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Kommentar Nein zu CetaDer letzte wallonische Widerstand

Kommentar von Eric Bonse

Alle ergeben sich. Nur noch die Wallonen trotzen wie Asterix und Obelix dem europäischen Imperium. Das verdient Respekt – auch wenn es nervt.

Kämpfen auch ohne Zaubertrank: die Wallonier Foto: reuters

E in bisschen ist es wie bei Asterix und Obelix: Ganz Europa hat sich ergeben. Nur eine kleine, unbeugsame Region leistet noch Widerstand gegen das Handelsabkommen Ceta. Trotzig wie einst die Gallier widersetzen sich die Wallonen dem europäischen Imperium.

Doch statt Beifall bekommt der wallonische Regierungschef Paul Magnette Hohn, Spott und massiven Druck. Ein radikaler Sozialist habe die EU in „Geiselhaft“ genommen und müsse nun schnellstmöglich auf Kurs gebracht werden, heißt es in Brüssel.

Was für ein Unsinn. Erstens ist Magnette kein Radikaler, sondern ein pragmatischer Politikprofessor, mit dem sich reden lässt. Zweitens besteht kein Grund zur Eile. Sieben Jahre wird schon verhandelt, auf ein paar Tage kommt es nun auch nicht mehr an.

Wenn der EU-Kanada-Gipfel am Donnerstag platzt, dann geht die Welt nicht unter. Wie oft hat Deutschland in der Eurokrise schon Krisengipfel platzen lassen? Wie lange wurde Griechenland hingehalten – bis zum Beinahe-Crash der Eurozone? Wenn große Länder die kleinen zappeln lassen, finden das alle in Ordnung. Doch wehe, es ist einmal umgekehrt: Dann ist von Erpressung die Rede. Dabei war es doch auch bei Ceta zuerst Deutschland, das mehr Zeit forderte und die Regeln änderte.

Es war Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der aus einem reinen EU-Handelspakt ein „gemischtes Abkommen“ gemacht hat – und so den Weg zur Beteiligung nationaler und regionaler Parlamente ebnete. Das war gut so, es war ein Gebot der Demokratie.

Aber genau deshalb sollte man nun auch die Wallonen respektieren. Selbst wenn sie nerven: Hinter ihnen stehen Millionen engagierter BürgerInnen, die Ceta, TTIP und den neoliberalen Kurs der EU mit Unbehagen sehen. Sinnvoll wäre auch, endlich die „einfachen“ Abgeordneten im Europaparlament mitreden zu lassen. Sie haben nämlich ähnliche Sorgen wie Asterix und Obelix. Und sie haben das EU-Mandat, das den Wallonen fehlt.

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20 Kommentare

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  • Schnell Unterschreiben?

    Das ist der Fehler, den ALLE machen - Staaten und "normale Menschen" - wenn die Regeln, die sie mit ihrer Unterschrift besiegeln, nicht durchleuchtet werden. Ein Vertrag, der ganze Staaten in eine Richtung lenkt, die für jalle Menschen verschiedene Grenzen auferlegt, ist falsch. Er hat mit einer positiven und freien Gemeinschaft in Europa, der wichtigsten Staatengemeinschaft der Welt, nichts zu tun.

    Schließlich braucht EUROPA eine demokratische Verfassung, die wie das Grundgesetz über der Brüsseler Politik steht. Das ist der wichtigste Punkt für die Europäische Gemeinschaft.

    . . . übrigens haben die USA etliche Verträge, die schon unterschrieben waren - z.B. über den Internationalen Gerichtshof - nicht unterschrieben.

  • Da es ein gemischtes Abkommen ist, brauchen die Wallonen kein EU-Mandat, sie verteidigen nur ihre eigenen Rechte wie es ihre Pflicht ist, während der Deutsche Bundestag vor dem Druck feige einknickt.

  • Ici je suis Wallon.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Schließe mich an.

      Es lebe die Demokratie.

  • Das meiste, was Sie hier schreiben, @Eric Bonse, kann ich unterschreiben. Bis auf die (in Journalistenkreisen derzeit allgemein wahrheitswidrig kolportierte) Behauptung, CETA hätte als "reines EU-Abkommen" abgehandelt werden können. Schauen Sie mal in die Begründung zum BVerfG-Urteil vom 13.10.2016.

     

    Weiterer Ausrutscher: "Auch wenn es nervt." Was könnte man nach Ihrer Meinung alternativ gegen die renitenten Wallonen unternehmen? Einmarschieren?

    • @Bitbändiger:

      Nein, gegen Querulanten kann man allgemein gar nix tun, da die sich meist im Rahmen der Gesetze bewegen aber verscuhen für sich egoistisch das Maximale rauszuholen!

      Oder glauben Sie ernsthaft denen gehe es um Europa?? Oder für irgendein Ziel welches die CETA Gegner für sich reklamieren?

       

      Hier gehts um Geld oder mehr Rechte innerhalb Belgiens... ich behaupte das mal so: Und das werden die bekommen und dann zustimmen. Wetten?

      • @Tom Farmer:

        Sie haben für Ihre einfach mal so dahingestänkerte Verunglimpfung der Wallonen keinerlei Beleg, @Tom Farmer. Ihre weiter unten geäußerte Selbsteinschätzung, dass Sie "das nicht überblicken bzw. die Konsequenzen nicht einschätzen" können. trifft zweifelsfrei zu. Ehe Sie aber auf ähnlich dürftigem Niveau wie z.B. der Vizekanzler zur "Hysteriekeule" greifen, hätten Sie schon mal einen Blick in das Abkommen, die Begründung der Verfassungsbeschwerde und die Begründung des BVerfG-Urteils vom 13.10. riskieren dürfen - liegt alles im Netz vor.

         

        Die Einwände des wallonischen Regionalparlaments (wie übrigens auch der Region Brüssel) decken sich mit den seit mehr als einem Jahr bekannten und detailliert und sachlich begründeten Einwänden auch der deutschen CETA-Gegner. Dass das Kind jetzt im Brunnen liegt, haben nicht die Wallonen zu verantworten, sondern die Kommission und Arrogante Schwurbler Merkel/Gabriel, die ein ganzes Jahr damit vertan haben, die Einwender als "Antiamerikanisten" und "Hysteriker" (also so wie Sie!) zu beschimpfen, statt sachlich zu argumentieren.

      • 4G
        4932 (Profil gelöscht)
        @Tom Farmer:

        Haben Sie in dem Vertragstext (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52016PC0444&from=EN) schon ein wenig gelesen?

        Und worum, glauben Sie, daß es der EU-Kommission gegangen ist, weil sie doch so eisern geheim verhandelt hat und Europa das überstülpen wollte? Um Europa, kleine Länder und regionale Bedürfnisse bestimmt nicht, eher um gute Jobs danach in der Industrie.

        Lesen Sie's schnell, bevor der Spuk vorbei ist.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          Befürworten Sie 1001 Handelsabkommen für jede einzelne Region? Damit werden nur multinationale Konzerne klar kommen!

        • @4932 (Profil gelöscht):

          Ich hatte Ihnen schonmal geschrieben, dass ich weder für noch gegen CETA bin, da ich das nicht überblicke bzw. die Konsequenzen nicht einschätzen kann.

           

          Ich stelle aber fest, dass die Hysterie groß ist, ich denke wir andere Probleme haben und ich das Wallonenverhalten für falsch halte.

           

          Und wenn ich, zuletzt, ein undemokratisches Verfahren sehe, dann gehe ich gegen die Undemokraten vor aber werde nicht genauso undemokratisch in meinem Verhalten, was ich ja den anderen vorwerfe.

      • @Tom Farmer:

        Wenn Sie in der Lage wären, abstimmen zu können, würden Sie Europa oder sich selbst bevorzugen ?

        Sie scheinen ja ein ganz Selbstloser zu sein.

        • @lions:

          Ich verstehe Ihr Argument nicht.

           

          Wenn ich für mich was will, dann sage ich das.

          Und wenn ich gegen CETA bin sage ich wogegen genau.

           

          Was ich nicht mache: Weil ich von Anomalie was will, erpresse ich Meier mit einer Drohung gegen Frau Müller in der Hoffnung dass Meier darauf Anomalie unter Druck setzt mir das zu geben was ich will. Wenn das Selbstlosigkeit ist,... na dann!

          • @Tom Farmer:

            Die einen nennen es Erpressung, die anderen schlicht Bedingung. Zweites ist durchaus legitim.

            • @lions:

              Wir werden sehen was die dafür bekommen und wie legitim das dann ist ebenso.

  • Die politische Diskussion hat nun Comic Niveau erreicht. Selbst da wird die Bretagne Goscinnys nun postfaktisch in die Wallonie verlagert.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Als würde ganz Europa ungeduldig auf dieses großartige Abkommen warten... Die Mehrzahl der Menschen würde mit Sicherheit gegen das Abkommen stimmen, wenn sie gefragt würden, und mein Mitleid für ein paar EU-Eliten, Lobbyisten und Großunternehmen hält sich in Grenzen.

    Dass anzunehmen ist, dass die Wallonen ihren Widerstand nicht durchhalten werden, ist das einzig bedauerliche.

  • 3G
    31878 (Profil gelöscht)

    Die Wallonen nerven?

    Was ist das für eine bescheuerte Behauptung? Diese Wallonen leben gerade die demokratischen Rechte und haben Respekt verdient!

    Mich nerven sie nicht, als Gegenerin dieses Abkommens! Ich hoffe sehr, sie behalten ihre Nerven und halten diesem enormen Druck stand von all den Schwindlern und Lügnern, die uns dieses Abkommen schmackhaft machen wollen.

    Die Vorgaben des Gerichtes sind nicht enthalten, lt. einer Infomail von Frau Grimmenstein. Ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts nur noch eine Showveranstaltung und kümmert die Politik wenig bis gar nicht?

    Darüber wünsche ich mir einen gut recherchierten Beitrag.

  • Wen Nerven die Wallonen?

    Die Richtigen!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Bisher habe ich immer so kleine Schnippsel den Publikationen über CETA entnommen und mir meine ablehnende Meinung gebildet. Heute habe ich mir das Dokument in der Fassung vom Juli 2016 geladen und ein wenig drin rumgelesen. Mein Eindruck: Es ist alles viel schlimmer, als gemeinhin bekannt. Wer absolute Versklavung in allen Lebensbereichen sucht liegt mit CETA richtig.

    Jetzt weiß ich endlich, warum das alles geheim bleiben sollte.

    Außerdem sollen ja wohl auch die Vorgaben des deutschen Verfassungsgerichts nicht enthalten sein, so liest man.

    Wallonen, helft uns!

  • Nerven tun all die Politiker, die den anti-Korruptionsabkommen-Widerstand vollständig ignorieren, und die Drehtür nutzen.