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Kommentar Trump und „Russiagate“Es ist Zeit umzudenken

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Trump ist nicht wegen russischer Unterstützung Präsident geworden. Gegner müssen aufhören, das zu behaupten, da das dem Populisten nützt.

Nutzt das Täter-Opfer-Spiel gerne für deinen Wahlkampf: Donald Trump Foto: ap

U S-Präsident Donald Trump kriegt sich gar nicht mehr ein: Eine „vollständige und totale Entlastung“ habe der Bericht des Sonderermittlers Robert S. Mueller ergeben. Das ist nun zwar nicht wahr. Zumindest was den Vorwurf der Behinderung der Justiz angeht, enthält sich der Mueller-Bericht einer klaren Stellungnahme. Lediglich Trumps Justizminister William P. Barr schreibt in seiner kurzen Zusammenfassung, er habe entschieden, es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte, um ein entsprechendes Verfahren gegen den Präsidenten einzuleiten.

Das wundert nun niemanden, hatte doch Barr schon im vergangenen Jahr in einem 18-seitigen Statement die Auffassung vertreten, ein amtierender Präsident könne unter keinen Umständen wegen dieses Vorwurfs belangt werden. Politisch aber hat Trump dennoch recht: „Russiagate“ ist vom Tisch, er hat gewonnen.

Es macht gleichzeitig deutlich, wie sehr sich in den letzten Jahren die Maßstäbe verschoben haben. Denn auch wenn die Mueller-Ermittlungen keine Absprachen des Trump-Teams mit Russland nachweisen konnten, so stellen sie die Tatsache nicht in Frage, dass 2016 von Moskau aus mit vielfältigen Mitteln zugunsten Trumps in den US-Wahlkampf eingegriffen wurde.

Und die zahlreichen Schuldeingeständnisse und Verurteilungen früherer Trump-Vertrauter zeigen: Wie in den Jahrzehnten seines Geschäftslebens hat sich Trump auch bei seinem Einstieg in die Politik mit Kriminellen umgeben. Es gab Zeiten, da hätte das allein ausgereicht, um politische Karrieren zu beenden. Bei Trump aber ist alles anders.

Alte Narrative nähren

Seit zwei Jahren schimpft er regelmäßig über die unfaire und substanzlose „Hexenjagd“, der er sich ausgesetzt sieht. Die Mueller-Ermittlungen und das, was Trumps Justizminister daraus macht, scheinen ihn vollkommen zu bestätigen. Jedenfalls, wenn man nicht so genau hinschaut. Und das machen Trump-Anhänger eher nicht. Im Wahlkampf hatte Trump einmal gesagt, er könne sich auf die 5th Avenue stellen und jemanden erschießen, ohne auch nur einen einzigen Anhänger zu verlieren. Er hat recht.

Es gibt sehr viele gute Gründe dafür, warum Donald Trump niemals hätte US-Präsident werden dürfen. Aber es gibt eben auch Gründe, warum er es geworden ist, und die russische Unterstützung gehört nur am Rande dazu. Der Versuch, ihn mit juristischen Mitteln aus dem Amt zu jagen, nährt das Opfer-Narrativ, das sich die heutige populistische Rechte weltweit zugelegt hat. Das Ende der Mueller-Ermittlungen sollte jetzt endlich den Punkt markieren, an dem Trumps Gegner*innen aufhören sollten, dieses Narrativ zu nähren.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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18 Kommentare

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  • Ein Land, dessen Wahlberechtigte sich mehrheitlich von russischen Trollen manipulieren lassen, hat nichts besseres verdient!

  • Nun werden sich die USA mit Sicherheit auch in Russland und vielen anderen Ländern dieser Welt direkt einmischen. Historisch belegt ist zum Beispiel Italien, wo die USA einen kommunistischen Wahlsieg verhinderten. Oder der arabische Frühling.

    Ich mein zum Beispiel, warum, wenn nicht aufgrund einer Atlantikerseilschaft, wurde Friedrich Merz so gehypt in der CDU. Dessen Positionen haben doch gar keine Rückendeckung im Volk oder in der Mitgliederbasis. Niemand würde behaupten, dass es keine US Einmischung in den deutschen Wahlkampf gibt.

    Was Russland macht ist demokratisch nicht in Ordnung aber vollkommen üblich. Wenn man da ändern will muss man seine demokratschen Organe etwas abschotten. Und dann vielleicht erst mal gegen Google, Microsoft usw. Lobbyisten, die sich in unsere inneren Belange einmischen und mal demonstrativ einen Botschafter heim schicken. Bisher, als der US Botschafter Murphy gegen den Koalitionsvertrag spionierte und sich illegal Dokumente zuspielen liess, hat man den nicht entlassen, weil es so normal ist.

    • @Ansgar Reb:

      Sie müssen jahrzehntelanges CDU-Mitglied sein, um so tief in die Seelen von Merz' Parteigenossen blicken zu können (oder ein haltlos textender VTler...). ;-)

      Tatsächlich hat Angela Merkel auch parteiintern nach der Methode "Alternativlosigkeit" gearbeitet und dabei etliche Werte, die die CDU vor ihrer Kanzlerschaft noch stärker vertreten hat, deutlich in den Hintergrund rutschen lassen. Das hat ganz plausibel weit verbreitete Sehnsüchte geweckt, nach ihrem Rückzug nicht nur eine Alternative zu haben sondern sie auch in Aktion zu sehen - mal wieder "klare Kante" in tiefschwarz zu zeigen.

      Friedrich Merz war vor seiner Verdrängung durch Merkel vielleicht nicht der mächtigste Vertreter dieser Alternative - es gab noch konservativ-wirtschaftsnahe Ministerpräsidenten und Ur-Andenpaktler wie Roland Koch oder Günter Oettinger - aber auf jeden Fall der rhetorisch brillianteste und inhaltlich konsequenteste. Seit seinem Abgang gab es auch keinen jüngeren Gleichgesinnten (insbesondere nicht Spahn), der in seine Fußstapfen hätte treten können.

      Von daher ist es gar nicht nötig, dunkle Machenschaften transatlantischer Schlapphüte hinter seiner neu aufbrandenden Popularität zu vermuten.

    • @Ansgar Reb:

      Man kann es Trump nicht nachweisen, das ist alles. Immerhin ist er schlau genug Mittelsmänner und Mittelsfrauen einzusetzen. Dass es davon so viele gibt, ist das Problem.

  • "Es gab Zeiten, da hätte das allein ausgereicht, um politische Karrieren zu beenden. Bei Trump aber ist alles anders."

    Und wann war das?

    Das Kennedys Vater, mit dessen Geld die Kinder in die Politik einsteigen, mindestens mittelbar durch Geschäfte mit dem Chicago Outfit Teile seines Vermögens erwirtschaftet hat, war auch damals bekannt.

    • @Sven Günther:

      Trumps Großvater machte seine Kohle im Rotlicht, sein Vater in Immobilien.

      Passt.

  • Die russischen Trollfarmen und ihre massive Facebook-Propaganda werden ihm sehr wohl geholfen haben.

    Und das amerikanische Wahlsystem - nach Stimmen hat er die Wahl ja nicht gerade gewonnen.

    Daß er nicht direkt von Putin finanziert wurde, heißt nicht, daß es keine russische Schützenhilfe gab, oder daß Rußland kein kompromittierendes Material über ihn hat.

    Warten wir doch erst mal ab, bis der Bericht öffentlich vorliegt.

    • @kditd:

      Sind wir ehrlich: Selbst wenn der Bericht russische Manipulation bestätigen würde, kann man die Trump nach diesem Ermittlungsergebnis nicht anlasten. Er hat nichts Nachweisbares verbrochen.

      Man kann allenfalls hoffen, dass die Demokraten bei der nächsten Wahl Mittel und Wege finden, die Wähler davon abzuhalten, ausländischen Meinungsverdrehern auf den Leim zu gehen. Die Wähler aber sind frei in ihrer Entscheidung, selbst wenn sie davor von Marsmenschen etwas eingeflüstert bekommen haben. Und wenn eine ausreichender Teil der Bevölkerung in einer ausreichenden Zahl von Staaten für solche Einflüsterungen empfänglich ist, dann entscheidet das eben die Wahl. Ein anderes Volk wählen geht nicht, und mehr als aufklären geht auch nicht (wir versuchen doch auch, z. B. für Russen verständlich zu machen, dass sie allenfalls ein Demokratietheater vorgespielt bekommen - ein lupenreines, versteht sich...).

    • @kditd:

      Aber Sie haben schon mal die Richtung vorgegeben :-)

      Sollten die bis jetzt durchgesickerten Zahlen zu den "Trollen" stimmen, haben sie lächerlich wenig getan...

  • Alles nutzt nichts, solange sich alle Parteien, auch die linken, als Handlanger des Neoliberalismus gebärden. Solange die Rechten als Schmuddelkinder gelten, ziehen sie jene an, die mit dem alternativlosen Umschichten von unten nach oben nicht einverstanden sind. Man hofft, wenn man schon niemanden hat, der den Neoliberalismus abdreht, doch zumindest jene, die ihn betreiben, zu schwächen.

  • "Zumindest was den Vorwurf der Behinderung der Justiz angeht, enthält sich der Mueller-Bericht einer klaren Stellungnahme."

    Wenn dem so ist, dann tu ich es: auch ohne den Bericht zu kennen: beim Vorwurf der Justizbehinderung drehte sich alles um die Entlassung des damaligen FBI Chefs Comey. Und damals übten sowohl hochrangige Demokraten wie auch Republikaner Druck auf Trump aus Comey zu entlassen. Entscheidend aber: Vizejustizminister Rosenstein erarbeite ein Memo, daß Comeys Verfehlungen aufführte und Trump dessen Entlassung empfahl - was dieser auch umsetzte. Kurz: hätte Trump Comey NICHT entlassen, dann wäre der Vorwurf Justizbehinderung unter Umständen vielleicht sogar stichhaltig.

    "Politisch aber hat Trump dennoch recht: „Russiagate“ ist vom Tisch, er hat gewonnen."

    Möglich, aber zu schön um wahr zu sein. Befürchte eher, daß die Demokraten "Russiagate", wenn überhaupt, erst vom Tisch nehmen, wenn der komplette Bericht veröffentlicht wurde. Und dies kann wegen rechtlicher Fragen Monate dauern. Ferner: meine Glaskugel sagt mir, daß Mueller demnächst vor das "House" vorgeladen wird, um öffentlich und unter Eid Fragen zu seiner Ermittlung zu beantworten.

    Und dann gibt es natürlich noch die "Pro Trump Republikaner", die wissen werden wollen wie es zu "Russiagate" überhaupt erst kommen konnte. Wieder kurz: "Russiagate" wird noch lange in der US Politik wichtig bleiben; halt nur mit dem Unterschied, daß Trump und Umfeld vom Haken sind.

    "Es gibt sehr viele gute Gründe dafür, warum Donald Trump niemals hätte US-Präsident werden dürfen."

    Nun ja..... Mag ja sein. Aber er wurde nun mal gewählt. Get over it !

  • Sag ich schon lange:



    Sexisten, Revisionisten, Verachter und Ignorantentum wie Klimaänderungsleugner....

    Egal ob für Trump oder AfD: Das sind alles keine Gründe jemanden vom Platz zu stellen. Denn dierote Karte zeigt meist allein der Wähler, und da muss man halt mal einen Inhalt für die produzieren oder minimalst mal eine inhaltliche Bloßstellungskampagne...



    Apropos, wie steht die AfD eigentlich derzeit zu allen Themen, außer dass es zu viel Ausländer auf der Welt gibt? Kann man ja mal als Medien nachfassen und nicht wieder bis zum ZDF Sommerinterview warten wo der Gauland anfängt zu sagen wir sind ja noch eine junge Partei usw. und da dauert das halt ...

  • 9G
    90857 (Profil gelöscht)

    Ach, und wer darf bzw. sollte sich jetzt an die eigene Nase fassen?

    Der Artikel tut es jedenfalls nicht, und selbst der letzte Absatz mit eben diesem Aufruf zum "aufhören" bleibt diffus in seiner dann doch angedeuteten russischen Unterstützung.

    Nun mal Butter bei die Fische, wie konkret sollte es nach dem "Aufhören" denn nun weiter gehen? Vielleicht mit Ironie?

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  • „Trump ist nicht wegen russischer Unterstützung Präsident geworden.“

    Das schließt dann folgerichtig auch eine klare Entlastung Russlands hinsichtlich des Vorwurfs ein, auf die Präsidentschaftswahlen in Amerika entscheidend Einfluss genommen zu haben. Also sollte man dann doch bitteschön auch aufhören, weiterhin immer noch das Gegenteil zu behaupten.

    • @Rainer B.:

      Russland wird durch den Muller-Report nicht ent-, sondern belastet. Lediglich eine direkte Beteiligung Trumps an den russischen Manipulationsversuchen lässt sich nicht nachweisen.

      • @PPaul:

        Dann wäre der Satz: „Trump ist nicht wegen russischer Unterstützung Präsident geworden“ nicht korrekt.



        Was man bislang vom Mueller-Report lesen konnte, sind doch nur Zusammenfassungen von Leuten aus dem US-Regierungsbetrieb.



        „Der Bericht komme nicht zu dem Schluss, dass der Präsident ein Verbrechen begangen habe, er entlaste ihn aber auch nicht, hieß es in der vierseitigen Zusammenfassung von Justizminister William Barr an das Parlament.“

    • @Rainer B.:

      Der Einfluss war bestimmt nicht entscheidend. Schon weil das bisher Bekannte dazu zu mickrig ist. Aber vorhanden war die Unterstützung für Trump schon und kein Land sollte so etwas tun. Allerdings ist es auch etwas lächerlich, wenn sich ausgerechnet ein Land beschwert, dass sich permanent in anderen Ländern einmischt. Bis hin zum bewaffneten Eingreifen.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Die USA befinden sich mit Trump, auf Höhe der Zeit. Politisch, wie auch geschichtlich gesehen, wird man diesem Milliardär mit deutschen Wurzeln einiges nachsagen, aber nicht, er hätte Verrat an der Verfassung begangen. Und das stört.