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Kommentar Waffenstillstand in BogotáWenn Guerilleros Zivilisten werden

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Man sollte die kolumbianische Regierung für ihren Einsatz loben: Zum Papstbesuch sieht es gut aus für einen dauerhaften Frieden im Land.

Plötzlich Partei: Die Abkürzung Farc bleibt, aber die Rebellen sind jetzt Politiker Foto: dpa

U nd da behaupte noch jemand, der Papst sei zu nichts nutze! Der Waffenstillstand, den die kolumbianische Regierung soeben mit der zweitgrößten Rebellengruppe des Landes ELN geschlossen hat, ist das Geschenk, das die jahrzehntelangen Konfliktparteien dem argentinischen Pontifex Maximus für seinen Besuchsauftakt am Mittwoch in Kolumbien machen.

Auch wenn die Waffen erst ab Oktober schweigen und die Pause erst mal nur für 101 Tage gilt: Der „Pakt von Quito“ ist ein weiterer Schritt Richtung Frieden in dem Land, das sich seit einem halben Jahrhundert im Kriegszustand befindet.

Wie aus Guerilleros Zivilisten werden, machen gerade die Farc-Rebellen vor. Im August haben sie ihre Waffen abgegeben, am vergangenen Wochenende gründeten sie eine neue Partei. Die Abkürzung Farc behalten die Rebellen – nun steht sie für Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común – Alternative Revolutionäre Kraft des Volkes.

Ab 2018 dürfen zehn von ihnen im Parlament sitzen. Und wie heute die ELN-Rebellen haben die Bald-Politiker der Farc ihre politische Teilhabe mit dem Gewaltverzicht eingeleitet. Sprich: Sollte die Eln dauerhaft auf Entführungen, Bombenanschläge oder die Rekrutierung von Kindersoldaten verzichten, steht ihr der selbe Weg offen.

Vorausgesetzt, die KolumbianerInnen wählen bei den Präsidentschaftswahlen 2018 den Frieden. Und dafür sieht es derzeit gut aus. Von allen Anwärtern ist Präsident Santos' Chefunterhändler mit den Farc, Humberto de la Calle, nach aktuellen Umfragen mit Abstand der Beliebteste.

Man muss die kolumbianische Regierung für ihren Einsatz für den Frieden loben, trotz der Verzögerungen bei der Umsetzung des Friedensprozesses und der nicht abreißenden Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger. Dass sich dieser Einsatz auch politisch bezahlt macht – umso besser.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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3 Kommentare

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  • Die ehemaligen Guerilla-Anführer integrieren sich in „das System“. Sie werden versuchen, mit Politik zu erreichen, was sie mit Waffengewalt nicht erreichen konnten. Für sie hat sich der Kampf gelohnt, ihre Existenz ist gesichert. Zumal sie weitgehend straffrei bleiben werden. Und der Wohlstandsbauch gedeiht (siehe Foto).

     

    Aber was ist mit den vielen einfachen Kämpfern, die bei den Guerillas nichts weiter gelernt haben, als töten, entführen, erpressen und Rauschgift schmuggeln? Etliche werden abtauchen und einzeln oder in Gruppen als gewöhnliche Kriminelle das tun, was sie als „Befreier“ auch schon taten. Und was ist, wenn Opfer den Tätern gegenüberstehen, denen sie nichts mehr anhaben können? Hoffentlich hat man in Kolumbien passende Antworten darauf.

     

    Was den Papst betrifft: Er wird als Gottes Stellvertreter nur „Verzeihen“ und „Vergebung“ predigen können, und dass man „seine Feinde lieben“ soll. Nicht alle wird er damit erreichen. Insbesondere nicht die Farc-Rebellen, die aufgrund ihrer marxistischen Ideologie ohnehin Atheisten sind!

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Dass Humberto de la Calle der "beliebteste" ist, halte ich fuer ein Geruecht. Immerhin haben die Kolumbianer vor einem Jahr sein Verhandlungsergebnis in einer Volksabstimmung abgelehnt. Da haben Fajardo, Petro oder Vargas Lleras sicher die besseren Chancen.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @21272 (Profil gelöscht):

      Das wurde nicht abgelehnt weil er so unbeliebt ist, sondern weil viele der Meinung waren es wären zuviele Zugeständnisse gemacht worden.