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Kommentar deutsche BildungspolitikSystem der Verlierer

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Jeder fünfte deutsche Schüler kann am Ende der vierten Klasse nicht richtig lesen. Die neue Iglustudie zeigt: Der Bildungsföderalismus hat versagt.

Das muss besser werden: Grundschüler beim Lesen in einer Bibliothek Foto: dpa

D eutschland ist ein föderaler Staat. Das ist so im Grundgesetz festgeschrieben. Doch das föderale Prinzip ist kein Wert an sich. Besonders im Bildungsbereich versagt es völlig. Das zeigt einmal mehr die aktuelle IGLU-Lesestudie. Demnach ist die Chancenungleichheit im föderalen Deutschland riesig und die Gruppe der Viertklässler, die am Ende der Grundschule keinen Text lesen können, gewachsen.

Was das heißt? Ganz klar: Der Föderalismus mit seinen 16 nebeneinander vor sich hin wurstelnden Bildungssystemen produziert Bildungsverlierer. Es gibt keine gesamtstaatliche Strategie dagegen, keine Instanz, die über Bremen oder Bayern hinaus blickt.

Und was folgt daraus? Nichts, wenn alles so bleibt, wie es ist. Die klammen Bundesländer, denen außer Polizei und Schulen keine Refugien mehr geblieben sind, wollen sich beim Thema Bildung vom Bund nichts vorschreiben lassen. Und der Bund, der im Geld schwimmt, will nur investieren, wenn er mitbestimmen darf. Ein Patt.

Wenn sich die Viertklässler ohne Lesekenntnisse zu Schulabbrechern ohne Aussichten auf Lehrstellen entwickelt haben, erst dann wird der Bund aktiv, um mit Milliarden zu reparieren, was in der Grundschule versäumt wurde.

Die Länder und Kommunen, die kein Geld haben, um zusätzliche LehrerInnen einzustellen, müssen den späteren Hartz-IV-Empfängern und prekär Beschäftigten die Kosten für die Unterkunft überweisen.

Das ist widersinnig, anders gesagt: Das föderale Prinzip der getrennten Zuständigkeit wendet sich in der Bildung gegen die Menschen. Das kann nicht im Sinne des Grundgesetzes sein. Man braucht den Föderalismus nicht abzuschaffen. Aber man muss ihn reformieren. Die Situation ist günstig: Eine neue Regierung steht in den Startlöchern, ein noch zaudernder Partner fordert seit Jahren die Abschaffung des sogenannten Kooperationsverbots im Bildungsbereich. Die SPD kann, sie muss hier ihren Preis hochtreiben.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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28 Kommentare

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  • Kein Wunder können die Schüler nicht besser lesen, denn ihnen fehlen die wirklich motivierten Lehrerinnen. Bei dem Gehalt eines Lehrers würde ich nur 2 Fragen pro Tag und Klasse beantworten. Weitere Fragen wären dann kostenpflichtig.

  • Die Lösung liegt auf der Hand:

     

    Die Schlagzahl elementarer Bildungsreformen muss sofort erhöht werden. Jedes Vierteljahr eine würde Schüler- und Lehrerschaft sowie Elternschaft gleichermaßen in Begeisterung versetzen....

  • @Volker Birk

    Nebst einer strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen und Länder. Wenn Anna Lehmann hier Kritik an der "Schwarzen Null" und der Mittelverteilung zwischen Kommunen, Ländern und Bund geübt hat, hat sie das äußerst subtil getan.

  • Eigentlich soll man in der Grundschule das Lernen erst lernen. Dazu bräuchte man aber wirklich etwas mehr Auseinandersetzung mit demjenigen, der da das Lernen lernen soll.

    Da im heutigen Kapitalismus die Verfügbarkeit für das Kapital die höchste Rolle spielt, d.h., die Anforderungen an die Eltern ganz andere sind wie zu der Zeit, als ich selbst zur Schule ging, ist wohl der häusliche Teil, die Eltern, die ggf. da bei ihrem Kind herausfinden können, wie es am besten lernt, ersatzlos weggefallen.

     

    Ein Fehler des Förderalismus ist das nicht, sondern maximal ein Fehler der konkurrierenden Gesetzgebung. Anstatt von oben (Bund) nach untern (Land/Kommune) zu arbeiten, sollten die Gemeinden selber entscheiden, welche Kompetenzen sie abgeben wollen und dabei auch, wie viel sie dafür blechen wollen.

     

    In Schulbereichen könnte ich mir durchaus vorstellen, dass jeder Mensch selber festlegen kann, welche Bildung er haben möchte und wie vereinheitlicht diese auf Landes-, Bundes-, europäischem oder Weltniveau sein soll. Und ggf. muss für Ende der Grundschulzeit, oder von mir aus auch für jedes Schuljahr vorgeschrieben sein, welche Kompetenz jemand haben muss, wenn er in ein anderes Land oder einen anderen Staat wechseln will.

     

    Wer für Schreiben und Lesen eben mehr Hilfestellungen braucht, kann dann diese erhalten, wenn die Verantwortlichen auf der unteren Ebene auch über die Mittel, die sie einnehmen, bestimmen können.

  • Warum kann meine kleine Schwester in der dritten Klasse immer noch nicht lesen und schreiben, währenddessen ich trotz leichter Rechtschreibschwächen es auch innerhalb zwei Jahre perfekt konnte?

    ES liegt an der METHODIK des Lernens.

     

    Wer die deutsche Sprache nach Hörem lernt und schreiben soll, der lernt automatisch keine vernünftige Rechtschreibung und keine Grammatik mehr. Es gibt Sprachen, da mag das funktionnieren, wie im Türkischen z.B. da schreibst du alles genauso wie du es aussprichst, aber versuche doch mal bitte ein stummes h als 6 jährige zu hören.

     

    Es liegt nicht am Bildungsföderalismus, nicht am Hartz4, nicht an der Migration, nicht an Kürzungen im Schulsystem, nicht am Scheitern von Lehrern. Die versuchen nämlich meistens noch das beste rauszuholen, aber stehen wie alle anderen auch unter dem Druck ihrer Vorgesetzten, der Schulleitung, die nicht im Interesse hat, Kinder zu vernünftige und gebildete Erwachsene zu erziehen, sondern nur an ihren eigenen Ruf intressiert ist.

     

    Es sind die sogenannten Pädagogen, die in diesem Land versagt haben und die die Zukunft, vor allem derer ruinieren, die nicht durch ihre Eltern oder ihr persönliches Umfeld gefördert werden. Leute, die meinen Gruppenarbeit und all diese wundervollen Methoden könnten funktionnieren, wo doch jeder aus der eigenen Schulzeit noch weiß, dass das Wort Gruppenarbeit mit Pause gleichgesetzt wurde. Leute, die meinen Kinder könnten ohne einen Hauch von Disziplin und Konsequenz unterichtet werden. Leute, die meinen das wundervolle Prinzip der Inklusion ohne irgendeine Unterstützung der Lehrer könnte funtkionnieren. Leute, die meinen Kinder gehen in die Schule, damit sie sich selbst etwas beibringen können. Leute, die meinen, dass Hausaufagebn nicht notwendig sind und diese abschaffen.

     

    Das sind die Leute, die Eltern, die Verantwortlichen in den Bildungsministerien, die mit ihren pädagogischen Experimenten dieses System der Verlierer erschaffen haben und nicht der Bildungsföderalismuns.

    • @Amore:

      Autoritarismus, Bestrafung & Belohnung sind heutzutage zum Glück nicht mehr Sache eines jeden Menschen.

    • @Amore:

      Das ist so nicht richtig. Dafür besteht das Problem des funktionalen Analphabetismus in relevanten Teilen der deutschen Bevölkerung schon viel zu lange:

       

      "Überraschend ist die Erkenntnis, dass das Niveau der Literalität mit dem Alter abnimmt. Die jüngeren Jahrgänge (18 bis 29 Jahre) verfügen tendenziell über leicht größere schriftliche Kompetenzen als die älteren. Ein Befund, der sich mit der PIAAC-Studie deckt, aber im Widerspruch zur derzeit oft vorgebrachten Klage über abnehmende Lese- und Rechtschreibkompetenzen jüngerer Menschen steht."

       

      Quelle: //http://www.bpb.de/apuz/179347/funktionaler-analphabetismus?p=all

       

      Neuere Methodiken des Lese-Rechtschreiberwerbs, die Sie ansprechen, sind zunächst eine Reaktion auf das vorhandene Problem - und nicht seine Ursache.

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Amore:

      Hundert Prozent Zustimmung! Ich erlebe das Desaster "Grundschrift", "Schreib wie du willst" etc. gerade bei meiner Tochter. Es fehlt nicht in erster Linie an Geld. Es krankt daran, dass regelmäßig die neusten, "jetzt aber ganz bestimmt tollen" didaktische Konzepte durchs Dorf getrieben werden, die praktisch durch keinerlei wissenschaftlich ernst zu nehmende Evaluierung begleitet werden. Altbewährtes ist dagegen pfui, weil eben alt und uncool, im schlimmsten Fall reaktionär und autorität.

  • Nicht der Föderalismus hat versagt sondern die Bildungspolitiker.

     

    Die sind einfach zu dumm genau dass zu machen was Bayern macht.

  • Das ist wohl eine blanke Fehlanalyse. Nicht der “Bildungsförderalismus” hat versagt, sondern die neoliberale Ausbildungsidee zerstört die Bildung.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Früher hat es offenbar funktioniert, dieses föderale Bildungssystem. In meiner Grundschulklasse in NRW saßen weiland 53 Kinder. Bis auf einen, der während der ersten Klasse auf eine Sonderschule kam, konnten alle nach der 4. Klasse ziemlich gut schreiben und fließend lesen. Unsere Kinder mussten das hingegen noch im Studium lernen, z.T. von ihren Eltern, obwohl sie auf eine private Grundschule gingen, die einen exzellenten Ruf genießt.

     

    Kann also nicht wirklich am Föderalismus liegen und auch nicht an geringeren Chancen der sozial weniger Priviligierten.

     

    Der Schramm hat schon Recht: " wir brauchen Idioten, sonst isst keiner Gammelfleisch" (ein Dank an #Protest, "den" kannte ich gar nicht).

     

    Schule, mal abgesehen von Bayern oder auch Sachsen, scheint anspruchslos geworden zu sein. Man ist ja als Grundschullehrer oft schon froh, wenn man schadlos durch den Schulalltag kommt und als Gymnasiallehrer muss man selbst die schlechtesten Schüler zum Abitur tragen, damit die Schule nicht als zu schwer gilt und die Anmeldungen zurückgehen. Und in den Unis ist die 3 meiner Kenntnis nach die schlechteste Note.

     

    Ich habe kein Rezept gegen diesen Missstand im BilDUNGssystem, denn dieses wird ja von Leuten gemacht, die selbst Opfer dieses Systems sind und deshalb keine Ideen entwickeln (können), die selbiges reformiert.

     

    Mit Druck, den man zu meiner Grundschulzeit als Lehrer kaum brauchte, reproduziert man jedenfalls die gesellschaftliche Ungleichheit.

     

    Aber was ist die Alternative? Wie soll denn eine Gesellschaft, die im Privaten und immer mehr auch im öffentlichen Schreiben einen feuchten Kehricht auf Rechtschreibung, guten Ausdruck oder gar Stil gibt, einen Wandel dahingegend vollführen, dass ihre Sprösslinge das können, was ihr selbst am Allerunwertesten vorbei geht?

     

    Das wäre in meinen Augen die Quadratur des Kreises.

  • Im Endeffekt geht es hier nicht um den Föderalismus im Bildungswesen!

     

    Wer selbst Kinder in der Schule hat, weis, das es kaum noch Lehrer gibt die sich mit ihrem Job identifizieren.

    Leider muss ich das Tagtäglich mit ansehen.

     

    Es werden sehr viele Bücher angeschafft, aber nicht genutzt, weil es sich die Lehrer einfach machen, in dem sie sich fertige Aufgaben aus dem Netz laden und diese den Kindern vorlegen. Besonders in den Naturkundefächern, aber auch in den Mathestunden werden immer weniger dieser gekauften Bücher verwendet.

    Wie sollen sich die Kinder verhalten, wenn sie nachfragen haben, die Lehrer selbst aber keine Auskunft geben können, weil sie die Aufgabenstellung gar nicht selbst erarbeitet haben? Den Kindern wird dadurch die Möglichkeit genommen, sollten sie Schwierigkeiten haben, etwas in ihren Büchern nachzuschlagen, denn die Lösungsansätze sind oft nicht identisch mit denen aus dem Netz gezogenen der Lehrer.

     

    Schaut man sich den Stundenplan der Schulen an und vergleicht den mit den Unterrichtsfächern die gelehrt werden sollten gibt es Diskrepanzen von bis zu 50%, manche Fächer werden erst gar nicht unterrichtet oder zusammen gelegt.

     

    Sollte ein Kind etwas mehr Aufmerksamkeit benötigen als andere, fällt es hinten runter, von den Lehrern kommt dann es müsse mehr zu Hause getan werden. Aber selbst wenn man mit den Lehrern, auch wenn es nur kleine Hilfen sind wie z.B. Mitteilungen über gemachte Hausaufgaben, wird dies nicht gemacht, oder schläft nach kürzester Zeit ein.

     

    Bei drei Schulwechseln wurde sehr deutlich, Lehrer haben kein Interesse mehr daran etwas mehr für die Kinder zu tun, als unbedingt notwendig, lieber werden die Kinder ignoriert und einfach mit geschliffen, selbst wenn ihre Leistungen schlecht sind.

    Die Schulen lassen heutzutage keine Kinder mehr das Schuljahr wiederholen, eher werden kurz vor Zeugnisvergabe die Zensuren künstlich angehoben, um die Schulstatistik nicht zu versauen!!!

  • Systematische Volksverblödung oder was?

    Georg Schramm hat sich schon vor Jahren darüber aufgeregt: (ab ca 4:40 passt es Annas Thema) https://www.youtube.com/watch?v=yokOG-nn73k (interessant auch seine Schleife zur Jugendkriminalität).

     

    HartzIV: Ich bin da ganz mit Anna. Dahin führt der Weg. Wenn Agentur-Trainees bereits vom ersten Tag an ihrer Ausbildung zu Führungskräften fast 4.000 Brutto geboten werden, muss ich nicht lange rechnen, wie diese Marktmacht entsteht: https://www.arbeitsagentur.de/ba-karriere/trainee-programm

    Mal nachgefragt: welcher Ausbildungsbetrieb (auch Behörde) bietet zwei Jahre diese fette Kohle? Wer zahlt das? Was steht finanziell und politisch dahinter?

     

    Zum Schluss zurück zu Schramm: wo kommt der an? Ich fürchte, lediglich bei der sog. Bildungs- und TV-Elite, die solche Sendungen auf den Öffentlich-Rechtlichen schauen.

     

    Zu ANAMOLIE: Schulen können eben nicht machen, was sie wollen. Dafür fehlt es an Mitteln und Personal.

    Zumal, und das vergessen wir immer wieder, Schule trotzdem eine Verantwortung für die Gesellschaft hat, bei einer zweistelligen Millionenzahl von Schülern. Das ist eine der vier Säulen die Jutta Allmendinger in ihrem Buch "Schulaufgaben" klar und verständlich anführt.

     

    Zu URANUS (erwerbslose Akademiker): wer ist leichter zu manipulieren: Menschen mit hohem oder solche mit niedrigem Bildungsniveau?

    Zudem bleiben Akademiker weniger lange arbeitslos: Die FAZ: //http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/beruf/arbeitslosigkeit-bei-akademikern-erreicht-rekord-tief-15239500.html und die ZEIT:

    //http://www.zeit.de/studium/studienfuehrer-2015/arbeitsmarkt-akademiker-arbeitslosigkeit

     

    Zu THE SWISS: Vereinheitlichen um

    1. Chancengleichheit zu gewährleisten,

    2. Selektion zu verhindern durch

    3. u.a. Abschaffung von Konkurrenzen und

    4. einen leichten Start von Umzugs-Kindern in der neuen Schule zu ermöglichen.

     

    Schöne und angenehme Restwoche wünsche ich.

    • @#protest:

      Kritisches Denken hängt nicht unbedingt mit dem Bildungsniveau zusammen. Bildungsinhalte und das Ziel von Bildung ist wichtig, nicht nur der Abschluss. Konformität kann andererseits auch bspw. durch einen autoritären Erziehungsstil erreicht werden.

      Dann ist mein Informationsstand bezüglich erwerbsloser Akademiker_innen wohl veraltet. Fragt sich was für eine Art von Anstellung sie kriegen? Wie dem auch sei - mein eigentlicher Punkt war/ist, dass Erwerbslosigkeit nicht unbedingt mit dem Abschluss zusammenhängt sondern mit dem Bedarf an Arbeitskräften.

    • 8G
      82732 (Profil gelöscht)
      @#protest:

      Zu den 4 Anmerkungen:

      4) Umzug: Fair point. Da wäre eine gewisse Einheitlichkeit gut.

      2) Sehe nicht, wo/was selektiert wird

      3) Etwas Wettbewerb zwischen den Ländern um funktionierende Schulsysteme halte ich für ganz gut.

      Verstehe aber auch, dass es unpässlich ist, sich und neue Experimente immer am Bayern-Abitur messen lassen zu müssen...

      1) Chancengleicheit: Da müsste man global ein einheitliches Schulsystem einführen, und z.B. Finnland, Singapur, Taiwan etc. auf Bremen-Niveau absenken...

      • @82732 (Profil gelöscht):

        "2) Sehe nicht, wo/was selektiert wird"

        Ernsthaft? Durch die Mehrgliedrige Schulstruktur an sich wird zum Beispiel selektiert. Insbesondere die Schulform "Förder/Sonderschule" ist da sehr offensichtlich. Menschen werden als behindert gelabelt und in einer extra-Schule beschult. Desweiteren spiegelt das Label "Lernbehinderung" Klassismus und Rassismus wider. Oftmals werden Kinder aus marginalisierten Familien so gelabelt. Die weiße kapitalistische Gesellschaft sortiert aus. Siehe auch: https://www.taz.de/Sonderpaedagogik-und-Nationalsozialismus/!5292139/

    • @#protest:

      "Zu ANAMOLIE: Schulen können eben nicht machen, was sie wollen. "

       

      Klassisch falsch verstanden! Das Schwergewicht des Bildungsanreizes sind nicht die Lehrer, die Schule, sondern die Eltern. Soll heißen, Kindern aus bildungsfernen Familien stehen Lehrer ja schon relativ mittellos gegenüber.

      Das beginnt schon mit der Abendbettgeschichte und wie so oft endet der Tag des Kindes mit Smartphone/Console/ Computer. Kinder haben viele Fragen an die Eltern, und viel zu viele bleiben ernstzunehmend unbeantwortet. I-wann verlernt das Kind zu fragen.

      Ich halte das Bildungsdefizit für eine gesellschaftliche Problematik, die weit über unser Schulsystem hinausreicht. Gestresste, beruflich benachteiligte Eltern mit nicht selten existenziellen Problemen und ja auch selbst noch nicht erwachsen, obwohl alt genug. Kinder müssen von Haus aus auf die Schule vorbereitet werden und nicht die Schule aus einem Rohdiamanten einen Brillianten schleifen; Das funktioniert nicht.

      Den Fehler im Bildungssystem zu suchen, ist schon ein arg verengter Blickwinkel. Lehrer sind keine Wunderheiler und einer für 20 Kinder kein Elternersatz.

  • Im Elternhaus wo nicht gelesen wird, werden die Kinder schlecht lesen. Da können die Schulen machen was sie wollen.

    • @lions:

      Also soll die Schule da gar nichts machen? Doch, sie kann das Interesse der Kinder für Bücher und Texte wecken.

      • @Jan Berger:

        Sicher kann sie das, doch es ist eine Mammutaufgabe, wenn dem Kind bisher das lesende, das wissensdurstige Umfeld fehlte. Was ein Buch, was Neugier auf Wissen ausmacht, bekommen Kinder vor der Schule im Gro mit. In großen Teilen ist der Zug bereits abgefahren, bevor die Schule überhaupt Einfluss bekommt.

        Was mich an der Diskussion stört ist, dass gar nicht in Erwägung gezogen wird, mit welchen Voraussetzungen Kinder in die Schule kommen: Und dass es eben diese sind, die die Defizite größer werden lassen. Stattdessen unkt man, die hyperautoritäre Beschulung grauer selbsterlebter Vorzeiten hätte doch gut getan.

  • "Ihr Buch "Zur Elite bitte hier entlang!" erscheint im April 2016."

     

    Na da ham wa ja nochwat Zeit, wa? Nüsch det wir den Kram sofort lesn müssen. Det dauert ja immer, bee uns. Dumm wi wa sind.

  • "Die Länder und Kommunen, die kein Geld haben, um zusätzliche LehrerInnen einzustellen, müssen den späteren Hartz-IV-Empfängern und prekär Beschäftigten die Kosten für die Unterkunft überweisen."

    Gleichzeitig sollte auch erwähnt werden, dass mehr Bildung Erwerbslosigkeit nicht unbedingt verhindern kann. Es gibt auch erwerbslose Akademiker_innen. Das würde das Thema erweitern...

     

    Ich sehe Lesen und Schreiben als sehr wichtig an. Allerdings wird Bildung in diesem Kommentar zu sehr in Richtung Verwertung von Humankapital in den Blick genommen: Die Menschen, die Bildung sollen auf den Arbeitsmarkt zugerichtet werden. Ein fataler Ansatz: die Gesellschaft reproduziert sich.

    • @Uranus:

      Lesen und Schreiben ist nun einmal eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt etwas zu lernen, sei es für eine spätere Berufsausübung oder das alltägliche Leben.

       

      Ich glaube die wenigsten Menschen in unserer Gesellschaft wollen als Erwachsene nichts tun. Und genau dazu wird man ohne lesen und schreiben verdammt, zum Nichtstun. Informationen in Schriftform? Vergiss es. Neue Sprachen lernen? Sieht schlecht aus, solang man nicht in der Lage ist rein aus Zuhören zu lernen. Straßenschilder in einem fremden Ort lesen? Hö hö....kannste knicken. Jemand schickt dir eine Nachricht, dass er/sie später kommt. Wie willst du die lesen?

       

      Es geht hier nicht um Verwertung als Humankapital, sondern um den Aspekt Bildung ohne den die eigene Welt sehr klein bleibt.

      • @Jan Berger:

        "Lesen und Schreiben ist nun einmal eine wichtige Voraussetzung, [...]"

        Das schrieb ich doch auch:

        "Ich sehe Lesen und Schreiben als sehr wichtig an."

        Scheint so, als ob Sie mich falsch verstanden haben. Ich finde Bildungsinhalte bzw. Bildungsauftrag durchaus spannend. Mit dem Verweis auf Humankapital wollte ich darauf hinaus, was denn Absicht von Bildung ist. Mir klang das im Artikel eben zu sehr nach kapitalistischer Zurichtung. Ich finde da bspw. kritisches Denken, Soziales Lernen wichtig. Mit dem Lesen der Bild bleibt die eigene Welt auch recht klein. ;)

  • Die Grundschulen sind ganz klar gefordert, aber das soziale Umfeld muss einen noch größeren Beitrag zu tun.

    Bei einem Kind was normal intelligent ist und im 4 Schuljahr nicht schreiben kann, sind für mich die Eltern hauptverantwortlich.

    Man seinem Kind das schreiben selbst beibringen falls man selbst Analphabet ist kann man das Kind immer noch dazu bewegen sich anzustrengen in der Schule.

     

    Genau da sehe ich den Haken - es gibt Familien da besteht viel zu wenig Bildungsinteresse oder noch schlimmer es herrscht Verwahrlosung.

     

    Kinder die ohne Frühstück in die Grundschule kommen sind immer häufiger. Das Problem liegt m.M nicht im Kultusministerium sondern im Sozialministerium.

  • Es ist wirklich eine Schande für das deutsche Bildungssystem, dass dieses einen so hohen Anteil Analphabeten hinterlässt. Tja, allein die Pflicht, von Montag bis Freitag jeden Tag in einem Schulgebäude anwesend sein zu müssen, von morgens bis oft spät nachmittags, sorgt noch nicht für gute Bildung. Erst wenn "Schule" zu einer Einrichtung wird, die vom Großteil der Kinder wirklich gerne in Anspruch genommen wird, und zwar so gerne, dass die Schulgebäudeaufenthaltspflicht (aka "Schulpflicht") überflüssig wird, erst dann ist gutes natürliches Lernen ohne Druck und Zwang möglich.

    Deutschland sollte sich mal in den Nachbarländern umschauen und die Schulpflicht schleunigst durch eine Bildungspflicht ersetzen, so wie es z.B. in Frankreich und Großbritannien der Fall ist. Aber mir scheint, dass dieses System für dessen Selbsterhalt nicht an intrinsisch motivierten Menschen mit eigenem Willen interessiert ist, sondern nach wie vor hörige Arbeits- und Konsumsklaven produzieren möchte.

    Und wer als Eltern dieses böse Spiel nicht mitspielen möchte, und seinem Kind stattdessen Bildung außerhalb der staatlichen oder staatlich anerkannten Institutionen zukommen lassen will, wird kriminalisiert, sofern er nicht entsprechende Schlupflöcher findet oder ins Ausland abwandert.

    Arme deutsche Kinder!

  • 8G
    82732 (Profil gelöscht)

    Ich sehe noch nicht, wie alleine eine bundesweite Vereinheitlichung die Qualität verbessern würde.

     

    Ich beobachte eher:

    Neueste Experimente in Land X müssen sich daran messen lassen, ob sie Bildungsergebnisse erzielen, die mit Bayern mithalten.

     

    Diesen "Reality Check" kann man nun gut oder schlecht finden...

  • Ich will nicht per se gegen die Abschaffung des Kooperationsverbotes argumentieren, aber es wurde eingeführt um gesamtgesellschaftliche Indoktrination in den Schulen zu vehindern - aufgrund von schlechten Erfahrungen im Nationalsozialismus. Ob es dafür geeignet ist, steht noch einmal auf einem anderen Blatt, aber ich mache mir bei der derzeitigen politischen Entwicklung schon sorgen, ob das nicht genau der falsche Schritt wäre.