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Kommentar „Tag X“ im Hambacher ForstAuf die Bäume

Martin Kaul
Kommentar von Martin Kaul

Im Hambacher Forst werden demnächst Aktivisten alte Bäume verteidigen. Sie wollen den Wald in die Nachkohlezeit retten.

Haben den Hambacher Forst zu einem politischen Symbol gemacht: Aktivisten im Wald Foto: reuters

S ie behaupten, „Tag X“ ist da. Das ist politisch riskant – und eine klare Ansage. Umweltgruppen, Bürgerinitiativen und radikale Baumschützerinnen und Baumschützer haben im Hambacher Forst den großen Kampftag ausgerufen. Das bedeutet: Ökos, hört die Signale, jetzt geht es los.

Was damit einhergeht, ist die Eskalation eines seit Jahren schwelenden Konflikts, der in den kommenden Wochen mutmaßlich einen neuen Höhepunkt erleben wird. Das Szenario ist unter Aktivistinnen und Aktivisten abgestimmt und ausgetüftelt: Militante Umweltanarchos, die sich im Wald verbuddelt und versteckt halten, verjagen die Polizei. Friedliche Sitz- und BaumblockiererInnen ketten sich an Bäume, singen Lieder; in den Kirchen wird gebetet. Und im Laufe der kommenden Wochen folgt dann eines auf das andere: immer neue Protest- und Störaktionen, bis am ersten Oktoberwochenende voraussichtlich Tausende Menschen in den Wald drängen. Die Massenmobilisierung hat begonnen. Wer jetzt noch Kohlegegner werden will, muss hurtig in den Hambacher Forst reisen.

Es waren renitente Anarchistinnen und Anarchisten, die mit einer ausgeprägten Liebe zu Sojamilch und Erdnussbutter aus dem Waldstück zunächst einen eigenen Lebensraum machten und dann, zur Überraschung vieler, auch ein politisches Symbol. Heute äußern sich zahlreiche Gruppen, bis hin zur Polizeigewerkschaft, skeptisch über das Vorhaben, noch Bäume abholzen zu lassen, um Kohle zu verbrennen. Das hat viele Gründe: Manche lieben alle Bäume aus Prinzip. Andere sehen nicht ein, dass die Pflanzen einer Technologie ohne Zukunft weichen sollen. Und wieder andere halten, pragmatisch, die für eine Rodung notwendigen Polizeimaßnahmen schlicht für unverhältnismäßig.

So sind die noch verbleibenden Hektar Baumbestand am Rande der riesigen Kohlegrube inzwischen zum wohl umkämpftesten Waldstück der Republik geworden, wenn es um den Umgang mit der Kohle, um die Energiepolitik und den Klimawandel geht.

Wie einst bei den berühmten Castortransporten im Wendland wollen die AktivistInnen heute die geplante Rodung des Forsts durch den Betreiber RWE vor allem möglichst teuer ausfallen lassen. Am Beispiel dieses Waldes wollen sie die Antwort auf die Frage erzwingen, wie viel es der Gesellschaft wert ist, trotz eines absehbaren Endes der Kohleverstromung weiterhin Bäume zu fällen.

Ein politisches Faustpfand ist der Wald, weil inzwischen alle begriffen haben, dass es diese übergeordnete Frage ist, die im Hambacher Forst nun verhandelt wird. Das ist der Grund, weshalb an seinem Schicksal die Arbeit der Kohlekommission scheitern könnte, die einen Konsens zur Zukunft der Energiepolitik erarbeiten soll. Das ist auch der Grund, weshalb RWE auf sein Recht besteht, die Bäume zu fällen. Und das ist der Grund, weshalb Klima- und Umweltschützer dies mit allen möglichen Mitteln verhindern wollen.

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Martin Kaul
Reporter
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6 Kommentare

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  • Wenn man dann noch liest dass Windkrafträder gedrosselt werden müssen weil die Kohlekraftwerke zuviel Energie erzeugen kann man sich nur noch an den Kopf langen.



    Statt Kohlekraftwerke nur noch als Flautenabsicherung bereitzuhalten wird einfach mal lustig weiter der Dreck in die Luft geblasen und zum Ausgleich ein Wald gefällt.

  • Wo sind die GRÜNEN, die sich doch so für Wald und Natur einsetzen? Die GRÜNEN sind die TOTALVERSAGER in Sachen Kohleabbau und Rettung des Waldes...ROT/GRÜN in NRW hat weiter Braunkohle- Abbau gefördert und subvensioniert...Das ist das Versagen der Linken und Grünen Schwätzer...Hut ab trotzdem für die Robin Hood Aktion zur Rettung des Waldes...Ändern wird sich das leider nicht...Eine Schande ist das...

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Mein Respekt gilt den Aktivistinnen und Aktivisten, die im Wortsinn Kopf und Kragen riskieren um diese Rodung zu verhindern.

    Für mich ist das leider nichts mehr. Ich habe "Knie" und ich habe "Rücken", außerdem überschreitet mein Gewicht das zugelassene Höchstgewicht einer Plattform in einem Baum.

    Zu meiner Ehrenrettung möchte ich sagen, dass ich in Gorleben, an der Startbahn West und in Wackersdorf versucht habe, den Bau menschenfeindlicher Technologien zu verhindern. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.

    Liebe Besetzerinnen und Besetzer: Lotta continua!

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Auch ich wünsche denen eine "Freie Republik Hambach" wie damals in Gorleben die FRW.



      Ich habe damals noch Schule blau machen müssen dafür und ein Jahr fürs Abi dann dranhängen. Letztendlich hat sich das dann ja doch irgendwann mal in der Politik als Erfolg niedergeschlagen.

      Nur fürchte ich, dass beim drohenden Kippen des Klimas ein so langer Atem für die Braunkohlegegner nix bringt, das Ende dieses Blödsinns muss noch schneller kommen als das Ende des Kernkraft.

  • Ein Wald ?



    Einfach nur ein Wald ???



    Nein!



    Der Hambacher Forst ist der letzte Rest eines riesigen Urwaldartigen Alten Waldes.



    Er ist ein Naturdenkmal erster Güte.



    Eine der hochwertigsten Naturflächen in NRW.



    Es gab nur einen Grund für die Fällgenehmigungen: es war im überragenden öffentlichen Interesse, weil sonst das ganze Land an Strommangel zugrunde gegangen wäre.



    Ja, und jetzt ist dieser Grund eigentlich weg.



    Oder, man erkennt, dass das schon immer Quatsch war.



    Da wäre es doch angemessen, die Fällgenehmigung zu widerrufen.



    Passiert aber nicht...

  • es ist schon tragisch, dass dieses Stück Wald nun einer völlig überholten Technologie wegen, weichen soll. Ein Protest hier, könnte auch ein Zeichen der Wende sein. Es ist genug.