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Kommentar Obamas BekenntnisseEin neuer Merkel-Fan

Kommentar von Tobias Schulze

Zum Abschied hat Barack Obama nur lobende Worte für die Bundeskanzlerin. Dahinter steckt auch eine große Portion Eigeninteresse.

In der virtuellen Welt kann alles viel schöner aussehen Foto: ap

N ach Barack Obamas Abflug bleiben zwei Bekenntnisse hängen. Erstens: Obamas Verhältnis zur Kanzlerin war manchmal distanziert, jetzt gibt er sich aber als größter Angela-Merkel-Fan jenseits der Uckermark. „Einmal mehr möchte ich sagen, wie dankbar wir für die Partnerschaft mit Angela sind. Vielen Dank, Angela!“, sagte der Präsident zum Auftakt seiner wohl letzten dienstlichen Deutschlandreise.

Zweitens: Mag sein, dass trotz Euro- und Fluchtkrise irgendwo auf dem Kontinent noch ein paar überzeugte Europäer ausharren. Der überzeugteste Europäer scheint im Jahr 2016 aber im Weißen Haus zu residieren. „Die Ideale Europas erleuchten die Welt“, sagte Obama gestern in seiner Rede auf der Hannover Messe, dem Höhepunkt seines Besuchs.

Und was steckt dahinter? Tatsächlich die pure Begeisterung? Oder obendrauf auch eine gute Portion Eigeninteresse?

Obama hat schließlich mitbekommen, dass nicht nur zu Hause in den USA ein gefährlicher Rechtspopulist nach der Macht greift. Auch in Europa streben nationalistische Parteien in die Regierungen oder sind bereits dort angekommen. Selbst Deutschland bleibt davon nicht verschont und muss sich mittlerweile mit der AfD einrichten.

Der überzeugteste Europäer scheint zurzeit im Weißen Haus zu sitzen

Mit Ausnahme ihrer osteuropäischen Ableger vereint diese rechten Emporkömmlinge eines: Außenpolitisch schielen sie eher in Richtung Moskau als in Richtung Washington. Hält ihr Aufstieg an, stehen die transatlantischen Beziehungen vor der größten Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Es liegt also im ureigenen amerikanischen Interesse, die verbliebenen proeuropäischen Kräfte und deren Galionsfigur Merkel zu stärken.

Aber reichen schöne Worte dafür aus? Oder müsste Obama seiner europäischen Freundin nicht ganz praktisch helfen? Die USA haben zwar zu den aktuellen Fluchtursachen beigetragen, bisher aber nicht einmal 10.000 Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.

Würde Obama zum Ende seiner Präsidentschaft nachlegen, würde er nennenswerte Kontingente nach Amerika holen, ließe der Druck auf Europa nach. Die Rechtspopulisten könnten dann tatsächlich an Schwung verlieren.

Allein: Innenpolitisch könnte Obama solch ein Programm, noch dazu im Wahljahr, nur mit großer Mühe umsetzen. In diesem Punkt vereint ihn mit Angela Merkel also einiges.

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8 Kommentare

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  • Danke für den sachlichen Kommentar. Nachdem ich gerade im Radio einen Kommentar hören musste dessen Grundtenor "Gott ist herab gestiegen und hat unsere Mutti gelobt" einem das Frühstück verdirbt, tut es gut, etwas sachlicheres zu hören.

     

    Tatsächlich hat der Dummschwätzer aus dem weißen Haus etwas rumgesülzt, um TTIP doch noch durchzuboxen. Aber leeres Geschwätz kostet bekanntlich nichts. Die Handlungen eines Menschen zählen. Und da ist Obamas Bilanz jämmerlich. Das können auch die schönsten Worte nicht überdecken. Wie wenig er die politische Situation in der EU kennt, zeigt sein Lob für "unsere" Kanzlerin. Er hat nicht begriffen, dass ihre Politik zu großen Teilen für die Schwierigkeiten der EU verantwortlich ist. Oder er will es nicht sehen, weil ihm kaum eine andere Option bleibt, um die amerikanische Hegemonie über Europa zu erhalten.

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    Ein Jahrhundertfoto. Gratulation an den (leider anonymen) Fotografen.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @889 (Profil gelöscht):

      Zustimmung.

      Dieser skeptische Blick Richtung Neuland hat schon was Merkeleskes.

  • Obama würde solche Plattitüden nicht von sich geben, wüßte er nicht, dass Frau Merkel für solche süssen Worte verführbar ist. Da hat jemand die Eitelkeit und die Motivationen unserer Kanzlerin durchschaut. Der Schelm.

    • @TazTiz:

      Eigentlich ist da nicht viel reinzulesen.

       

      Es braucht keinen wirklich tiefen Einblick in die Psyche der Angela Merkel, um zu dem Schluss zu kommen, dass ihr ein paar verbale Streicheleinheiten vom mächtigsten internationalen Partner aktuell einzustecken guttun könnten. Ein blick in die Umfragewerte reicht aus, und ob Merkel wirklich darauf anspringt, ist eine ganz andere Frage.

       

      Davon abgesehen war Obama noch nie sparsam mit rückhaltloser Lobhudelei auf seine jeweiligen Gesprächspartner. Das gehört in den USA auch ein wenig zum guten Ton. Ausgeblieben wären die Hymnen allenfalls, wenn das Weiße Haus Merkels im Abgang sähe und nach neuen Verbündeten suchte.

       

      Insofern ist es schon eion wenig aussagekräftig, dass Obama an der Stelle nicht mit Unterstützung spart. Allerdings kann man das auch - wie der Kommentator - darauf zurückführen, dass Obama lieber auf eine weidwunde (sehr) gemäßigte Konservative setzt als auf die erstarkenden Rechtspopulisten, die ihr im Moment das Leben schwermachen.

       

      Also eigentlich "business as usual"...