Kommentar Wahl in Dänemark: Ganz toll gemacht!
Die bürgerlichen Parteien haben den Rechtspopulisten den Weg geebnet. Die werden jetzt mit ihrer Xenophobie die politische Agenda bestimmen.
D ie Dänen hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera. So schrieb es die Kopenhagener Tageszeitung Ekstrabladet vor einigen Tagen. Und sie stimmt gegen die Pest und gegen die Cholera. Also gegen eine sozialdemokratisch geführte Regierung, die in den letzten vier Jahren nur noch konzept- und ziellos herum eierte und sich konsequent von allen wichtigen Versprechen verabschiedet hatte. Sie hatte jedes Vertrauen verspielt.
Aber sie stimmten auch gegen den Oppositionsführer Lars Løkke Rasmussen, der seit eineinhalb Jahren von einem Skandal in den nächsten stolperte, weil er öffentliches und privates Geld nicht auseinanderhalten kann und mittlerweile vor allem ein Sinnbild für Machtarroganz und mangelnde Moral von Politikern ist.
Angesichts dessen gingen über 41 Prozent der WählerInnen einen anderen Weg: Sie stimmten für Parteien, die bislang noch nie Regierungsverantwortung getragen haben. Die rechtspopulistische „Dänische Vokspartei“, die Linksaußenpartei „Einheitsliste“, die ultraliberale „Liberale Allianz“ und die grüne Partei „Alternative“.
Was haben die DänInnen nach ihrer Protestwahl nun tatsächlich bekommen? Aller Voraussicht nach die Cholera, dabei wollten sie die ja gerade nicht: Nämlich den größten Verlierer der Wahl, der mit seiner rechtsliberalen „Venstre“ mehr als jeden vierten Wähler verjagte und die Partei auf einen seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht erreichten Tiefpunkt führte: Løkke Rasmussen.
Wettlauf um restiktivste Ausländerpolitik
Der dürfte nun zur Marionette der Rechtspopulisten werden. Denn sie sind zweitstärkste Partei des Landes. Damit ist genau das passiert, wovor viele Analytiker gewarnt hatten: Lassen sich die etablierten Parteien auf einen Wettlauf um die restriktivste und unanständigste Ausländerpolitik ein, gewinnt immer das Original und nicht die Kopie.
Und egal ob das ausländerfeindliche Original nun in die Regierung eintritt oder die Politik lieber von außerhalb lenkt, die „Dänische Volkspartei“ wird in Zukunft die politische Agenda bestimmen. Noch perfekter verschlossene Grenzen und einen europapolitischen Schwenk auf die britische Linie hat ihr Vorsitzender schon in der Wahlnacht als zentrale Eckpunkte seiner Politik benannt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
FDP stellt Wahlkampf Kampagne vor
Lindner ist das Gesicht des fulminanten Scheiterns
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Wahlkampf-Kampagne der FDP
Liberale sind nicht zu bremsen
Greenpeace-Vorschlag
Milliardärssteuer für den Klimaschutz
Katja Wolf über die Brombeer-Koalition
„Ich musste mich nicht gegen Sahra Wagenknecht durchsetzen“
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen