Kommentar NS-Opfer in Tschechien: Sehr eingeschränktes Erinnern
Die Tschechen tun sich schwer mit dem Gedenken an die Nazi-Opfer. Als solche sehen sie sich selbst, es gab unter ihnen aber auch viele Kollaborateure.
D ie Schweinemast auf dem Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ Lety aufzukaufen, ist ein mutiger Schritt, besonders so kurz vor der Wahl. Die Roma sind in Tschechien nicht gut gelitten und viele Tschechen würden wahrscheinlich lieber ein neues „Zigeunerlager“ anstatt einer Gedenkstätte in Lety sehen. Gerade deswegen ist es ein richtiger Schritt, dem Völkermord an den Roma dort ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. In einer Gesellschaft, in der es völlig akzeptabel ist, „Zigeuner ins Gas“ zu schreien, herrscht offensichtlich Aufklärungsbedarf.
Allerdings tut man sich in Tschechien bis heute schwer mit Gedenken, das dem eigenen Geschichtsbild widerspricht. Die Tschechen waren Opfer der Nazis, ohne Zweifel. Aber es gab unter ihnen auch genug Täter, Kollaborateure. Lety ist ein Beispiel dafür.
Aber es gibt noch mehr. Den Brünner Todesmarsch, zum Beispiel, in dem Ende Mai 1945 die Brünner Deutschen brutalst gen Österreich getrieben wurden. Über die Zahl der Todesfälle wird bis heute gestritten, belegt sind um die 2.000. Der Todesmarsch wurde organisiert und durchgeführt von Arbeitern der Brünner Waffenwerke, die ein paar Wochen zuvor noch eifrig für den deutschen Krieg produziert hatten.
Gar nicht zurecht kommt man in Tschechien auch mit der Tatsache, dass es auch deutsche Helden gab. Oskar Schindler zum Beispiel, der im heutigen Tschechien geboren wurde. Seine Fabrik in Brünnlitz, heute Brněnec, verfällt zusehends. Auch weil sich das Kulturministerium acht Jahre Zeit gelassen hat, bis es die Gebäude unter Denkmalschutz stellte. Dabei handelt es sich bei der Schindler-Fabrik um die einzige noch erhaltene Holocaust-Stätte.
Doch wenn sich der tschechische Staat in Brünnlitz genauso viel Zeit lässt wie in Lety, wird diese Fabrik eben nicht mehr erhalten sein. Und das nur deswegen, weil der Staat keinen Willen zeigt. Eigentlich eine Schande.
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