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Kommentar OpelOhrfeige für die IG Metall

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Allen Erpressungsversuchen der Konzernführung zum Trotz waren die Opelaner nicht bereit, die Kapitulationserklärung zu unterzeichnen. Das ist sehr riskant.

D ie Aufregung ist groß, die Entscheidung jedoch ist konsequent: Mit einer satten Dreiviertelmehrheit haben die Beschäftigten des Opel-Werks in Bochum den sogenannten Deutschlandplan zur Sanierung des angeschlagenen Autobauers abgelehnt. Die Schmerzgrenze ist erreicht. Allen Erpressungsversuchen der Konzernführung zum Trotz sind die Opelaner nicht bereit, die ihnen vorgelegte Kapitulationserklärung zu unterzeichnen. Damit folgten sie der Linie ihres kämpferischen Betriebsrats.

Das ist sehr riskant. Opel droht bereits, schon Ende 2014 statt 2016 die Produktion stillzulegen. Die Frage ist allerdings, wie viel es sich GM kosten lassen will, die renitenten Malocher frühzeitig loszuwerden. Denn der derzeit in Bochum produzierte Zafira gehört zu den profitabelsten Opel-Modellen.

Der nordrhein-westfälische IG-Metall-Bezirksleiter Knut Giesler hat das Abstimmungsergebnis als „klares Misstrauensvotum gegenüber dem Management von Opel“ bewertet. Damit liegt er nicht falsch.

Anja Krüger
Pascal Beucker

ist taz-Korrespondent für NRW.

Doch das Votum der Opelaner ist auch eine schallende Ohrfeige für die IG Metall sowie den Opel-Gesamtbetriebsrat in Rüsselsheim, die jenen „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung und Sanierung“ abgesegnet haben. Trotz aller Lippenbekenntnisse, für den Erhalt des Bochumer Werks kämpfen zu wollen, ging es ihnen nur noch um die Sicherung der anderen Standorte.

Die IG Metall muss ihre Strategie nun dringend überdenken. Die ausgehandelte Vereinbarung war alles andere als ein „attraktives Angebot“: Die Beschäftigten hätten dem Verlust von mehreren tausend Arbeitsplätzen zustimmen sollen – ihren Arbeitsplätzen. De facto sollten die Beschäftigten ihre eigene Beerdigung bezahlen. Jetzt bleibt ihnen nur noch, ganz auf sich gestellt zu kämpfen.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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8 Kommentare

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  • O
    Otto-one

    Wieso Ohrfeige für die IG Metall? Man macht es sich wieder sehr einfach, einen Hauptschuldigen gefunden zu haben.Was für eine Macht haben denn die Gewerkschaften in Deutschland? Nur begrenzt!

    Das mit Bochum, war doch vorhersehbar. GM muß doch Verluste wieder ausgleichen, also müssen Betriebe dicht gemacht werden, sozusagen der Arbeiter und die Arbeiterin muß alles ausbaden!

    Ein Trostpflästerchen hätte ich da für die Autobauer in Bochum.

    Das Werk, was in Belgien geschlossen wird, da bekommen die Autobauer 187500 Dollar.

    Damals in Antwerpen gab es 202700 Dollar.

    Also Autobauer in Bochum, kämpft für eine angemessene Abfindung!!! In Großbritannien sollen auch Werke dicht gemacht werden. Autos kaufen eben keine Autos, außer die werden irgendwo auf der Welt billiger produziert!

    Was ich behauptet habe, kann man im BLICK CH nachlesen.

  • H
    Hafize

    @Wolfgang-Clemens Sparmann

    "Das Jobcenter Bochum besitzt viel Erfahrung in der Vermittlung von flexiblen Arbeitsplätzen bei anerkannten Personalmanagementfirmen."

     

    Ich habe das zwei Mal lesen müssen, bis ich begriff, dass es sich nur um Ironie oder Zynismus handeln kann. Wer beim Jobcenter landet, hat schon verloren. Was Wolfgang-Clemens Sparmann schreibt, stimmt, es hat viel Erfahrung darin, armen Schweinen eine kopierte Liste mit diesen Firmen in die Hand zu drücken. Da es nicht allzuviele Autofabriken im Ruhrgebiet gibt, werden viele dann merken, was die Agenda 2010 konkret für sie bedeutet.

     

    Bis dahin ist aber auch die Gewerkschaft gefragt.

  • WS
    Wolfgang-Clemens Sparmann

    Die Entscheidung der Belegschaft vom Opelwerk in Bochum war absolut unüberlegt und kontraproduktiv. Immerhin wären die Arbeitsverträge bis zum Jahr 2016 gültig geblieben. Bei weniger Anspruchshaltung und kooperativer Zusammenarbeit mit dem Opel-Management und dem Jobcenter Bochum wäre mit Sicherheit das eine oder andere Beschäftigungsverhältnis in Folge entstanden. Das Jobcenter Bochum besitzt viel Erfahrung in der Vermittlung von flexiblen Arbeitsplätzen bei anerkannten Personalmanagementfirmen. Die sich anschließenden Arbeitsmaßnahmen nach Stilllegung des Werkes würden weiterhin viel Arbeit garantieren. In Härtefällen kann durch Förderung des Jobcenters das Arbeitseinkommen auch finanziell angereichert werden.

     

    Seitens des Jobcenters hat die Entscheidung der Belegschaft vom Opelwerk folgende Konsequenzen: es ist absichtlich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses seitens des Arbeitnehmers erfolgt. Daraus ergibt sich zwingend, dass bei der Beantragung von Arbeitslosengeld eine Sperrzeit von drei Monaten zu verhängen ist. Gemäß den §§ 159, 148 SGB III ist diese Maßnahme gerechtfertigt, da der Arbeitgeber ja eine längere Beschäftigungszeit angeboten hat.

     

    Es obliegt also jedem Antragsteller nachzuweisen, dass er nicht gegen das Angebot des Arbeitgebers gestimmt hat. Es sei aber darauf hingewiesen, dass dies nur für rund 25% der Beschäftigten zutrifft, da ja 3/4 der Belegschaft gegen das Angebot stimmte. Deshalb sei in diesem Falle auch ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher Angaben bei der Antragsstellung hingewiesen.

     

    Ansonsten freut sich das Jobcenter Bochum die ehemaligen Opelaner als neue Kunden begrüßen zu dürfen.

  • S
    Stahlwerker

    Es sind nicht die Menschen / die Arbeiterinnen und Arbeiter die Schuld sind. Es sind die Arbeitgeber, die Lobby und die Handwerker (Poliitker). Waren es nicht die Arbeitgeberverbände, die sich über den jetztigen 1. Vorsitzenden der IG-Metall gefreut haben.

     

    Solange man einen Lob der Arbeitgeber als Auszeichnung versteht und nicht die Kritik dieser, wird es auf den Rücken der Menschen / Mitglieder ausgetragen. Solidarische Kampforganisation kann jetzt aus dem Duden gestrichen werden.

  • M
    Mike

    Das ist genau so wie beim Kampf um Mannesmann in Remscheid vor ca. 12 Jahren. Da einigten sich im Hintergrund die Betriebsräte im Konzern mit dem Arbeitsdirektor darauf, welches Werk sterben muss und die IG Metall organisierte das Begräbnis. Der betroffene Standort ist dann auf sich allein gestellt. Der NRW-Bezirksleiter ist ein gut bezahlter und eingesetzter Befehlsempfänger, der in der Welt von Detlef Wetzel noch was werden will. Damals hat Opel Bochum Mannesmann in Remscheid nicht interessiert. Heute interessiert die Welt Opel in Bochum nicht.

    Aber es ist ein Desaster für die IG Metall. Das hängt mit ihrer verfehlten Personalpolitik zusammen. Alle Leute, die was konnten, haben in den letzten Jahren die IG Metall verlassen in den Verwaltungsstellen und darüber hinaus. Jetzt kann die Spitze zwar durchregieren aber mit Befehlsempfängern kann man keine Lösungen finden.

  • D
    Detlev

    Jetzt fliegt der einst mächtige IG Metall genau das um die Ohren, was sie jahrelang versucht haben, weitestgehend zu ignorieren: Die gespaltenen Belegschaften, das Spiel des Divide-et-Impera: Herrsche und Teile. Opel ist längst gespalten. Die Belegschaft in Bochum hat dieses Spiel nicht mitgespielt und zwingt der Bezirksleitung nun eine neue Kampfstrategie für den Umgang mit Opel auf. Dass die Belegschaft in Bochum nicht direkt auf Rüsselsheim zählen kann, ist die traurige Metabotschaft dieser Ablehnung.

     

    Allerdings ist es auch ein Weckruf für die Zentrale in Frankfurt am Main, nicht länger mit einem Schlingerkurs zu fahren und dringende, stinkende Probleme zu ignorieren. Wer sich spalten lässt als Gewerkschaft, schaufelt sein eigenes Grab. Mag sein, dass es hier nur ein Betrieb ist. Aber Peter Hartz brauchte nur sein 5000 x 5000-Projekt (Ausstieg aus dem VW-Vertrag) um Deutschland Sozialpolitik asozial zu gestalten. Der erste umgekippte Domino besorgt eben den Rest. Bislang geht es nur um Opel, es könnte aber darüber hinausgehen, denn Arbeitgeber sind heute kampfbereit und politisch gut vertreten, viel besser als vor 20 oder 30 Jahren.

  • RB
    Rainer B.

    "Niemals sollt ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man Euch zieht, auch noch zu trinken."

    Die Zeit ist reif dafür, dass die Opelaner ihr Werk selbst übernehmen. Früher hieß es: "Alle Räder stehen still, wenn der Arbeiter es will." Heute muss es heißen: Alle Räder laufen rund, ist der Arbeiter im Bund!

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Man sollte die Automobil-Industrie zerschlagen.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.