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Kommentar Union und AfDAbgrenzung funktioniert nicht

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Die Christdemokraten müssen die Alternative für Deutschland inhaltlich widerlegen. Es reicht nicht, sie in den Medien nur ausgrenzen zu wollen.

Bloß nicht zu nah ran: AfD-Chef Bernd Lucke Bild: ap

W ie man die Alternative für Deutschland (AfD) salonfähig macht, das hat die CSU vorgemacht. Erst tat sie so, als wäre eine angeblich massenhafte „Armutseinwanderung“ aus Rumänien und Bulgarien das drängendste Problem unserer Tage, dann feuerte sie im Europawahlkampf immer neue Salven gegen Brüssel ab. Das Ergebnis: Die Wähler stimmten lieber für das europaskeptische Original, und das nirgendwo öfter als in Bayern. Seehofers Kurs, sich an Populismus von niemandem rechts überholen zu lassen, ist bei der Europawahl krachend gescheitert.

Jetzt, wo sich die AfD rechts von der Union zu etablieren droht, will sich die Union endlich klar von ihr abgrenzen: Die CDU-Spitze ist gegen jede Zusammenarbeit mit der AfD in den Ländern und Kommunen, und CDU-Fraktionschef Volker Kauder will sich künftig auch nicht mehr mit AfD-Politikern in Talkshows setzen. Doch mit diesem Abgrenzungskurs wird es nicht klappen.

Nicht nur weil es darüber in der Union längst keinen Konsens gibt. Sondern weil die AfD kein Schmuddelverein ist, der sich wie NPD und die Republikaner allein durch einen Cordon sanitaire ausgrenzen lässt. Dass die Union zugleich mit Berlusconis „Forza Italia“ und der ungarischen Regierungspartei Fidesz, die noch weit problematischer sind als die AfD, im Europaparlament eine gemeinsame Fraktion bildet, lässt diese Strategie auch wenig überzeugend erscheinen.

Die AfD ist eine nationalistische, wertkonservative Elitenpartei, die nicht offen chauvinistisch oder homophob auftritt, aber Ressentiments bedient, die bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein verbreitet sind. Sich inhaltlich klar von der AfD abzugrenzen ist viel wichtiger als die Frage, wer mit wem in Talkshows geht. Die Union muss ihre Argumente widerlegen, statt sie zu übernehmen. Alles andere ist Kosmetik. Oder Verzweiflung.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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15 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Die AfD ist eine nationalistische, wertkonservative (Eliten) Partei, die nicht offen chauvinistisch oder homophob auftritt, aber Ressentiments bedient, die bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein verbreitet sind."

    Demnach unterscheidet sie sich nicht im Mindesten von der CDU, nur das man sich bei der AfD für eine Elite hält und bei der CDU für das Volk. Die CDU müsste doch gegen sich selbst argumentieren, wenn sie gegen die AfD argumentieren wollte. Gefickt eingeschädelt!

  • Tja, wenn es halt inhaltlich gkein vernünftiges Gegenargument gibt und die Nazikeule langsam aber sicher ob ihrer inflationären Verwendung nicht mehr alle so recht zurück in Reih' und Glied klempnern kann... muss es wohl doch der schäbige Kaudersche Politunfug sein...

  • Wenn man mit und gegeneinader Diskutiert kann das allgemein nur zu Wissenszuwachs führen.

  • @Gerda Fürch

    Manchmal lohnt es sich, sich besser zu informieren, bevor man sich äussert.

    Lesen bildet ungemein.

    Folgendes kommt aus dem Europa Wahlprogramm der AfD, nur wenige klicks im Netz entfernt:

     

    zum TTIP

    "Freier Handel ist eine wesentliche Grundlage unseres Wohlstands. Der Europäische Binnenmarkt ist ein überzeugendes Beispiel dafür. Das gegenwärtig unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelte Freihandelsabkommen zielt jedoch auf eine Verwässerung des Verbraucherschutzes, des Umweltschutzes, der Rechtssicherheit, der Sozialstandards und der Kulturpolitik.

    Daher lehnt die AfD dieses Freihandelsabkommen mit den USA ab."

     

    zum Genmais:

     

    "Die AfD lehnt eine generelle oder auch spezifische Zulassung genmanipulierter Landwirtschaftsprodukte (z.B. Genmais) durch die EU ab. Die Entscheidung des Anbaus experimenteller Sorten muss in der Verantwortung der Mitgliedsstaaten bleiben."

     

    Liebe Frau Fürch, bitte bei der Wahrheit bleiben, alles andere ist profane und unfundierte Stimmungsmache.

  • P. S.

     

    Die AfD begrüßt und will das TTIP mit dem höchst umstrittenen Investitionsschutz und hat keinerlei Bedenken gegen das Genfood etc.

     

    Den Klimawandel gibt es nicht, weil es den schon immer gegeben hat. Der Mensch trägt keine Schuld daran und ist durch seine Lebensweise dafür nicht verantwortlich. Die Klimaschützer seien alles "Spinner"!

     

    Deutschland, die Wirtschaft, braucht die AKW's, meinen AfDler. Sie sind gegen die Energiewende und beklagen die große Steuergeldverschwendung/Subventionen für den Wechsel hin zu Erneuerbare Energien.

    • @Gerda Fürch :

      Sie haben das alte Rollenverständnis Mann-Frau vergessen. Und mangelnde Toleranz zu sexuell anders Gestrickten (nehme ich mal an). AKWs hat keiner gern in der Nähe +ist froh, wenn das Ding abgeschaltet wurde. Genfood und TTIP; da such ich noch die wissenschaftl. Analysen, wenn es so was gibt. Verrecken jetzt die Bienen in den USA wegen Gentechnik? Bin eigentl. für TTIP, da ich Florida sehr hübsch fand (ähem).

  • Gerade die Mitglieder und Sympathisanten der AfD beteiligen sich in der FAZ - oftmals zu Hunderten - schon mindestens seit zwei Jahren an den Diskussionen ("Bitte diskutieren Sie mit"), wenn es

    um den Euro (größte Fehlentscheidung!) geht,

    Steuerhinterziehung (voll verständlich, Besitz u. Vermögen ein Leben lang hart und schwer "erwirtschaftet", wollen selber bestimmen, ob und wieviel Steuern zu zahlen sind) ,

    Steueroasen (alles Neider!),

    das freie, demokratische Staatswesen an sich (Fehlkonstruktion!), wenn es

    um die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten geht (wollen sie rigoros abschaffen, GEZ-Gebühren sind für diese Leute "Zwangssteuern"), Zuwanderung (Sozialmißbrauch),

    Hartz IV (alles Faulenzer, Sozialschmarotzer),

    Wirtschafts- und Finanzkrise , Rettungsschirme für die südlichen Länder (EU-Fehlentscheidung!),

    maßlose Sozialleistungen,

    der Sozialstaat ist für die AfD ein verachtenswerter "Wohlfahrtsstaat", Frauenquote (wird abgelehnt), berechtigte Streiks der freien Gewerkschaften (stark einschränken, verbieten) und wenn es natürlich um Homophobie und Sexualkunde geht. Dort argumentieren sie wie nationalistische "Herrenmenschen" und mit "Deutschland über alles"/"Deutsche Wirtschaftskraft, Fleiß und Tüchtigkeit über alles"/"Deutschland ist und darf nicht mehr der Zahlmeister Europas sein".

     

    Die Sozialstaatlichkeit der europäischen EU-Länder wird von der AfD und ihren Sympathisanten strikt abgelehnt, erst recht der (noch) verfaßte Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland gemäß dem Grundgesetz vom 23. Mai 1949.

     

    Sind das genug Argumente gegen die AfD und deren wahre Ziele, die nicht so simpel im Wahlprogramm für die Europawahlen 2014 stehen.

     

    In der FAZ müssen sie sich jedoch identifizieren und z. B. mit vollem Namen schreiben. In der taz können sie dagegen anonym bleiben und/oder merkwürdie bis witzige Phantasienamen verwenden.

    • @Gerda Fürch :

      Warum schauen sie nicht ins AfD-Programm BEVOR sie so etwas schreiben?

      Dass der Euro eine Fehlentscheidung war, weiss mittlerweile jeder, auch die Linken. Deren kügste Köpfe (Lafontaine, Wagenknecht) haben das auch längst ausgesprochen.

    • @Gerda Fürch :

      also kein öffentich-rechtliches Fernsehen mehr? Nur noch Bohlen, RTL, Akte xy und ähnlichen Blödsinn. Da bin ich mit Marcel Reich-Ranitzki, der das alles für Blödsinn fand, abgesehen von Arte, 3Sat. Aber TV wird sowieso von Internet abgelöst, vielleicht löst sich das Problem so automatisch.

  • Ich stimme Marine bei. Wenigstens gibt es gegen die AfD keinesfalls mehr Argumente als gegen andere Parteien auch. Dazu noch mit Lucke ein sehr kluger Kopf an der Spitze und schon kann man die AfD in Talkshows nur noch mit massiver Mitwirkung des Moderators kleinhalten. Ein trauriges Bild.

  • Es gibt doch keine Argumente gegen die AfD.

    Ich habe bisher noch kein vernümftiges Gegenargument gehört ?

    Langsam wir mir die Partei immer sympatische. Warum das so ist?!

    Ich fühle mich nicht verarscht, und das ist selten in der deutschen Politik!

    • @Marine Samonsi:

      Ich kenne kein vernuenftiges Argument FUER die AfD . ICh habe Herrn Lucke in Talkshows gesehe und seine Argumentation gehoert.

      Wie ist der Professor geworden ? Ein kluger Kopf, weil er FAZ liest ?

      • @Dieter:

        Wenn man weit genug rechts ist, kann man in Hamburg selbst als Kokser noch Innensenator und zweiter Bürgermeister werden. Professuren gibt's auf dem Dom, entweder in der Geisterbahn oder in der Schießbude. Pinneberger kriegen auch noch einen Führerschein dazu.

      • @Dieter:

        Haben sie schonmal ein Argument von Prof. Lucke gehört, das sich als falsch herausgestellt hat? Dieter, denken sie an Brecht, der (sinngemäss und leicht abgeändert) gesagt hatte, die Argumente der Wahrheit sind einfach und auch du kannst sie verstehen.

        • @Tupaq:

          "Die Argumente der Wahrheit" sind bei Parteien grundsätzlich in Gefahr.