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Kommentar Zypern-HilfspaketeUnd wer zahlt's? Der Kleinsparer!

Kommentar von Nicola Liebert

Zyperns Sparer zahlen eine Zwangabgabe für die Krise – alle. Das trifft besonders die Kleinanleger hart. Superreiche können sich voraussichtlich davor drücken.

Muss er blechen? Ein Korbflechter in Zyperns Hauptstadt Nikosia. Bild: dpa

E s klingt wie ein positives Signal: Nicht mehr nur die Steuerzahler sollen für die Rettung der europäischen Banken aufkommen. Jetzt sollen auch die Bankkunden ran, die schließlich davon profitieren – man denke nur an die Konten russischer Oligarchen in der Steueroase Zypern!

In Wirklichkeit ist der Beschluss vom Wochenende Populismus pur, allein schon deswegen, weil Zypern gar kein Geld vom deutschen Steuerzahler bekommt, sondern einen rückzahlbaren Kredit vom Krisenfonds ESM. Und auch wenn größere Guthaben etwas höher belastet und kleinste Ersparnisse womöglich durch Freibeträge geschützt werden – mit Gerechtigkeit hat das Ganze nicht das Geringste zu tun.

Die Zwangsabgabe wird von Bankeinlagen erhoben – das sind zum Beispiel Sparbücher oder Festgelder. Nicht betroffen sind anscheinend Aktien, Investmentfonds oder riskantere „Finanzprodukte“. Wenn das so ist, wäre es ein Skandal. Denn welcher Superreiche, ob Russe, Grieche oder Zyprer, legt sein Geld schon auf einem Sparbuch mit Minizinsen an?

Diejenigen, die vom entfesselten Finanzkapitalismus am meisten profitiert haben, werden offenbar in Ruhe gelassen. Genauso wie die, die in Erwartung fetter Gewinne in Aktien oder Anleihen der betroffenen Banken investiert hatten. Zu schwer scheint es, dieser Klientel habhaft zu werden. Da hält man sich dann lieber an die, die man zu fassen kriegt, die Kleinsparer eben. Und wundert sich anschließend, warum die Menschen in den Krisenländern auf die Barrikaden gehen.

Nicola Liebert

ist Autorin der taz.

Es trifft die Falschen

Was ist denn bitte so verkehrt daran, alternativ dazu die Steuerzahler zur Kasse zu bitten? Steuern sind im Prinzip progressiv: Der Reiche, der Gutverdiener zahlt mehr und der Arme weniger oder gar nichts. Überdies kann man die Reichen durch Vermögensteuern oder eine einmalige Vermögensabgabe an den Kosten der Krise beteiligen, die sie selbst durch Spekulation zumindest zum Teil mitverursacht haben. Das Einfrieren von Spareinlagen dagegen trifft in erster Linie die kleinen Sparer, die gerade nicht zum Entstehen der Blase auf den Finanzmärkten beigetragen haben.

In jeder Krise, heißt es, liegt auch eine Chance. In diesem Fall die Chance, das Finanzsystem gerechter und damit krisenfester zu gestalten. Einmal mehr haben die Europolitiker diese Chance vertan.

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