkultur und Wirtschaft.
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18 Kommentare

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  • In den Hintergrund bei der Merz/AFD - Debatte ist, dass gerade jetzt , wo Europas Einheit ( was ist eigentlich mit Österreich?) beschworen wird, die Merz-CDU mal locker das EU-Recht brechen will und die europäische Solidarität aufkünden will , und das mit einer fadenscheinigen Begründung wie „ Notlage" in Anlehnung an Trump bzgl. der mexikanischen Grenze. Und das, obwohl Österreich mit ähnlichem Schachzug vor dem EuGH gescheitert ist. Dazu kommen die FDP generierten German Votes, die die CDU fortführen wird und die Verweigerung von Schuldenaufnahme zur Verteidigung der Ukraine. Vergessen wird, dass Scholz zu Beginn des Krieges den Versuch gestartet hat, die Europäer zur gemeinsamen



    Solidarität zusammen zu schweißen. Es war übrigens Merkel, die Macron im Regen stehen ließ, wobei perfiderweise Merz jetzt Scholz mangelnde Frankreichfreundschaft vorwirft.

  • Nichts ist erratisch, wenn man den Indizenspuren folgt.



    Marionette Trump wird im Auftrag Moskau's, Europa und die NATO verraten.

  • es kommt ungefähr so wie ich es mir vorgestellt hatte. Auch die komplette Unfähigkeit der EU und der deutschen Regierung auf etwas zu reagieren das etwas ausserhalb ihrer eigenen, recht beschränkten Vorstelllungswelt liegt überrascht mich nicht. Mal ehrlich, was kann man denn von einer EU-Kommissionspräsidentin erwarten die als Verteidigungsministerin schwangerentaugliche Panzer als Priorität angesehen hat? Nichts natürlich. Rumreisen, Geld verteilen, sich wundern und natürlich versuchen weiterzumachen wie bisher und zu glauben dass alles wieder so wie früher wird. Es ist so wie Alice Weidel gesagt hat: die sollen alle nur so weitermachen, und 2029 gewinnt dann die AfD die Wahlen. Und dann werden sich alle wirklich wundern, dann ist es aber zu spät.

    • @Gerald Müller:

      Die Bemerkung zu schwangeren Frauen ist einfach mies: Geraden in den ersten Schwangerschaftswochen , in denen die Schwangerschaft nicht unbedingt schon bekannt ist, sollten Giftstoffe in Material und Einatmungsluft ausgeschlossen sein. Oder soll in der BW die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht gelten ?

      • @Dr.med. Heinz de Moll:

        Na, zum Glück kann das die Bundeswehr auch nach Verlassen des Panzers garantieren, selbst im Puverdampf des Ernstfalls...

  • Solange die antiliberalen Autokraten Orban und Fico, aber auch die Neofaschistin Meloni Teil der Gemeinschaft sind, wird Europa nie mit einer Stimme sprechen, geschweige denn eine gemeinsame Armee aufbauen können, die so schlagkräftig ist, dass sie es mit Putin aufnehmen kann...



    Vor Jahrzehnten schon hätte die EU eine EU-Charta auflegen müssen, um sich auf bestimmte demokratische, rechtsstattliche und liberale Werte zu einigen und bei nicht Einhaltung einen Ausschluss aus der Gemeinshaft zu ermöglichen. Zudem muss man endlich Weg von der Einstimmigkeit hin zum Mehrheitsentscheid.

    • @Nathaniel:

      Besser wäre es gewesen, zu prüfen, wen man aufnimmt. Macht man immer noch nur pro forma.

    • @Nathaniel:

      Ich bin ganz Ihrer Meinung und wollte schon Ähnliches schreiben. Danke, dass Sie mir die Arbeit abgenommen haben.

  • Könnt ihr endlich mal damit aufhören Europa zu sagen, wenn ihr die EU meint?

  • "Während die EU-Kommission zum dritten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine am Montag nach Kyjiw reist, planen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer in der kommenden Woche eine Reise nach Washington. Dass kein Vertreter der Europäischen Kommission Starmer und Macron begleitet, ist fragwürdig."

    Die EU Kommission macht das, was sie am Besten kann. Symbolpolitik.

    Die Reise von Pat und Patachon nach Washington wird aber auch nicht viel bringen, weil Beide über Truppen in der Ukraine reden wollen, die es sehr wahrscheinlich nicht geben wird (die russische Position ist da sehr klar) und für diese Truppe amerikanische Unterstützung fordern wollen, die es auch nicht geben wird (die amerikanische Position ist auch klar).

  • Danke. Ich habe seit Beginn der Angriffskrieges auf eine Einigkeit innerhalb der NATO/EU gehofft mit dementsprechenden Umsetzungen. Leider ist Polen das einzige Land, dass seit Jahren der Bedrohung aus Moskau mit wachen Augen begegnet.

    Ich hoffe noch immer, die aktuelle der USA sind irgendeine krude Deal-Taktik von Trump. Ganz von der Hand zu weisen ist es nicht.

    In einem seiner Bücher hat er wohl sinngemäß geschrieben, dass man seinem Gegner das Gefühl geben sollte ganz auf seiner Seite zu sein, um ihn aufzuweichen und dann einen besseren Deal abschließen zu können.

  • "Dass kein Vertreter der Europäischen Kommission Starmer und Macron begleitet, ist fragwürdig. Auch wenn Trump die EU-Institutionen ohnehin nicht ernst nimmt."



    Es heißt, dass Trump in multilateralen, komplexen und teils widersprüchlichen, weil unterschiedlichen Interessen folgenden Verhandlungen Schwierigkeiten habe, was aber nach den bekannten Charakterbewertungen keineswegs erstaunlich ist, im Gegenteil.



    Dass die USA die Verteidigung in Deutschland historisch subventioniert haben, lag im ureigensten Interesse, im Falle der Eskalation wäre Deutschland zur nuklearen Wüste geworden.



    Die Regierung in Washington ist auf dem besten Wege, den Antiamerikanismus anzufeuern und wiederzubeleben.



    "Deutscher Antiamerikanismus



    Bei spiegel.de 2024



    »Ami go home!«



    Als Besatzer wurden Amerikaner bewundert und verachtet zugleich. Hunderttausende Deutsche gingen gegen den Vietnamkrieg auf die Straße, später gegen US-Atomwaffen. Wo endet legitime Kritik, wo beginnt das Ressentiment?"



    Die Eintrittskarte für Washington scheint militärische Macht zu sein, mit Atomwaffen im Arsenal. Das passt zu den derzeitigen Drohkulissen.

  • Das Versäumnis all die Jahre nicht den Schritt zu einer politischen Einigung gegangen zu sein, rächt sich nun. Vereint bräuchte die EU sich definitiv nicht vor den USA oder Russland zu fürchten.

  • Papa hat getobt und nun herrscht die Angst am Katzentisch.

  • >Nicht vor den Tyrannen einknicken



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    Welche sind denn gemeint? Die beiden auf dem Foto? Nee, das sieht man zwar zuerst gleichrangig mit der Überschrift, aber so sehr wird die EU dann wohl doch nicht schlechtgemacht in einem taz-Text.

    Ist der Mann gemeint, der vom Chef unserer westlichen Führungsmacht Diktator genannt wurde, oder der, der das gesagt hat?

    Oder sind doch die zwei aus der Unterzeile gemeint? Die werden am 8. Mai gemeinsam, was ihre Nationen 80 Jahre zuvor geleistet haben, in einer Einigkeit, die 79 Jahre nicht da war.

    Und gerade da sollte auch für uns das von der Antifa für diesen Tag geschaffene Motto gelten: Wer nicht feiert, hat verloren.

  • "Europa muss jetzt geeinter denn je auftreten." - Stimmt schon, wird aber nicht passieren: Zu viele Köche verderben den Brei

    • @Samvim:

      Zu viele Köche verhaften immer noch der Nationalstaaten-Denke, die allerdings schon seit vielen Jahrzehnten ausgedient haben sollte, allerspätestens aber seit Einführung des Euro.

  • " Ein starkes Bündnis im Bündnis würde Trump in Washington beweisen: Europa hat keine Angst und die Ohnmacht überwunden."



    1. Ein starkes Bündnis im Bündnis bedeutet erst mal, dass es keine Einigung, geschweige Einigkeit, des Bündnisses gibt.



    2. Europa hat keine Angst ... . Streichen wir einfach mal "Die Angst" aus unserem Vokabular. Vor allem wenn es um Politik geht.



    Es ist, für mich wenigstens, kaum noch aus zu halten.