Kommentar Todesstrafe in Weißrussland: Putins gnadenloser Freund

Schon wieder hat Weißrussland einen Menschen hingerichtet. Kritik der EU wird nicht fruchten, weil Lukaschenko sie nicht braucht.

Ein Mann im Anzug hebt eine Tasse wie zur Prost-Geste

Hinrichten und Teetrinken: Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko Foto: dpa

Zum ersten Mal in diesem Jahr ist in Weißrussland wieder ein Mensch hingerichtet worden. Gnade gibt es dort für verurteilte Mörder nicht. In zwanzig Jahren hatte Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko nur ein einziges Mal Gnade walten lassen – bei über 400 Todesurteilen. Es ist zu befürchten, dass bald zwei weitere Menschen in Belarus hingerichtet werden. Gemeinsam mit dem türkischen Todesstrafenbefürworter Erdoğan macht Präsident Lukaschenko die Todesstrafe salonfähiger.

Europarat und EU haben die Hinrichtung von Sergei Ostrikow kritisiert. Überzeugend ist das Eintreten der Europäer für Menschenrechte in Weißrussland aber nicht: Zu gern würde man dem weißrussischen Diktator die Schmutzarbeit bei der Migrationspolitik überlassen und ihm Abschiebegefängnisse finanzieren.

Doch aus einem anderen Grund wird die europäische Kritik an Lukaschenkos Regime nichts fruchten: Politisch überleben kann der Diktator nur, wenn er ständig die Angst wachhält. Seine Bevölkerung fürchtet die schwarzen Wagen des Geheimdienstes, die immer wieder missliebige Personen verschwinden lassen.

Das autoritäre Weißrussland hat nach Angaben von Menschenrechtlern zum ersten Mal in diesem Jahr ein Todesurteil vollstreckt. Der Mann aus der Stadt Gomel wurde Mitte April erschossen, wie die Menschenrechtsorganisation Wesna am Freitag in der Hauptstadt Minsk mitteilte.In der Ex-Sowjetrepublik warten nach Angaben der Organisation zwei weitere Männer auf Vollstreckung ihres Todesurteils. Weißrussland ist das letzte europäische Land, in dem noch Todesstrafen vollstreckt werden. Im vergangenen Jahr wurden vier Menschen hingerichtet. (dpa)

In Minsk hat der Geheimdienst den Namen KGB behalten. Und im Gegensatz zu Moskau wurde die Statue des Gründers der berüchtigten Geheimpolizei Tscheka, der Vorläuferorganisation des KGB, Felix Dzerschinski, nicht geschleift. Dieser sieht weiter von seinem Podest auf das KGB-Gebäude im Minsker Zentrum.

Solange Lukaschenko die Unterstützung Moskaus hat, kann er Kritik aus der EU an sich abtropfen lassen. Moskau hält ihn mit Milliardenkrediten und militärischen Stützpunkten an der Macht. Und das ist für Lukaschenko wichtiger als gute Beziehungen zur EU. In Moskau beobachtet man genau, was in Weißrussland passiert. Bei einer neuen Diskussion über die Todesstrafe wird sich Moskau eher an den Nachbarn Weißrussland und China als an Europa orientieren.

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Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

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