piwik no script img

Kommentar Präsident Donald TrumpUnmöglich, sich abzuwenden

Kommentar von Silke Burmester

Das Phänomen Trump ist das erschrockene und anregende Staunen über einen zivilisatorischen Totalschaden. „Reality TV“ in der Realität.

Es ist, als würden die Geissens aus dem Fernseher steigen und eine Bedeutung in der Welt bekommen Foto: dpa

J eder bekommt den Präsidenten, den er verdient. So viel steht fest. Dumm nur, dass noch keine Mauer um die Vereinigten Staaten steht, die den Rest der Welt vor ihrem Staatsoberhaupt schützt. Deren Unheil wird auch unser Unheil, das scheint sicher.

Wollen wir also auf das Positive gucken, das die kommende Präsidentschaft von Donald Trump schon im Vorfeld mit sich gebracht hat und das uns wie ein LSD-Rausch durch den Alltag tragen wird: der Unterhaltungswert.

Natürlich kann das basse Staunen, die Faszination am Grusel, das Sichergötzen am Gefühl der Ungläubigkeit den Schrecken und die Abscheu nicht ausgleichen, die Worten und Taten dieses Mannes folgen werden. Aber ein wenig gespannte Erwartung dessen, was kommt, darf schon sein.

Denn immerhin liefern dieser 70-Jährige, seine Familie und das politische Kabinett des Schreckens, das er formiert hat, genau das, was Millionen von Menschen zum Assi-TV von RTL treibt: die Möglichkeit, Menschen zuzuschauen, wenn niemand sie vor sich selbst schützt.

Faszinierender Grusel

Donald Trump und seine Familie sind „Dschungelcamp“ und „Die Geissens“ in einem. Sie sind „Frauentausch“ und „Schwiegertochter gesucht“ und „Berlin Tag und Nacht“. Was sonst mühsam von Leuten, die sich den Kopf am Grenzzaun von Köln-Deutz verletzt haben und nun mit auslaufender Hirnflüssigkeit „Reality-Formate“ scripten, ausgedacht wird, schüttelt der Meister der Entgleisung aus dem maßgeschneiderten Ärmel.

Müssen im „Reality TV“ F-Promis erst durch Nahrungsentzug und Krabbeltier dahin gebracht werden, ihre tiefe innere Verwahrlosung den Zuschauern zu offenbaren, reicht bei Trump ein Mikro. Ein ­Mikrofon auf einem Podest oder eingebettet in ein kleines Gerät, und der Mann lässt vom Stapel, was die Schlüpferscripter von RTL sich nicht auszudenken trauen.

Trump – das ist der faszinierende Grusel eines schlimmen Unfalls. Es ist das erschrockene, aber doch anregende Staunen über einen zivilisatorischen Totalschaden. Es ist die Unmöglichkeit, sich abzuwenden von etwas, das zu sehen einem nicht guttut. Weil es schmerzt – schlimmer noch: weil es das eigene Empfinden in die Empfindungslosigkeit überführt.

Trump und seine Familie sind Dschungelcamp und „Die Geissens“ in einem

Und doch ist das Phänomen Donald Trump wirklich einmalig. Es fühlt sich an, als würden die Geissens aus dem Fernseher steigen und wirklich eine Bedeutung in dieser Welt bekommen. Als wäre ihre Inszenierung von Reichtum nicht bedeutungslos, sondern als wären diese Leute wirklich „reich“. Reich an irgendetwas jenseits von Geld, das ihnen ermöglicht, so zu tun, als seien sie wer.

First-Class-Entertainment

In gewisser Weise ist Donald Trump, diese real gewordene Trash-Fantasie einer Unterhaltungsindustrie, eine rettende Figur: Man muss nicht länger das „Dschungelcamp“ anschauen, man muss nicht darauf warten, dass bei „Bauer sucht Frau“ Menschen in ihrer Einfalt vorgeführt werden. Nein, dafür gibt es jetzt den 45. US-amerikanischen Präsidenten.

Aber dieser Präsident kann noch mehr: Er kommt zum Frühstück. Müssen die Amerikaner den Tag über einen Burger nach dem anderen verzehren und darauf hoffen, dass irgendwann eine Entgleisung stattfindet, schlagen wir, die wir in Old Europe zu Hause sind, die Augen auf und schauen auf dem Computer, was es Neues gibt.

Pünktlich zum Frühstück wird uns First-Class-Entertainment à la Trump vor Augen und Ohren gespült, mitsamt dem entsprechenden Reak­tions­kanon. Das ist kein Start in den Tag, wie man ihn sich wünscht. Aber auch keiner, den man von der Bettkante stößt, wenn er schon mal da ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
  • Schonn klar & kein shit sich -

     

    Aber jede Reise

    Sagt der Weise -

    Beginnt mit einem Schritt.

    Nu & gut bedacht -

    Der ist sich gemacht.

    Ob's dann wie bei Saulus

    Über Paulus & endlos löft?

    Lacht Rabbi Katz in's Kissen

    'Woher willst - Wissen -

    Nebbich?!' & ´s

    Glöft?!

  • 2G
    23138 (Profil gelöscht)

    Kommt davon,wenn ein Kandidat wie Sanders rigoros verhindert wird, und das mit kräftiger Hilfe aus Europa. Nun muss die Welt damit zurecht kommen. Ich denke auch, dass das bloß eine Übergangsphase sein wird (mit ungewissen Opfern) und inzwischen Neues reifen kann, was an unzähligen Einzelinitiativen zu einer sozial gerechten Welt im Gange ist. ( oder es kommt auch bei den Etablierten zu einem Umdenken, was jedoch nicht so einfach zu erwarten ist)

  • Wir sollten ein bisschen üben:

    Germany is great, fantastic, Belgium is a beautiful town.

    BRD ist doch schon ganz auf Linie: Die Heute-Show erscheint erst nach Trumps Amtseinführung, Wagenknecht lobt den Milliardär T. ganz weise, der Teutone aus Thüringen tobt, die AfD schließt die Presse aus, während sich ihr Mob mit den Nafros aus Frankreich trifft.

    Und was den Terror angeht, stellen wir keine Betonpoller hin, es könnte ja Leute vom Konsum abhalten. Verdrängung wie nach der Finanzkrise, weitermachen wie immer. Augen zu und durch, Faulheit maskiert als große Gelassenheit.

  • & - Däh. Hatte schon immer gedacht -

    Hab da 'nen stillen Verdacht -

    Normal -

     

    Im realen Leben - newahr!

    Russe¿ - & nicht eher gar -

    Als - Fähnleinführeraspirant -

    Steffen Seibert - gut bekannt?

    Doubel¿ - gar ´s Orijinal?

    Hätt ich da doch mal -

    Zur großen Lage

    Als eine kleine -

    Eine Frage?

    Fein - né!

    • @Lowandorder:

      Hier muss ich passen, Herr OutOfOrder.

      Ich befinde mich in diesen Tagen im Übersetzungsmodus AmEnglish - Deutsch. So dass RheinPlatt (?) derzeit für mich unverständlich ist wie nachgerad das böhmisch Idiom. Need your support, okay ?

      • @Nikolai Nikitin:

        Ja wie?

         

        's kommt Ihnen - gar böhmisch* vor?

        Ja ja - ich frag des morgens auch oft -

        Den Spiegel - Wen ich da rasier!;)

        Normal.

         

        (ps * - das hat sich ja alllänger was ausgemährt!

        Sie meinten wahrscheinlich - "spanisch vor" - gell?

        Klar spätestens - seit Mario Gómez!;)

        Gern & always at your service - wa!

        • @Lowandorder:

          Nein, böhmisch, Spanisch gehört zum Repertoire.

          ¿Entiendo a compañero?

  • Moinmoin - Silke Burmester -;))

     

    Nu. - "& staunend liest's der anbetroffene Chef."

    So - Newahr.

  • Nun frage ich mich, wie denn der langjährig erfahrene Kommentator Mr OutOfOrder diesen preapokalyptischen Zustand beurteilt.... ?

  • Frau Burmester, stehen wir nun vor der Offenbarung, dem Gottesgericht, dem Weltuntergang, der Zeitenwende, dem Ende der Geschichte, ... gar der Apokalypse ?

    Ich denke nicht. Trump wird sich zuerst einmal um das Wohl seines Landes kümmern. Das hat er unmissverständlich deutlich gemacht. Sollte er es tatsächlich schaffen, die vom Establishment vernachlässigten Landesteile ('Flyover States') wieder stärker am Wohlstand der Ost- und Westküste teilhaben zu lassen, hat er schon viel erreicht. Was spricht dagegen, in Billiglohnländer verloren gegangene Industriearbeitsplätze wieder in das Land zurück zu holen ? Ebenso kann ein moderater Rückzug der US Army aus den Krisen- und Kriegsregionen wohl eher hilfreich sein, denn schaden. Es ist gute Tradition, ihn die ersten 100 Tage agieren zu lassen, um dann eine erste objektive Bewertung seiner Arbeit vorzunehmen.

    • @Nikolai Nikitin:

      Billiglohnarbeit kann man nicht "zurückholen", das funktioniert überhaupt nicht, denn ein Ami arbeitet nicht für 5 Cent die Stunde.

      Der umfassende Rückzug von Obama hat uns ein Syrien mit etwa 13 Millionen Flüchtlingen beschert. Die im eigenen Komfort erstickten Deutschen sind außenpolitische Zwerge und völlig machtlos, ihre Waffen stumpf. Mal sehen, was Trumps Spezis so alles vorschlagen. Bullshit von oben, dadrunter Empire, denke ich.

      Eine postindustrielle, solidarische Ökonomie aufbauen dauert eben etwas länger als ein Spruch der US-Faschisten, die jetzt an der Macht sind, höflich begleitet vom mainstream. The roaring Twenties are back.

      • @Ataraxia:

        Verehrter Kapilavastu, ich sprach nicht davon Billiglohnarbeit zurück zu holen, sondern verloren gegangene Industriearbeitsplätze, idealerweise für Gering-, Mittel- und Höherqualifizierte Arbeitnehmer. Die durch die Globalisierung verursachte Lohndumpingspirale mit offenem Ende nach unten ist sicherlich keine zivilisatorische Errungenschaft. Diese ist nachhaltig zu stoppen.

    • @Nikolai Nikitin:

      Sehr geehrter Herr Klaus Sieger, als ob wir die Herren des Verfahrens wären und jemals die Macht gehabt hätten, die Staatenlenker eine urze Zeit lang machen zu lassen und dann korrigierend eingreifen zu können. Hätte sich Frau Kardorff-Oheimb, geb. van Endert gegen den auch heutzutage vielgelobten Stresemann durchgesetzt, wäre nicht Hindenburg, sondern Otto Geßler Reichspräsident geworden und hätte der Bevölkerung vielleicht den Rücken frei gehalten, solche Erscheinungen wie Hitler souverän ins Abseits zu stellen...

  • Danke Frau Burmeister, genauso ist es.

     

    Trump - und im Grunde der Zustand des ganzen von Menschen befallenen Planeten - kann nur noch mit einer gehörigen Portion Galgenhumor ertragen werden

     

    Chips bereitstellen, Füße hoch .... und hoffen, daß er die Codes für den Atomkoffer ganz schnell verschlampt. Zumindest diesbzgl. wäre er ja in guter Gesellschafft, wie man inzwischen weiß.

  • Die Welt hat viele üble Herrscher überlebt, ohne unterzugehen. Z.B. Nero, Caligula, Dschingis Khan, Stalin, Hitler, Pol Pot, Idi Amin usw.

    Allerdings wurde von ihnen viel Leid, Not und Tod verursacht. Es hat sich nicht immer alles zum Besten gekehrt. Ich hoffe, dass der Schaden, den Trump anrichtet sich in Grenzen hält, auch wenn die Geschichte nicht unbedingt Anlass zu Optimismus gibt.

  • Wieso kommt in den Anti-Trump-Artikeln nie vor, was er den Menschen im Rustbelt und anderswo verspricht, nämlich die Arbeitsplätze nach Amerika zurück zu bringen?

     

    Warum kommt sein Versprechen nicht vor, endlich mit den regime-changes und den Einmischungen in andere Länder und den ewigen Kriegen aufzuhören? Darüber könnte man doch wenigstens aufhorchen! Und diese Versprechen immer und immer wieder einfordern.

     

    Warum kommt nie vor, dass er versprochen hat, die verlotterte Infrastruktur wieder aufzubauen?

     

    Daran muss er doch künftig gemessen werden! Wie wollt ihr MSM-Verhetzten das denn tun, wenn ihr diese Versprechen noch nicht mal als solche kennt?

     

    Seht doch wenigstens mal die oben genannten Ziele als etwas Positives, was sich gegenüber der Politik der Neocons abhebt. Und hört mit dem ewigen bashen auf! Nicht nur Trump ständig wird gebasht. Alle, die nicht mit dem Mainstream heulen, werden gebasht.

     

    Und fragt euch mal, ob ihr euch wirklich gut informiert fühlt.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Bernhard Meyer:

      "Und fragt euch mal, ob ihr euch wirklich gut informiert fühlt."

       

      Ja, klar, taz lesen reicht vollkommen.

      Was Sie da aufzählen, ist schon ziemlich kalter Kaffee.

  • Mich wundert das alles schon lange nicht mehr. Hat man uns hier nicht immer schon von klein auf erzählt, Amerika wäre das Land der unbegrenzten Möglichkeiten?

  • hahaha, großartig, capitalism in action :P

    • @Bandari:

      So ist es. Bin ja mal gespannt, wie lang es noch dauert, bis beim ganzen großen Rest der Groschen fällt.

       

      Ein weltweites Grundeinkommen und dauerhafter Frieden können dem Kapitalismus einen Zahn ziehen. Dass versucht der aber mit allen Mitteln zu verhindern.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Was haben der heilige Paulus und Silke Burmeister gemeinsam?

     

    Beide sahen das Ende kommen. Dumm bloß, wenn das Ende nicht kam und dann fragten besorgte Neukonvertiten in Pauls Gemeinden: Hey Paul, Esther is gerade gestorben. Wo ist das versprochene Ende? Wo verbleibt das Armageddon? Der Paul, so schlau wie der war, hat sich dann, wo das Versprochene doch nicht eingetreten ist, das andere Narrativ ausgedacht. Daran sollte Frau Burmeister schon lieber jetzt arbeiten.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Bibelfest ist er auch noch, der Herr Majchrzyk ! Abermals 'Chapeau' !

      • @Nikolai Nikitin:

        Ja - das widerspricht auch meiner Erfahrung -

         

        Pole - Katole - & bibelfest!?

        Bei meiner Seele - kein Evangele?

        Jau. Rein tonn katolsch warrn!

        • @Lowandorder:

          :-)))

          • @Artur Möff:

            Ahoj - lot mi an Land -;)

             

            Pole - Katole - & bibelfest!?

            Dat liggerst wesst - An Schmarrn!

            Bei meiner Seele - kein Evangele?

            Jau. Rein tonn katol´sch warrn!