Kommentar USA gegen China: Kampf um die Technologiespitze
Im US-chinesischen Handelskrieg geht es um weit mehr als Strafzölle. Trump und Xi provozieren einander ohne Rücksicht auf den Rest der Welt.
E s wird in Peking spannend. Im letztens völlig festgefahrenen Handelsstreit zwischen China und den USA gibt es erstmals seit Monaten wieder direkte Verhandlungen. Eine US-Delegation wird am Montag zu zweitägigen Gesprächen erwartet.
Trump wirft den Chinesen angesichts ihrer exorbitanten Exportüberschüsse eine unlautere Handelspolitik vor. China subventioniere seine heimische Industrie und benachteilige im Gegenzug ausländische Firmen. Am Rande des G20-Gipfels Anfang Dezember in Buenos Aires hatten sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping jedoch auf einen 90-tägigen „Waffenstillstand“ geeinigt und die auf Waren im Wert von über 200 Milliarden Dollar bereits erhobenen Strafzölle ausgesetzt.
Die internationale Wirtschaftswelt, allen voran die deutsche Wirtschaft, die inzwischen eng an die der Chinesen gekoppelt ist, atmet auf. Vor ein paar Tagen hatten die beiden Staatschefs noch einmal miteinander telefoniert.
Anschließend schrieb Trump auf Twitter: „Der Deal geht sehr gut voran.“ Auch aus Peking kommen positive Signale. „Wir hoffen, dass sich die beiden Teams auf halbem Weg treffen, hart arbeiten und einen frühzeitigen Abschluss eines Abkommens erreichen“, sagte Xi.
Doch allzu viel Optimismus ist auch weiterhin nicht angebracht. Denn im Kern der Sache haben sich beide Seiten nicht einander angenähert: in der Frage der technologischen Weltmarktführerschaft.
Die USA abhängen
Xi ist ein ehrgeiziger Machtpolitiker und steht im eigenem Land unter Erfolgsdruck. Sein Ziel ist nichts Geringeres, als die USA abzuhängen und sein Riesenreich in den kommenden sieben Jahren zum technologischen Weltmarktführer zu machen. Die Landung einer chinesischen Sonde auf der Rückseite des Mondes am Donnerstag war für Xi ein solches Erfolgserlebnis.
Wenn die Chinesen stolz auf ihr Land sind, beklagen sie sich weniger über die allein regierenden Kommunisten. Umgekehrt sind Xis chauvinistische Töne, zum weltweiten Technologieführer aufsteigen zu wollen, für die bisherige Weltmacht USA eine Provokation. Selbst ein gemäßigterer US-Präsident würde eine solche Rhetorik nicht akzeptieren. Für einen Donald Trump kommt sie einer Kriegserklärung gleich.
Und der ist ein Zocker. Er denkt in Kategorien von Siegern und Verlierern – und geht auch gerne das Risiko ein, den freien Welthandel zu ruinieren. Er fordert von China nichts Geringeres als die Abkehr von diesem industriepolitischen Ansinnen. Trump hat bereits Strafzölle erheben lassen, in einem Ausmaß, wie es die Welt seit den dreißiger Jahren nicht mehr erlebt hat. Noch mehr könnten folgen.
Dem Exportweltmeister China tun solche Strafzölle weh. Waren im Wert von einer halben Billion Dollar haben die Chinesen noch im vergangenen Jahr in die USA eingeführt. Schon häufen sich die Gewinnwarnungen chinesischer Unternehmen. Zwar leiden auch US-Unternehmen wie Apple, für die China inzwischen der drittwichtigste Markt ist, doch das schert Trump wenig.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
„Made in China 2025“
Dennoch will die Führung in Peking nicht den Eindruck hinterlassen, sich von Trumps Drohgebärden einschüchtern zu lassen. Schon aus innenpolitischen Gründen darf Xi keine Schwäche zeigen, es würde seine Macht schmälern. An Chinas industriepolitischer Strategie „Made in China 2025“, dem Slogan, der den Anspruch auf genau diese technologische Weltmarktführerschaft zum Ausdruck bringt, wird er festhalten müssen. Sonst ist es vorbei mit seiner Glaubwürdigkeit.
Längst wird in den USA der Handelskrieg als Teil eines neuen Kalten Krieges gesehen, mit dem die Supermacht den Aufstieg Chinas in der Welt bremsen und dessen Einfluss eindämmen will. Ähnlich ist die Wahrnehmung inzwischen auch in Peking. Nach Beilegung des Streits zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt klingt das nicht. 2019 wird ein turbulentes Jahr – für die ganze Welt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei