Kommentar Nachwahl in Ungarn: Orbán kommt ins Stolpern
Parteifreunde prassen mit ihren Pfründen – die Popularität der Regierung schwindet. Die Wirkung der Wahlniederlage ist nicht zu unterschätzen.

Zoltán Kész: Retter in der Not oder nur ein Pappkamerad? Bild: dpa
Viktor Orbán hat eine Schlacht verloren, aber die Linksopposition bleibt weit davon entfernt, wieder zur bestimmenden Kraft in Ungarn zu werden. Der Verlust des Mandats, das die Zweidrittelmehrheit im Parlament absicherte, schmerzt den stolzen Premier. Da hat er eigens das Wahlgesetz so umschreiben lassen, dass seine Koalition mit knapp 45 Prozent der Stimmen zwei Drittel der Sitze okkupieren kann.
Die Abschaffung der Stichwahl in den einzelnen Wahlkreisen erweist sich aber jetzt als Bumerang. Angesichts der schwindenden Popularität der Regierung ist es nicht mehr gewiss, dass Fidesz stärkste Kraft bleibt, wenn sich die Opposition zusammentut.
Das ist im Wahlkreis Vesprém weitgehend gelungen. Allerdings sagt die Wahl des unabhängigen Jungunternehmers Zoltán Kész wenig über die Popularität der Opposition aus. Kész ist ein bekennender Neoliberaler und hat auch schon angekündigt, dass er sich nicht von den „Sozialisten“ einspannen lassen will.
Die Wahlschlappe hat die Orbán-Truppe selbst verschuldet. Zu deutlich war in den letzten Monaten zu sehen, wie schamlos Leute aus dem engsten Umfeld des Premiers plötzlich zu Geld gekommen sind und wie dreist die Pfründen an Parteifreunde verteilt werden. Für die Stabilität der Regierung reicht es nicht mehr, auf dem flachen Land praktisch über ein Informationsmonopol zu verfügen.
Die großen Reformen, die das Land im Sinne der Machtinteressen von Orbán umgestaltet haben, sind längst unter Dach und Fach. Man brauche die zwei Drittel gar nicht mehr, versuchen Fidesz-Leute die Konsequenzen der Schlappe kleinzureden. Doch der Usus, verfassungswidrige Gesetze mittels Zweidrittelmehrheit durchzudrücken, gehört der Vergangenheit an. Und die symbolische Wirkung der Niederlage ist nicht zu unterschätzen.
Kommentar Nachwahl in Ungarn: Orbán kommt ins Stolpern
Parteifreunde prassen mit ihren Pfründen – die Popularität der Regierung schwindet. Die Wirkung der Wahlniederlage ist nicht zu unterschätzen.
Zoltán Kész: Retter in der Not oder nur ein Pappkamerad? Bild: dpa
Viktor Orbán hat eine Schlacht verloren, aber die Linksopposition bleibt weit davon entfernt, wieder zur bestimmenden Kraft in Ungarn zu werden. Der Verlust des Mandats, das die Zweidrittelmehrheit im Parlament absicherte, schmerzt den stolzen Premier. Da hat er eigens das Wahlgesetz so umschreiben lassen, dass seine Koalition mit knapp 45 Prozent der Stimmen zwei Drittel der Sitze okkupieren kann.
Die Abschaffung der Stichwahl in den einzelnen Wahlkreisen erweist sich aber jetzt als Bumerang. Angesichts der schwindenden Popularität der Regierung ist es nicht mehr gewiss, dass Fidesz stärkste Kraft bleibt, wenn sich die Opposition zusammentut.
Das ist im Wahlkreis Vesprém weitgehend gelungen. Allerdings sagt die Wahl des unabhängigen Jungunternehmers Zoltán Kész wenig über die Popularität der Opposition aus. Kész ist ein bekennender Neoliberaler und hat auch schon angekündigt, dass er sich nicht von den „Sozialisten“ einspannen lassen will.
Die Wahlschlappe hat die Orbán-Truppe selbst verschuldet. Zu deutlich war in den letzten Monaten zu sehen, wie schamlos Leute aus dem engsten Umfeld des Premiers plötzlich zu Geld gekommen sind und wie dreist die Pfründen an Parteifreunde verteilt werden. Für die Stabilität der Regierung reicht es nicht mehr, auf dem flachen Land praktisch über ein Informationsmonopol zu verfügen.
Die großen Reformen, die das Land im Sinne der Machtinteressen von Orbán umgestaltet haben, sind längst unter Dach und Fach. Man brauche die zwei Drittel gar nicht mehr, versuchen Fidesz-Leute die Konsequenzen der Schlappe kleinzureden. Doch der Usus, verfassungswidrige Gesetze mittels Zweidrittelmehrheit durchzudrücken, gehört der Vergangenheit an. Und die symbolische Wirkung der Niederlage ist nicht zu unterschätzen.
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Kommentar von
Ralf Leonhard
Auslandskorrespondent Österreich
*1955 in Wien; † 21. Mai 2023, taz-Korrespondent für Österreich und Ungarn. Daneben freier Autor für Radio und Print. Im früheren Leben (1985-1996) taz-Korrespondent in Zentralamerika mit Einzugsgebiet von Mexiko über die Karibik bis Kolumbien und Peru. Nach Lateinamerika reiste er regelmäßig. Vom Tsunami 2004 bis zum Ende des Bürgerkriegs war er auch immer wieder in Sri Lanka. Tutor für Nicaragua am Schulungszentrum der GIZ in Bad Honnef. Autor von Studien und Projektevaluierungen in Lateinamerika und Afrika. Gelernter Jurist und Absolvent der Diplomatischen Akademie in Wien.
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