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Kommentar Wahl in VenezuelaVollkommen abgewirtschaftet

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

So wenige Menschen gingen seit Langem nicht zur Wahl. Das Land ist am Boden, mehr als den Machterhalt konnte Maduro nicht gewinnen.

Er hat das Land ruiniert, um ihn herum wird es düster Foto: reuters

J eder andere Wahlausgang als ein eindeutiger Sieg für ­Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro wäre eine Riesenüberraschung ­gewesen. Ein durchweg manipulierter Wahlprozess, eine gespaltene Opposition, deren wichtigste Führer und Parteien nicht antreten durften und zum Wahlboykott aufriefen, dazu mehr oder weniger direkter Stimmenkauf durch das implizite Versprechen von Le­bensmittelzuteilungen an Maduro-Wäh­le­­r_innen – da konnte nichts anderes herauskommen.

Und so sind das wichtigste Ergebnis des Wahlsonntags in Venezuela auch nicht die 67 Prozent der Stimmen, die Maduro auf sich hat vereinigen können. Es sind die 46 Prozent Wahlbeteiligung. So wenige Venezolaner_innen wie noch nie seit Beginn der von Hugo Chávez einst ausgerufenen „bolivarianischen Revolution“ gingen zur Wahl.

Selbst überzeugten Chavistas müsste es die Schamesröte ins Gesicht treiben, wenn Maduro stolz verkündet, noch nie sei ein Präsident mit derart klarem Vorsprung gewählt worden wie er. Und es fehlen einem fast die Worte, wenn er unter Konfettiregen in Caracas ausruft, jetzt, da zwei Jahre lang keine Wahlen anstünden, würde er sich um die ­Wiederbelebung der Wirtschaft kümmern. Ist das abgehoben, zynisch, einfach unüberlegt? In jedem Fall ist es ein Schlag ins Gesicht der Millionen Venezola­ner_innen, die nunmehr seit Jahren unter der schwersten Wirtschafts- und Versorgungskrise in Venezuelas neuerer Geschichte zu leiden haben. Sie ­hätten eigentlich erwarten dürfen, dass ihr Präsident sich auch bisher schon mal darum gekümmert hätte.

Das chavistische Projekt, das vor zwei Jahrzehnten als Alternative zum brutalen Neoliberalismus der 1990er Jahre so viele Hoffnungen geweckt hatte, ist vollkommen abgewirtschaftet, politisch, ideologisch und erst recht ökonomisch. Maduro hat sich den Machterhalt vorerst gesichert – aber der ist auch das Einzige, was noch übrig ist. Dieses Jahr wird für Venezuela eine Inflation von 13.000 Prozent vorhergesagt, die weltweit höchste. Aus der gehobenen Mittelschicht verlässt schon jetzt das Land, wer irgendwie kann. Die Armen bleiben. Und verarmen weiter.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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24 Kommentare

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  • Pinera wurde in Chile mit 40 % Wahlbeteiligung gewählt - illegitime oder zumindest beschämende Wahl?

  • Maduro wurde bei dieser zweifelhaften Wahl direkt nach dem angeblichen Sieg von Boliviens Präsident Evo Morales, von Kubas Castro und auch von Guatemala beglückwünscht. Aber die Mehrheit anderer Länder kennen die Wahl nicht an. Zurecht finde ich. Ich glaube auch dass Maduro nicht die nächsten 5 Jahre politisch überstehen wird. Maduro hat die oppositionellen Politiker wie z.B. Leopoldo López eingesperrt. Venezuela war vor Chavez ein demokratisches, aufblühendes Land, obwohl damals auch schon mit viel Korruption. Die meisten Venezolaner sind gestern nicht zur Wahlurne gegangen, aus Protest gegen die Wahlmethode, denn die ist mit diktatorischen und sozialistischen Mitteln abgelaufen. Wegen der unerträglichen Staatsmisere wird das Land isoliert werden, immer mehr. In vieln Städten sind viel Supermärkte fast leer, es gibt nur unzureichend oder manchmal gar keine Medikamente. Die Versorung mit Stom wird immer schwieriger, die Inflation ist im vierstelligen Bereich. Die Flüchtlingswelle der Venezolaner nach Kolumbien wird immer größer. Die Grenze auf venzolanischem Gebiet zu Kolumbien wird kaum noch vom venezolanischen Staat kontrolliert, es herrschen dort chaotische Zustände. Banden, Kriminaltät, Mord, Menschenraub, Prostitution, Enteignungen von kolumbianischen Bürgen die dort lebten, Kinderarbeit usw. ist dort zu beklagen. Die unmenschlichsten Szenarien spielen sich dort ab. Man kann sagen daß dort in vielen Teilen des Landes, vor allem aber im Grenzgebiet zu Kolumbien eine Anarchie herrscht.

    Ich kannmir nicht vorstellen daß Maduro soviel Stimmen erhalten konnte bei soviel Armut und Chaos.

    • @Alfredo Vargas:

      "Venezuela war vor Chavez ein demokratisches, aufblühendes Land,"

       

      Ernsthaft?

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Alfredo Vargas:

      Bitte keine Geschichtsverfälschung, Stichwort Caracazo.

      Venezuela war damals ein krisengeschütteltes Land mit einer unermesslichen sozialen Ungleichheit. Und die, die nostalgisch an diese Zeit zurückdenken, gehören zu denen, die das Volk schamlos ausgebeutet, geknechtet und ermordet haben( Caracazo).

      Natürlich haben Evo und Raoul applaudiert, wer sonst. Für mich sind die ehrenwerter als Michel Temer, Mauricio Macri, Nieto und der Hundaranische Präsident. Alles Leute, die in ihre eigene Tasche wirtschaften, Oppositionelle umbringen lassen. Und López und Companie sînd vom gleichen Schrot und Korn.

      Viva la Revolución bolivariana! Hasta la victoria final! https://de.m.wikipedia.org/wiki/Caracazo

    • @Alfredo Vargas:

      Nicht alle wichtigen Parameter ausblenden. Venezuela ist von den Öleinnahmen abhängig. Die werden aber durch die USA verhindert, mit dem Ziel einer USA abhängigen Regierung. Es gab eine Kampagne gegen Maduro mit gewaltsamen Ausschreitungen, auch das ist nicht alleine auf dem Mist von Maduro gewachsen. Vielleicht sind da auch Gründe für eine Inhaftierung einiger Oppositioneller Kräfte zu suchen. Ich erinnere mich an die Bombardierung durch einige Oppositionskräfte, und die Aufforderung an die US zum Eingreifen. Im Übrigen was macht eine Opposition und speziell ein Oppositionsbündnis für Sinn, wenn sie zum Wahlboykott aufruft, statt alternativkonzepte anzubieten

  • “The trouble with Socialism is that eventually you run out of other people’s money” — Margaret Thatcher

    • @Jens Frisch:

      “The trouble with Socialism is that eventually you run out of other people’s money”– Milk Snatcher

      • @Sandor Krasna:

        The trouble with capitalism you gain out of other people's sweat and labour and feel no shame.

  • Solange es beschämende Linke gibt, die Diktatoren und Verbrecher verteidigen, weil die sich sozialistisch verkleiden, solange wird man sie als heuchlerisch und verlogen darstellen können. Eine bessere Werbung für den Kapitalismus als Venezuela gibt es derzeit nicht., weltweit.

    • @Dorian Müller:

      Den Werbeeffekt erzeugt die Berichterstattung. Wen interessiert schon wie es den Leuten in den raubtierkapitalistischen Nachbarländern ergeht.

      • @Ruhig Blut:

        Nicht so schlecht, daß die Mehrheit der Bevölkerung inzwischen 8 kg Gewicht verloren hat...

        • @Sven Günther:

          Mehr als die Hälfte 8 Kilo im Durchschnitt, weil‘s nix mehr zu essen gibt? Falls das stimmt, extrem heftig.

          Hat aber nix mit meiner Aussage zu tun, den Madurismus verteidige ich bestimmt nicht.

  • Was der Westen, dem das Wohl der Menschen sehr wichtig ist, jetzt tun kann, ist die Sanktionen gegen Venezuela aufheben.

    • 8G
      82741 (Profil gelöscht)
      @Sandor Krasna:

      Die Liste der Sanktionen hängt auf der Webseite der EU. Es geht um Militärgüter, Güter zur internen Repression, Abhöreinrichtungen und Finanzsanktionen gegen Personen.

       

      Alles dem Wohl der Menschen in Venezuela dienlich, daher sollte es wieder eingeführt werden dürfen, finden Sie?

      • 8G
        82236 (Profil gelöscht)
        @82741 (Profil gelöscht):

        Die offizielle Liste der Sanktionen ist doch nur Augenwischerei. Solange der Import in privater Hand ist, wird bewusst Verknappung herbeigeführt, dabei machen natürlich auch korrupte Staatsbeamte mit. Venezuela ist die groteske Fratze lateinamerikanischer Verhältnisse, Korruption und Misswirtschaft. Wen kümmert es denn, dass der ach so getätschelte Trumpbody Mauricio Macri mit der Freigabe der Energiepreise eine Erhöhung der Gas-und Benzinpreise von über 1000% verursacht hat, was viele Kleinbetriebe in den Bankrott getrieben hat? Wen kümmert es, dass Wahlkampfkandidaten in Mexico ermordet werden, sowie Abgeordnete, die sich gegen Korruption und Umweltschutz einsetzen?

        Wie hoch ist denn die Wahlbeteiligung in den hochentwickelten Demokratien?

        . Muss ich darauf aufmerksam machen, dass zu den französischen Parlamentswahlen genauso wenig Leute an die Wahlurnen gegangen sind wie in Venezuela? Dass Macron mit 24% Stimmen in den zweiten Wahlgang gegangen ist und mehrheitlich von Leuten gewählt wurde, die unter anderen Umständen nie für ihn gestimmt hätten?

        Die Schadenfreude bei grossen Teilen der zum Liberalismus umgeschwenkten europäischen Linken über das Scheitern der bolivarischen Revolution ist äusserst besorgniserregend.

    • @Sandor Krasna:

      Welche Sanktionen der EU treffen denn die "normalen" Venezoelaner? Es gibt ein Embargo gegen Militärgüter, Güter zur internen Repression, Abhörtechnik und Finanzsanktionen gegen die Führung des Regimes, sonst nichts.

       

      Aber Maduro kümmert sich ja jetzt um die Wirtschaft und streicht ein paar Nullen auf dem Bolivar.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Sandor Krasna:

      Welche gibt es denn?

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Verbot für US Firmen des Handels mit Venezuelanischen Firmen und Einzelpersonen (Ziel ist, dass die Regierung nicht an frisches Geld herankommt). Gleichzeitig sollen die Gläubiger bezahlt werden.

        • @Martin_25:

          Aha, nur verkauft Venezuela die gesamte Förderung, es gibt keine Lagerbestände, die wegen des Embargo nicht verkauft werden können.

           

          Es soll ja noch mehr Abnehmer als die USA geben, aber da man für seine Politik ständig Geld aus PDVSA zieht und nichts mehr ins Unternehmen investiert, fällt deren Fördermenge seit 2005, 3,1 Millionen Fass pro Tag auf inzwischen nur noch 1,5. Es gibt schlicht nichts mehr was die verkaufen können.

          • @Sven Günther:

            Was sollen die Nebelkerzen? ConocoPhilips (USA) hat mit der Übernahme der Auslandswerte der PDSVA (Venezuela) längst begonnen. Die Verladeterminals auf den niederländischen Antillen sind von den Amerikanern enteignet worden. Über Bonaire und Curacau werden 1/3 der Erdölexporte Venezuelas abgewickelt. Das machen 20 Millionen pro Tag. Selbst Deutschland könnte das nicht so einfach verknusen.

            • @Sandor Krasna:

              Das ist keine Nebelkerze, sie ignorieren einfach die Wirklichkeit. PDSVA ist am Ende. Das hat nichts mit Sanktionen zu tun sondern weil man den Laden ausgeblutet hat. Es gab letztes Jahr gab es über 4000 Lecks weil man die Leitungen nicht in Stand hält.

               

              Und Curacao hat man verloren, weil man unter Chavez Vermögen von Conoco beschlagnahmt hat, dass das nach hinten losgeht, hat jeder gewusst.

  • Hm, das überzeugt mich nicht. Bitte ein besseres Beispiel für die Überlegenheit des sozialistischen Gemeinschaftsfundamentalismus anführen. Und selbst dann, wenn sich die ökonomische Wahrheit als solches herausstellen sollte, möchte ich immer noch über das danach verantwortliche Führungspersonal debattiert wissen. Venezuela, ein leuchtendes Beispiel für funktionierenden bargeldlosen Massenverkehr und den aufstrebenden Kapitalismus. Wenigen geht es gut, der Rest hat das Nachsehen. Habe gehört, in Venezuela verspeisen sie soeben die eigenen Katzen und Hunde, soweit noch welche verfügbar sind. Vermessen wir bitte die Geschwindigkeit, mit der sich das bis in die Oberschicht fortsetzt. Dann messen wir die Zeit, bis sie endlich darauf kommen, daß sie regelmäßig den gleichen Leuten auf den Leim gehen. Solange kann gerne wiedergewählt werden, Demokratie heißt freudige Wiederwahl zum Wohle aller.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Picard:

      PS: Hunde und Katzen stehen in allen Elendsquatieren Lateinamerikas auf der Speisekarte.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Picard:

      Ja deshalb wird auch in Deutschland die Genossin Merkel immer wiedergewählt. Und Sie sind nicht auf dem neuesten Stand, es gehen Gerüchte von Kanibalismus in Venezuela um und Maduro soll die Leber seiner Wirtschaftsministerin verspeist haben. Idi Amin Dada lässt grüssen.