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Kommentar Rückeroberung von PalmyraEin Sieg auch über die Opposition

Kommentar von Karim El-Gawhary

Einmal mehr haben das syrische Assad-Regime und sein russischer Verbündeter ihre Karten klug ausgespielt. Die Botschaft ist klar.

Freuen sich über die Rückeroberung von Palmyra: Assads Truppen Foto: ap

D ie Eroberung Palmyras ist eine unbestreitbar positive Entwicklung: Wer wollte nicht, dass die Dschihadisten vertrieben und das Weltkulturerbe des ostsyrischen Ortes gerettet werden? Doch dieser Sieg ist auch einer des Regimes in Damaskus – wie es der syrische Kultusminister zusammenfasst: Die ganze Welt schulde dem syrischen Präsidenten und Führer Dank, weil er die Altertümer schützen ließ.

Die syrische Opposition steht den neuen Eroberungszügen skeptisch gegenüber. „Palmyra, das von einem Assad-Regime erobert wird, ist wie ein Warschau, das von den Sowjets ‚befreit‘ wird“, fasst der Tweet eines Oppositionellen das zusammen. Für sie ist Palmyra dabei nicht nur der Standort einzigartiger antiker Baudenkmäler, sondern auch der des berüchtigtsten Gefängnisses Assads: Palmyra war der Gulag der syrischen Diktatur.

Als effektiver Partner im Kampf gegen den IS und damit als Alternative im Antiterrorkampf kann die Opposition sich nun erst recht nicht mehr präsentieren. Zu sehr ist sie in den letzten Monaten geschwächt worden, durch dieselben russischen Kampfjets, die nach einer vereinbarten Waffenpause mit den Rebellen nun endlich massiv gegen IS-Stellungen Angriffe fliegen.

Das Regime und seine Partner nutzen die vereinbarte Feuerpause mit den Rebellen, um diesmal Territorium nicht von diesen, sondern vom IS zurückzuerobern. Das verbessert sicherlich das internationale Standing Assads als Bollwerk gegen den Terror und damit auch seine Position bei zukünftigen Friedensverhandlungen in Genf.

Einmal mehr haben das Regime und sein russischer Verbündeter ihre Karten klug ausgespielt. Die Botschaft ist klar: Ohne uns geht in Syrien gegen den IS nichts, und deshalb kann es nur eine politische Zukunft mit dem Regime geben. Insofern haben sich die Gewichte in den letzten Tagen nicht nur militärisch gegen den IS, sondern auch politisch gegen die syrische Opposition verschoben.

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10 Kommentare

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  • Ich denke auch, dass das "Warschau"-Zitat aus den Kreisen der syrischen "Opposition" (welche?) deutlich macht, dass diese kaum besser sein dürfte wie IS, Putin und Assad.

  • Hier in der 'taz' lebt immer noch der Traum vom Regime-change durch einen Volksaufstand, der doch nur eine Illusion ist. Ich denke, die taz sollte öfter mal die Grundfrage 'cui bono' (wem nützt es) stellen; kritischer Journalismus ist das hier nicht grade!

  • Zitat: "Ein Sieg auch über die Opposition"

     

    Gegen welche "Oppostion"den genau?

     

    Die Kurden werden von Assad als Verhandlungspartern akzeptiert aber vom Westen vom Politische Prozess ausgegrenzt, der Türkei wegen.

     

    Der Kommentator meint vieleicht die Opositon in der Form wie sie in Genf zu Verhandlungen kommen will.

     

    Verhandlungsführer bei denen ist übrigens jedemad von der Salafistischen Terrororganisation "Armee des Islam".

     

    Siehe auch: https://en.wikipedia.org/wiki/Jaysh_al-Islam

    http://www.bbc.com/news/world-middle-east-35364114

     

    Das die nicht wie IS und Al Nusra vom Westen als Terrorganisation anerkannt werden ist sehr sicher alleine ein Entgegenkommen den Saudis und Katar gegenüber .

     

    "Spezilaität" der "Armee des Islam" war übrigens die Käfighaltung von als Geiseln gehaltenen alawitischen Zivilisten zu Schutz gegen Luftangriffe.

     

    Wenn das also die Oppositon ist die der Kommentator meint -- dann meine ich das sehr gut ist wenn der Sieg in Palmyra auch ein Sieg über die Opposition ist.

  • "Die syrischen Regierungstruppen haben Palmyra zusammen mit der Volksmiliz „Wüsten-Falken“ wieder gänzlich unter ihre Kontrolle gebracht."

    so ließt sich das auf sputnik.da ist keine russische propaganda im gegenteil das mitwirken von aufständischen truppen wird sogar betont.seitdem waffenstillstand haben sich viele opositionelle gruppen dem kampf gegen den is angeschlossen.auf initiative russischer offiziere vor ort wurden in vielen städten die zivilen stukturen in den friedesprozess eingebunden und der prozess entwickelt zusehens eine eigendynamik,ausser da wo der westen noch waffen gegen assad liefert.wasser und stromleitungen kennen keine frontlinie.wird das gewürdigt?nein,weil nicht wahr sein kann was nicht wahr sein darf.wer am bild vom bösen russen rüttelt ist ein schechter deutscher jounalist,von denen es bei der taz schon ganz schön viele gibt.

  • Ist der multilaterale "Syrien-Konflikt" bereits Teil des neuen Weltkriegs? In diese Richtung jedenfalls gehen John Pilgers Überlegungen - lesenswerter, als die allermeisten Kommentare der deutschen "Qualitätsmedien": http://www.counterpunch.org/2016/03/23/a-world-war-has-begun-break-the-silence/

  • Ein Detail nur: die Rückeroberung Palmyras durch Regierungstruppen sei "wie ein Warschau, das von den Sowjets ‚befreit‘ wird“, wird ein "Oppositioneller" - zustimmend ? - vom Kommentator zitiert. Es zeigt, wes' Geistes Kinder hier schreiben. Denn natürlich wurde Warschau von den Sowjets befreit, nachdem die Deutschen es 1939 bombardiert, dann Hunderttausende seiner Bewohner umgebracht und schließlich große Teile der Stadt dem Erdboden gleich gemacht haben. Im Vergleich dazu ist die Befreiung Palmyras nur eine Fußnote, aber zur Zeit wichtig genug, um uneingeschränkt begrüßt werden zu können. Oder hätten in Warschau die Nazis, in Palmyra die Daesh weiter morden sollen ? Der Kommentator ist eine Antwort schuldig.

  • Besser Assad als IS. Im übrigen waren jene Juden, die in Warschau bis zur Befreiung überlebt haben, sehr, sehr froh an den Sowjets.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Gab es 1945 überhaupt noch Juden in Warschau? Es gab ja kaum noch Polen, die sie hätten verstecken können. Ansonsten gebe ich ihnen Recht.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ja, gab es.

  • 7G
    77920 (Profil gelöscht)

    Damit sind die Fronten ja geklärt:

     

    „Palmyra, das von einem Assad-Regime erobert wird, ist wie ein Warschau, das von den Sowjets ‚befreit‘ wird“