Kommentar Patriotische Europäer: Friedlich, nett und fremdenfeindlich
Xenophobie und Muslimfeindlichkeit sind weit verbreitet hierzulande. Auch etablierte Medien und Politiker heizen die fremdenfeindliche Stimmung an.
![](https://taz.de/picture/80333/14/Dresden_dpa_53990609.jpg)
D ie Fremdenfeindlichkeit in Deutschland hat ein neues Gesicht. Erst die „Hooligans gegen Salafisten“, kurz HoGeSa, die vor einem Monat in Köln randalierten. Jetzt die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz Pegida, die sich allmontäglich in Dresden treffen.
Beide Gruppen eint eine diffuse Wut auf Islamisten und „die da oben“, die angeblich zu viele Asylbewerber ins Land lassen. Beides wirkt wie ein Aufstand völkisch gestimmter Sarrazin-Leser und AfD-Wähler, wobei sich die Pegida-Leute jedoch deutlich biederer und bürgerlicher geben.
Dass sich die Pegida-Bewegung in Dresden formiert hat, wo es kaum Muslime und wenig Einwanderer gibt, ist kein Zufall. Der Osten Sachsens wurde in DDR-Zeiten gerne als „Tal der Ahnungslosen“ belächelt, weil dort kein Westfernsehen zu empfangen und die Intelligenz nach Berlin abgewandert war.
Nach der Wende entwickelte sich der Freistaat zu einer Hochburg der NPD und rechter Kameradschaften, und die NSU-Terroristen fanden jahrelang unerkannt im sächsischen Zwickau Unterschlupf. Diesem braunen Sumpf hat die seit der Wende ununterbrochen regierende Sachsen-CDU zu wenig entgegengesetzt.
Die Pegida knüpft an die rechten Proteste gegen ein Asylbewerberheim im erzgebirgischen Schneeberg oder gegen eine Moschee in Leipzig an.
Aber das Pegida-Phänomen weist weit über das Bundesland Sachsen hinaus, denn xenophobe und muslimfeindliche Stimmungen sind bundesweit verbreitet und werden auch von etablierten Medien und Politikern geschürt. Der SPD-Politiker Josip Juratovic hat recht, wenn er sagt, die „wahren Patrioten Sachsens“ seien die vielen engagierten Bürger, die Flüchtlinge unterstützen.
Die falschen Signale aus Dresden
Dass Sachsens Innenminister Markus Ulbig jetzt eine Sondereinheit gegen straffällige Asylbewerber gegründet hat und andere opportunistische CDU-Politiker wie Julia Klöckner und Jens Spahn nun ein Burkaverbot fordern, ist dagegen leider genau das falsche Signal.
Denn die etablierten Parteien müssen klarmachen, dass sie berechtigte Sorgen zwar ernst nehmen, aber Religionsfreiheit und das Asylrecht für sie nicht zur Disposition stehen. Denn gegen diffuse Ängste lässt sich schlecht argumentieren.
Und wenn Politiker dem Ruf von Pegida & Co nachgeben und Muslime oder Flüchtlinge zum Sündenbock erklären, dann verschaffen sie den rechten Populisten nur erst recht Zulauf.
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