Regierungsbildung in Dänemark: Venstre will es allein durchziehen
Dänemark steuert auf eine Minderheitsregierung der Liberalen zu. Ob die Rechtspopulisten auch mitmachen wollen, ist noch nicht klar.
Die ersten Sondierungsgespräche, die der mutmaßliche künftige Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen am Wochenende führte, hatten schnell gezeigt, dass eine Reihe gemeinsamer Statements, die Venstre, Konservative, Liberale Allianz und Dänische Volkspartei im Wahlkampf abgegeben hatten – beispielsweise was eine Verschärfung der Ausländerpolitik angeht – nicht ausreichen, um sich auch auf ein Regierungsprogramm zu einigen. Vor allem in der Sozialpolitik waren die Ansichten der – ultraliberalen – Liberalen Allianz und der Dänischen Volkspartei nicht unter einen Hut zu bringen: Erstere will die öffentlichen Ausgaben kürzen, die Rechtspopulisten wollen sie erhöhen.
Am Montag holte sich der Venstre-Chef beim Staatsoberhaupt, der Königin, ein geändertes Mandat zur Regierungsbildung: diesmal für eine Minderheitsregierung. Offen blieb zunächst, ob unter Beteiligung der Dänischen Volkspartei. Deren Vorsitzender Kristian Thulsesen Dahl hatte in den letzten Tagen betont, dass seine Partei gar nicht auf eine Teilnahme an der Koalition erpicht sei. Er schätze die Rolle des „freien Vogels“ im Parlament und die verspreche auch am meisten Einflussnahme auf die Regierungspolitik.
Gleichzeitig formulierten führende Vertreter der Volkspartei Forderungen, auf die einzugehen für Løkke Rasmussen nahezu unmöglich sein dürfte – darunter eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen und einen europapolitischen Schwenk auf die Cameron-Linie.
Minderheitsregierungen als Regel
Minderheitsregierungen sind in Dänemark die Regel. Seit 1971 gab es nur ein einziges Mehrheitskabinett. Auch die bisherige Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt regierte mit einer Minderheitskoalition und musste sich im Folketing bei Abstimmungen jeweils eine Mehrheit suchen.
Die Dänische Volkspartei hat sich in der Vergangenheit immer als Meisterin erwiesen, Einfluss von außen zu nehmen und ihre parlamentarische Unterstützung so teuer wie möglich zu verkaufen. Eine reine Venstre-Regierung wäre jedoch sehr schwach, weil sie sich nur auf 34 der 179 Mandate stützen und es schwer haben könnte, eine ganze Legislaturperiode durchzuhalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier