Kommentar Weißrussland: Sanktionen müssen bleiben
Die Wahl in Weißrussland hat mit Demokratie nichts zu tun. Trotzdem denkt die EU ernsthaft darüber nach, die Sanktionen aufzuheben.
W eißrusslands Dauerherrscher Alexander Lukaschenko kann gleich mehrfach triumphieren. So hat er bei den Präsidentenwahlen am Sonntag – natürlich völlig überraschend – zum fünften Mal in Folge einen haushohen „eleganten“ Sieg eingefahren. Und nun denkt die Europäische Union allen Ernstes darüber nach, ihre Sanktionen, die seit 2011 in Kraft sind, zunächst zu lockern, um sie dann ganz aufzuheben.
Sind die Verantwortlichen in Brüssel noch bei Trost? Ja, Lukaschenko hat mittlerweile alle politischen Gefangenen freigelassen, was immer eine Forderung der EU war. Ja, er hat die Chance klug genutzt, als Mittler in der Ukraine-Krise aufzutreten: indem er den verhandelnden Parteien für ihre Gespräche in Minsk PR-wirksam mehrfach Asyl gewährte und nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland dessen Präsidenten Wladimir Putin nicht lautstark applaudierte.
Das ist zwar nicht nichts, aber fast auch schon alles auf der Habenseite. Denn die Abstimmung vom Sonntag – wie alle Bekundungen des Volkswillens unter Lukaschenko – hatten mit einer wirklichen Wahl nichts zu tun. Die drei Gegenkandidaten waren Staffage und hatten nie die Chance, ihre Botschaft an das Wahlvolk zu bringen.
Und der Umstand, dass die Staatsmacht diesmal nicht wie noch 2010 mit brutaler Gewalt die Massenproteste gegen das Wahlergebnis niederschlug, hat nichts mit einem Gesinnungswandel Lukaschenkos zu tun, sondern damit, dass es kaum Proteste gab.
Doch einmal abgesehen von den Pseudowahlen, wovon reden wir eigentlich? Zum Beispiel davon, dass in Weißrussland als einzigem Land in Europa immer noch die Todesstrafe vollstreckt wird. Dass von Presse- und Versammlungsfreiheit keine Rede sein kann und Oppositionelle nach wie vor massiven Repressionen ausgesetzt wird. Das das so ist, dafür soll Lukaschenko belohnt werden? Es ist absurd!
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