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Kommentar Vergrößerte Fußball-WMEs gibt nur Gewinner

Kommentar von Markus Völker

Die Männerfußball-WM soll ab 2026 mit 48 Teams starten. Daran ist gar nichts schlimm, denn so wird der Eurozentrismus des Sports verringert.

Bald gibt es wohl mehr Platz für afrikanische Teams: Fan beim Qualifizierungsspiel Ghana-Ägypten für die WM 2018 Foto: dpa

W as ist eigentlich so schlimm an einer Fußballweltmeisterschaft mit 48 statt 32 Mannschaften? Gar nichts. Gut, man könnte tief in die antikapitalistische Mottenkiste greifen, sich anschließend ein paar Staubflusen vom Ärmel wischen – und dem Fußballweltverband Fifa dann vorwerfen, geldgeile Hundsfotte zu sein. Ebenso gut könnte man dem Ball vorwerfen, dass er rund ist. Die Fifa ist nun mal ein profitorientierter Zirkus, der auf der ganzen Welt seine Tickets und seine Bilder teuer verkaufen möchte. Das dürfte mit dieser Bläh-WM prima funktionieren.

Die Entscheidung, im Jahr 2026 sechzehn Mannschaften zusätzlich zum WM-Turnier zuzulassen, ist von zeitloser Spitzfindigkeit. Das hat vor allem damit zu tun, dass es trotz des notorischen Gejammers eurozentristischer Besitzstandswahrer nur Gewinner gibt. Die Vielfalt des Weltfußballs wird künftig besser dargestellt.

Eine Variable wie Verteilungsgerechtigkeit kommt endlich ins Spiel. Bisher profitierten die Fußballverbände Südamerikas und Europas. Ihre Mannschaften waren extrem überrepräsentiert. Das ging zulasten von Afrika, Asien und Ozeanien. Diese seit Jahrzehnten stiefmütterlich behandelten Fußballkontinente können nun mehr Mannschaften in die Manege schicken. Das wird aber bestimmt langweilig, raunen die Kritiker auf den Rängen.

Aber auch in diesem Fall hat die clevere Fifa unter ihrem noch recht frischen Chef Gianni Infantino vorgesorgt. Sie verändert wohl den Modus, schafft Unentschieden in den ersten Spielen ab und will im Fall eines Remis nach neunzig Minuten ein Elfmeterschießen veranstalten. Das ist für die Engländer eine verdammt schlechte Nachricht, für den normalen Fußballfan kommt das fast schon einer Regelrevolution gleich. Und das Schöne dabei: Der Fußballweltmeister muss auch im Jahre 2026 nur sieben Partien spielen. Damit ist auch die Belastungsdebatte vom Tisch. Die Edelkicker müssen keine Extraschichten schieben.

Bei so viel Profiteuren darf natürlich der Weltverband Fifa nicht fehlen. Er macht mit seinem Monsterturnier nun auch in fernen Märkten Kasse mit lukrativen Fernseh- und Marketingrechten. Es wäre bei diesem rundum positiven Ausblick doch zu schön, wenn dieses viele Geld in tolle Fußballentwicklungsprojekte fließt – und nicht auf die Konten korrupter Funktionäre.

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11 Kommentare

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  • Diese „Festlegung“ in der oberen Etage, den WM-Modus zu verändern, passierte bekanntlich ohne deutsche Beteiligung, weil sich unser Ex-DFB-Chef Niersbach mit seinem undurchdachten Geschwafel zur WM 2006 selbst „aus dem Rennen“ nahm!

    An seinem Nachfolger Grindel stört mich allerdings, dass er seine Meinung zu verschiedenen Problemen den entsprechenden Anlässen anpasst und somit ständig ändert! Wenn er, wie viele andere Experten auch, der Meinung ist, dass der Schritt der großen Aufstockung der Teilnehmer auf die Rekordhöhe von 48 Mitgliederstaaten an der Endrunde zu hoch ist, sollte diese Meinung demnach auch durchgängig gelten!

     

    Wissen sollte Grindel allerdings, dass die erweiterten Geldsummen, von denen natürlich auch die FIFA profitiert, dann auch in dunkle Kanäle verschwinden können.....

    Blatters „junger“ Nachfolger, Infantino, dessen Schweizer Geburtsort sich ganz in der Nähe des kleinen Ortes seines Vorgängers befindet, hat mit diesem ungewöhnlich klaren Abstimmungserfolg seinen kleinen ersten Sieg im weiterhin undurchsichtigen Weltverband erringen können. Viele Leute werden wissen, dass er seine Cleverness immerhin als Generalsekretär des gewieften und beurlaubten UEFA- Chefs, Platini, erlernen konnte!

  • Vor lauter "Vielfalt"-Gejuble hat der Autor wohl das wichtigste an einer Fußball-WM vergessen:

     

    Guten Fußball!

    Und da kann leider der dritte Startplatz von Ozeanien oder der fünfte afrikanische Starter schlicht und ergreifend nicht mithalten.

     

    Im Endeffekt wird es so sein wie bei der CL. Wenn erstmal das Füllmaterial in der Vorrunde ausgeschieden ist wird es erst interessant.

     

    ///

    Und richtig lustig ist mal wieder: Kaum kann man irgendwie was mit "Vielfalt" reininterpretieren ist auch die Kritik an der Fifa auf einmal handzahm.

    • @Thomas_Ba_Wü:

      Ein sehr guter Schlusssatz! Viele haben die FIFA wieder lieb.......Vielfalt

  • Ich bezweifle, dass die Erweiterung der WM den Eurozentrismus verringert, denn an den Quoten der teilnehmenden Kontinental-Konföderationen wird sich ja wohl nichts ändern.

     

    Es werden also nicht nur mehr Mannschaften aus Afrika und Asien, sondern auch aus Europa und Südamerika anreisen dürfen. Das Ergebnis wird ein lustiges, buntes Exotenabschießen in der Vorrunde sein, an dessen Ende die KO-Phase noch europäischer dominiert daherkommt als jetzt schon.

     

    Denn mal ehrlich: Ja, es gibt Erfolgsgeschichten von nordamerikanischen, asiatischen oder afrikanischen Mannschaften, die bei einer WM aufhorchen ließen. Aber sie ändern nichts daran, dass der Rest des Aufgebots dieser Kontinente in der Regel Fallobst war und die Chancen extrem schlecht stehen, dass eine Auffüllung des Feldes mit WENIGER starken Mannschaften daran etwas ändern wird. Die einzigen Kontinente, die mehr global wettbewerbsfähige Nationalmannschaften haben als Startplätze, sind nunmal genau die, deren Überrepräsentation jetzt schon beklagt wird.

  • Das Problem der "kleinen" Fußballnationen war und ist doch nicht, noch nie bei einer WM-Endrunde mit zwei Ergebnissen irgendwo zwischen 1-8 und 0-15 nach Hause geschickt worden zu sein. Das Problem der "kleinen" Fußballnationen ist, dass ihre Funktionäre durch und durch korrupt sind und die FIFA-Zentrale jahrzehntelang nicht nur nichts dagegen unternahm, sondern im Gegenteil, ein System des Stimmenkaufs zum eigenen Machterhalt erst so richtig aufbaute.

     

    Was diese Länder brauchen sind integere Ehrenamtliche und transparente Strukturen im Sinne des Sports, anstelle einer teuren Ausflugstour alle vier Jahre für die Spitzenfunktionäre auf Kosten ihrer nationalen Verbände.

     

    Und natürlich wird ein Modus mit 3er-Gruppen erst Recht zu weiteren Mauscheleien, Absprachen und Spielverschiebungen einladen, da keine parallelen Gruppenspiele mehr möglich sind.

     

    Wahrscheinlich wäre es immer noch sinnvoller gewesen, ein Ligensystem mit "A-" und "B-WM" zu installieren, wie es auch in anderen Sportarten (z.B. Eishockey) der Fall ist.

     

    Sportlich gesehen kann eine WM mit 48 Teilnehmern, die aus sehr unterschiedlich strukturierten Erdteilen kommen, nicht zufrieden stellen. Man stelle sich mal einen DFB-Pokal vor, bei dem von der Bundesliga bis zur Kreisklasse aus jeder Liga gleichviele Teilnehmer dabei sind, also zum Beispiel je vier aus den ersten drei Ligen, fünf mal vier aus den Regionalligen, je vier aus allen Ober- und Verbandsligen, etc... Ist dann sicher ein "schöner" Flickenteppich mit vielleicht 256 Mannschaften in der ersten Runde... aber sportlich gesehen? Kannste so einen "Wettbewerb" eigentlich nur in die Tonne treten.

  • Ich denke das eigentlich Problem ist, dass in Zukunft einige "kleinere" Länder teilnehmen können und auf der anderen Seite viele "mittlere" europäische Länder an der Quali scheitern werden. Ich denke es hat auch nichts mit Fairness zu tun, wenn wir bei der WM extremere Ergebnisse haben. Der Wert teilzunehmen wird eher abnehmen.

  • "Eine Variable wie Verteilungsgerechtigkeit" - sollte doch eigentlich eine Konstante sein...

  • Ich habe meine Meinung geändert. Jedes Land der Welt darf mitspielen. Nur dann ist es fair! Der Vatikanstaat muss ein Quallifikationsspiel bestreiten. Gegen UNION Berlin. DADADADADA

  • Sehe ich ähnlich. Ich fand die EM seit langem mal wieder sehenswert und auch die WM kann nur gewinnen, wenn den immer brutaler werdenden von sich selbst überzeugten Profis gezeigt wird, daß auch andere Fußball spielen können. Den Regeländerungen seh ich allerdings skeptisch entgegen.

    Mir gefallen jedenfalls Spiele mit Fehlpässen besser als solche mit Ohrbeißern.

  • Volker Völker, findest du die WM der geldgeilen MafiaFifa 2026 nun gut oder nicht gut? Erschliesst sich mir nicht so ganz. Eine WM mit 48 Mannschaften. Gruppe A bis P! 1/16 Finale. Sechszehntelfinale! Daran ist nichts, aber auch gar nichts gut. Ist so und fertig, muss man doch gar nicht erklären. Aber es geht nur um Scheiss Fussball. Nicht vergessen, am 20igsten beginnt die Bulirückrunde. Endlich!

  • Wie immer darf ein Seitenhieb auf die FIFA-Geldgeilheit nicht fehlen - sonst wird man wahrscheinlich exkommuniziert unter Journos. Ansonsten aber schön, dass es auch hier jemand begreift, dass es die maximal selbe Anzahl an möglichen Spielen ist, dass die Dauer dieselbe bleibt wie bei 32 und dass es mit diesem Modus wenigstens ein KO-Spiel mehr gibt (auf jeden Fall ein willkommener Schritt).

     

    Was man noch nicht recht weiß ist, wie bei dieser nicht-binären Gruppenphase das zweite Spiel funktionieren wird. Es wird wohl kaum gelingen, dass 2. Spiel parallel zwischen Gruppengegnern ablaufen zu lassen (zu viele). Insofern kann es trotz Elfer-Gedöns oder sonstiger Regelerweiterung einiges an blöder Platzierungstaktik geben (was im Falle D wohl eh' nicht zutreffen wird - ich persönlich habe zumindest keinen Zweifel, dass alle Schland-Kader unbedingt immer gewinnen wollen, auch wenn sie es nicht immer können [zumindest seit Gijon]).

     

    Mal in Ruhe abwarten. Und grundsätzlich: ein zuviel an Spielen pro Turnier kann es sowieso nicht geben für einen Interessierten ;-)