Kommentar Terror in Tunis: Mitten ins Herz
Tunesien war das Vorzeigeland des Arabischen Frühlings. Aber mit der wirtschaftlichen Krise kommt auch der Terror zurück.
E in dreister Anschlag von mindestens zwei Angreifern mit Kalaschnikows vor dem tunesischen Parlament am helllichten Tag, eine Geiselnahme mitten in der Hauptstadt, im touristischen Höhepunkt von Tunis, dem Bardo-Museum, das als Heckenschutz dient.
Der Anschlag könnte strategisch nicht besser gesetzt, von der Wirkung nicht besser geplant werden. Die bärtigen Terroristen, die sich seit langem an der Grenze zu Algerien Gefechte mit den Sicherheitskräften liefern – 60 Polizisten sind bereits gestorben –, sind nun ins demokratische Zentrum vorgedrungen.
Sie verbreiten Schrecken und Chaos, töten Unschuldige, nehmen Touristen als Geiseln. Ein Angriff auf die Sicherheit und Zuversicht der Menschen, auf die junge Demokratie, aber auch auf die wirtschaftliche Stabilität des gebeutelten Landes, das Touristen so dringend braucht.
Tunesien mit seiner aufgeklärten Mittelschicht und republikanischen Tradition hat sich bislang gut geschlagen im Reigen der arabischen Staaten. Dem Verfall des Nachbarn Libyen nach dem Sturz des Diktators wurde hier eine demokratisch gewählte Regierung und eine lebendige Zivilgesellschaft entgegengesetzt. Der salafistische Terror, der immer wieder aufflackerte, wurde gut in Schach gehalten.
Aber das radikale Destabiliserungsszenario wildgewordener Einzelkämpfer wundert nicht wirklich: terroristische Zellen, lebensmüde Einzelkämpfer, sie vermehren sich gut auf dem Nährboden wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und unter dem Einfluss von Hasspredigern. Auch wenn sie von der großen Mehrheit der Gesellschaft genauso radikal abgelehnt werden.
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