Kommentar Trumps Afghanistan-Pläne: Strategie: Töten
Trump hat eine Kehrtwende in seiner eigenen Afghanistan-Strategie hingelegt. Seine Rhetorik lässt das Schlimmste befürchten.
A n Donald Trumps Rede zu seiner Afghanistanpolitik sind zwei Dinge bemerkenswert. Das eine ist die Kehrtwende, die er damit selbst vollzieht. Forderte er früher den Abzug des US-Militärs vom Hindukusch, spricht er sich jetzt gar für dessen Aufstockung aus. Das dürfte den ohnehin schon längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte um Jahre verlängern. Die Kehrtwende verdeutlicht den wachsenden Einfluss der Generäle auf Trumps Politik – und den schwindenden Einfluss rechter isolationistischer Ideologen.
Trump dürfte sogar recht damit haben, dass ein Rückzug der USA vom Hindukusch dort ein Vakuum hinterließe, das Taliban, al-Qaida und IS nur zu gern füllen würden. Ein Abzug bedeutete also nicht nur eine militärische wie politische Niederlage, sondern auch große Sicherheitsrisiken.
Umgekehrt hat das bisherige Vorgehen des US-Militärs in Afghanistan viele Menschen überhaupt erst in die Arme der Aufständischen getrieben und diese erstarken lassen. Das könnte jetzt wieder passieren. Denn das zweite Bemerkenswerte an Trumps Rede ist die Abkehr vom politischen Ziel des Militäreinsatzes – und die Betonung der „Schlacht“.
Denn wie Trump nun erklärte, ist Nation Building nicht mehr Ziel der US-Politik. Mit anderen Worten: Demokratie, Menschenrechte, Frauenbildung und ganz allgemein ein funktionierender Staat sind für Washington in diesem Konflikt nicht mehr wichtig. Vielmehr gehe es jetzt nur noch darum, „Terroristen zu töten“. Diese Rhetorik lässt das Schlimmste befürchten. Denn während schon die Entsendung von mehr US-Soldaten zu einer Eskalation des Krieges und damit zu mehr Opfern auch in der Zivilbevölkerung führen dürfte, erhöhen die Abkehr vom Nation Building sowie Trumps rambohafte Rhetorik die Gefahr für die Menschen in Afghanistan weiter.
Trump verspricht in seiner von patriotischen Sprüchen gespickten Rede den Sieg. Dabei bleibt völlig unklar, wie er den überhaupt erreichen will. Bestenfalls wird er jetzt mit seiner Strategie, die diesen Namen nicht verdient, die militärische Niederlage hinauszögern können und damit das Problem des Afghanistankonflikts seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin hinterlassen. Schlimmstenfalls werden die USA unter Trump nach Tausenden weiteren Opfern am Hindukusch verhasster sein denn je.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist