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Kommentar Trumps Rede an die NationDer Auftakt zum Wahlkampf

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Der US-Präsident hält an seiner irrwitzigen Mauer-Idee fest und behauptet, es gehe um nationale Sicherheit. Dabei ist er es, der ebendiese gefährdet.

Der Hintergrund ist egal, Trumps Haltung bleibt immer gleich Foto: ap

F ür jene, die 2015 Donald Trumps Wahlkampfauftakt auf der goldenen Rolltreppe erlebt haben, war der Dienstagabend ein Déjà-Vu. Dieses Mal saß er zwar vor den Fahnen im Oval Office. Aber inhaltlich hielt er an seinem Fremdenhass, den erfundenen Fakten und seiner Ansprache von damals, die sich ausschließlich an den radikalen Teil des rechten politischen Lagers richtete, fest. Trumps erste Rede aus dem Präsidentenbüro hatte nichts präsidentielles. Sie enthielt keine versöhnlichen Worte und Gesten, die sich an die ganze Nation richteten. Sondern sie richtete sich ausschließlich an die Basis, die ihn im November 2016 gewählt hat.

Obwohl sich bei den Midterms die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus verändert haben und Trump es jetzt mit einer stärker und selbstbewusster gewordenen demokratischen Opposition zu tun hat, machte er nicht einmal den Versuch, bei der anderen Seite um Unterstützung zu werben. Stattdessen verbog er wieder einmal die Fakten, bis zur Unkenntlichkeit. Unter anderem behauptete er, die „nationale Sicherheit“ der USA sei an der Südgrenze bedroht – was selbst den Erkenntnissen seines eigenen Außenministeriums widerspricht. Er beschrieb eine wachsende „illegale Einwanderung“ – was im Gegensatz zu den rückläufigen Zahlen bei der Grenzüberschreitung von Papierlosen steht. Er beschrieb Einwanderung als ein kriminalitätserzeugendes Phänomen – obwohl die Statistiken zeigen, das EinwandererInnen deutlich seltener straffällig werden als in den USA Geborene. Und er tat so, als könnte eine Mauer dabei helfen, das Drogenproblem zu lösen – obwohl bekannt ist, dass die meisten illegalen Drogen über offizielle Grenzstationen in die USA geschmuggelt werden.

Trumps Argumente für die Mauer sind so alt wie seine politische Karriere. Bei der Mehrheit der US-AmerikanerInnen waren sie nie populär. Aber mit den Midterm-Wahlen hat er jede Möglichkeit verloren, auf demokratischem Wege die nötige Unterstützung und Finanzierung zu bekommen. Doch für Trumps Rhetorik, bei der die Mauer als zentrales ideologisches Kitt dienen, ist das nebensächlich. Er benutzt sie als Chiffre, um sowohl seine Basis als auch die wenigen kritischen RepublikanerInnen im Kongress zusammen zu halten. Anstatt darauf zu setzen, Mehrheiten zu gewinnen, setzt er jetzt zunehmend auf Drohungen. Dazu gehört der Shutdown der Regierung, wegen dem mehr als 800.000 BeamtInnen seit fast drei Wochen nicht bezahlt werden, aber auch die fälschliche Bezeichnung der DemokratInnen, als Partei „der offenen Grenzen“.

Tatsächlich erreicht der Shutdown das Gegenteil dessen, was Trump vorgeblich anstrebt. Denn es schwächt die „nationale Sicherheit“, wenn BeamtInnen – darunter solche, die für die Grenz- und die Luftsicherheit und die Gefängnisse zuständig sind – nicht bezahlt werden. Aber bei Trumps autoritär gesonnener Basis kann er mit Drohungen und Druck ebenso gut punkten wie mit einem materiellen Mauerbau. Und um diese radikale Basis geht es letztlich. Mit seiner ersten Ansprache aus dem Oval Office hat Trump seinen Wahlkampf für 2020 eröffnet. Und er hat deutlich gemacht, dass der mindestens so hässlich werden wird wie der letzte.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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2 Kommentare

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  • Was ich nicht verstehe, wenn die Mexikaner für die Mauer zahlen sollen, was Dumpy Trumpy ja immer wieder betont, warum braucht er dann Geld vom US-Kongress.

    Ich verstehe die Gedankengänge dieses Mannes sowieso nicht. Die Demokraten waren Schuld, dass 2 Kinder in US-Gefängnissen starben. In denen sie ohne Trumps Regelungen gar nicht gewesen wären!

    Eine Mauer würde dafür sorgen, dass Leute gar nicht erst flüchten.



    Ja das hat man in der deutsch-deutschen Geschichte ja gesehen. Die Mauer stand und keiner wollte mehr die DDR verlassen...

    Ich würde gerne wissen, welche Drogen dieser Mann nimmt...

  • Trump ist nicht intelligent genug, auf eine Ideen wie den Shutdown selber zu kommen. Er hat sie nur von seinen Vorgängern geerbt. So wie er sein Geld geerbt hat von seinem Vater. Die, die den Gedanken, der Demokratie mittels Erpressung auf die Sprünge zu helfen, wenn sie nicht tut was sie tun soll, schon vor Trump gut gefunden haben, haben sich offenbar nie überlegt, was nach ihnen kommen kann. Sie waren es gewöhnt, immer genug Einfluss zu haben. Dass dieser Einfluss irgendwann enden könnte, haben sie offenbar nicht bedacht.

    Nein, eine Mauer wird nicht dabei helfen, das Drogenproblem der USA (oder sonst eines Staates) zu lösen. So wenig, wie keine Mauer dieses Problem lösen wird. Der Einfluss der Mächtigen ist nämlich gar nicht so groß wie häufig behauptet. Er wurde ihnen lediglich zugeschrieben von unendlich vielen Speichelleckern, die alle etwas ab haben wollten vom Glanz und der Gloria der Herrschenden.

    Es wird also auch weiter geschmuggelt und konsumiert werden. Die Sicherheit reicher und mächtiger Staaten wie der USA kann nämlich von außen gar nicht so sehr bedroht werden, wie sie von innen bedroht werden kann. Wenn erst einmal mehr als die Hälfte der Bevölkerung eines Landes erkrankt ist an der Hass-Krankheit, an Habgier, Egoismus, Neid und Selbstgefälligkeit, haben es Einflüsse von außen verdammt leicht, dem verbliebenen Zusammengehörigkeitsgefühl und den letzten Krümeln Verantwortungsbewusstsein den Restes zu geben. Ich sage nur: Mehrfrontenkrieg.

    Die USA-Amerikaner, die zu entscheiden haben, hätten von Russland und anderen Staaten lernen können, wären sie nicht so borniert gewesen. So, wie die „Entscheidungsträger“ in Deutschland hätte lernen können von den USA, von Russland oder auch der DDR. Man hatte es leider nicht nötig zu fragen. Gibt ja noch genügend externe Gegner, vor denen sich die Machtlosen auf Kommando „von oben“ hin fürchten können bis zum Erbrechen.