Kommentar #SaveRahaf: Schlag gegen die Gender-Apartheid

Rahaf al-Kunun lehnte sich gegen das extreme Patriarchat in Saudi-Arabien auf und musste deshalb fliehen. Europas Reaktion fehlt.

Rahaf Mohammed al-Kunun steht zwischen zwei Männern

Hat es geschafft, ihren Fall zu einem Politikum zu machen: al-Kunun am Montag in Bangkok Foto: Immigration Police/ap/dpa

Die thailändischen Behörden haben Rahaf Mohammed al-Kunun auf Geheiß der saudischen Vertretung den Pass abgenommen. Schlauer wäre es wohl gewesen, sich ihres Mobiltelefons zu bemächtigen. Die Handyvideos der 18-Jährigen aus Saudi-Arabien, die sich in ihrem Hotelzimmer verbarrikadiert und die Welt anfleht, ihr Asyl zu gewähren, lösten auf Twitter ein gewaltiges Echo aus.

Warum? Es geht um weit mehr als nur den Einzelfall einer jungen Frau, die ihren gewalttätigen Verwandten und einer arrangierten Ehe entfliehen will. Es ist kein Familiendrama. Die Kampagne #SaveRahaf steht stellvertretend für die Gender-Apartheid in Saudi-Arabien. Saudische Frauen werden nie erwachsen, sie stehen unter der Vormundschaft des Vater, Bruders, Ehemannes, Onkels oder Sohnes. Sie sind Mündel, ein Leben lang.

Rahaf Mohammed al-Kunun lehnt sich gegen diese extreme Form des Patriarchats auf. Gelingt ihr die Flucht, wird das Tausende andere Frauen bestärken, die sich seit Langem gegen die Vormundschaft zur Wehr setzen. Bisher wurden zumeist Fälle bekannt, in denen Frauen, die abgehauen waren, zurückgebracht wurden. Deshalb ist dieser Einzelfall wichtig.

Man wundert sich, dass die Europäer, die doch stets das Fähnlein für Frauenrechte so hoch halten, nicht Schlange stehen, um al-Kunun Asyl anzubieten. Offenbar sorgen die lukrativen Geschäfte mit den Saudis noch immer für eine gewisse Beißhemmung. Vor allem aber zählt nach wie vor die Verfolgung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts weit weniger als es andere Fluchtgründe tun.

Rahaf Mohammed al-Kunun verlässt sich nicht darauf, dass sie aufgrund ihrer Unterdrückung als Frau Asyl bekommt. Vorsichtshalber hat sie auch gleich noch dem Islam abgeschworen. Darauf steht in Saudi-Arabien die Todesstrafe. Kein Land wird sie nun mehr so leicht abschieben können. Das war auf jeden Fall ein geschickter Schachzug. Diese 18-Jährige ist eine ausgesprochen schlaue junge Frau. Und einen ersten Sieg hat sie bereits errungen: Ihren Pass hat sie zurückbekommen.

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