Kommentar Soli-Demos für Greenpeace: Wie ein beleidigtes Kind
Der Kreml reagiert auf die internationale Solidarität mit den inhaftierten Aktivisten trotzig. Diese narzisstische Haltung führt mindestens in die Selbstisolation.
D er weltweite Protest gegen die Inhaftierung der Greenpeace-Aktivisten in Russland an diesem Wochenende war ein wichtiger Akt internationaler Solidarität. Er hat dem Kreml gezeigt: Es gibt so etwas wie eine gemeinsame Wertebasis jenseits der russischen Grenzen, mag Moskau sie auch grundsätzlich aus egoistischen Interessen infrage stellen.
Auch die Entscheidung der Niederländer, das UN-Tribunal für Seerecht um Hilfe anzurufen, war ein offensiver Schritt zur Verteidigung eines gemeinsamen Rechtsverständnisses. Bezeichnend, dass ein kleiner EU-Staat Flagge zeigt, während die großen Nationen vor dem sich zunehmend aggressiver gebärdenden Unrechtsregime Wladimir Putins weiche Knie bekommen und kuschen.
Wer allerdings hofft, der Kreml ließe sich davon beeindrucken, täuscht sich. Recht ist, was Russland nützt, das ist Moskaus Haltung. Wie können die Niederländer es wagen, vor Gericht zu ziehen! Statt auf Klärung zu warten, feuert Russland Breitseiten ab. Der Kreml ist beleidigt.
Nichts macht das deutlicher als die typische Retourkutsche in solchen Fällen: Moskau hätte weitaus mehr Gründe, die Niederlande zu belangen, als umgekehrt. Das ist ein kindisches Verhalten, Verantwortung ist ihm fremd. So reagieren Leute mit schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen. Das Krankheitsbild: pathologischer Narzissmus.
Solche Patienten zwingen der Umwelt den eigenen Willen auf. Je mehr Verständnis diese aufbringt, desto gnadenloser wird mit ihr umgesprungen. Diese Wahrnehmung basiert auf einer dualistischen Logik, die die Welt in „Wir“ gegen die „Anderen“ einteilt.
Schon aus Eigeninteresse sollte Russland diese Haltung überwinden. Sonst droht nach der jetzt immer größer werdenden Selbstisolation, in die Putin Russland hineinmanövriert, noch die Selbstzerstörung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind