Kommentar Rechtsstreit um Einsatzkosten: Mehr Chaos als Ordnung

Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat entschieden: die DFL muss die Polizei für ihren Dienst bei einem Risikospiel bezahlen. Wo führt das hin?

Polizisten und Polizistinnen stehen mit dem Rücken zur Kamera auf einem Platz. Im Hintergrund sieht man ein Stadion

Po­li­zis­t*in­nen beim Spiel Werder – HSV im November 2015. Sollte die DFL für diesen Einsatz zahlen? Foto: dpa

Das Urteil vom Bremer Oberverwaltungsgericht wirft jede Menge verstörende Fragen auf. Die Richter bewerteten den Gebührenbescheid der Polizei Bremen an die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in Höhe von letztlich 415.000 Euro für rechtens. Die Rechnung bezog sich auf den nicht in Auftrag gegebenen Sicherheitsservice beim Spiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV im Jahre 2015.

Begründet wurde die Entscheidung mit der individuellen Zurechenbarkeit der Kosten. Wäre das Sicherheitspaket aber nicht auch für 300.000 Euro zu haben gewesen? Hat die Polizei mit ihrem martialischen Auftreten nicht erst Gewaltausschreitungen begünstigt? Das sind Fragen, die bislang die Ultras formuliert haben und die nun wohl bald auch von ihren Erzfeinden, den DFL-Funktionären, gestellt werden.

Wenn die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols eine finanzielle Obergrenze hat, darf dann die DFL künftig eine von Hartz IV bezahlte Armee aufstellen, um die Sicherheit fürs private Vergnügen rund um die Stadien preiswerter zu gewährleisten? Warum sollte die DFL nur die Bremer Rechnung zahlen, wenn sich auch andere Bundesländer vor derlei Gebühren scheuen? Bleibt die Rechnung dann an den Klubs hängen und führt zur Wettbewerbsverzerrung? Und was bedeutet das Urteil für kulturpolitische Veranstaltungen, welche die größer werdende Zahl rechter Wutbürger auf die Barrikaden treiben? Wo beginnt da die Kostengrenze?

Die Vielzahl der offenen Fragen verdeutlicht: die Entscheidung der Richter, die explizit mit der Bremer Gesetzgebung begründet wird, sorgt eher für Chaos als für Ordnung. Auf lokaler Ebene lässt sich eine Grundsatzfrage nur unbefriedigend lösen.

In der nächsten Instanz, beim Leipziger Bundesverwaltungsgericht, wird man es sich nicht so einfach machen können. Die DFL ­indes sollte sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Angesichts des florierenden Geschäfts müssen Investitionen in die Gewaltprävention selbstverständlich sein.

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Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

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