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"Als solche sehen sie sich selbst, es gab unter ihnen aber auch viele Kollaborateure."
Sagen die Deutschen, weil sie zur M;inderung Ihres Komplexes ständig Kolaborateure suchen. Interessanterweise aber immer nur im Osten. Dabei waren die größten Kollaborateure Frankreich, Belgien und die Niederlanden.
Kollaborateure gab es tatsächlich überall. Es gehört aber zu den Standartmärchen deutscher Rechtfertigungsliteratur, die Rolle dieser Leute aufzubauschen. In Tschechien kommen meist noch Geschichten dazu, wie gut es den Besetzten angeblich gegangen ist.
PS: Einen Artikel wie oben hätte ich eher in der "Welt" oder noch weiter Rechts erwartet.
Im Falle Teschechiens gab es tatsächlich eine Marionettenregierung im Protektorat der man Kollaboration auf institutioneller Ebene vorwerfen kann. Dies gilt dann aber erst Recht für das Vichy-Frankreich und die BeNeLux-Staaten (Deren Ausmaß an Kollaboration ist weitaus größer wird aber in deutschen Medien nie angeklagt). Fakt-po-Faktem ist, dass die NS-Politik auf Ausbeutung des Protektorats und die langfrisitge Ausrottung der slawischen Bevölkerung in den ehemals tschechischen Gebiete. Viele tausend tschchische Bürger wurden zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Wer da noch weigert anzuerkennen, dass die tschechische Bevölkerung Opfer des Nationalsozialismus waren, der hat jeden Sinn für Historie verloren.
P.S.: Anzumerken ist übrigens, dass es in Polen niemals eine Kollaboration auf institutioneller Ebene gegeben hat (Keine Marionettenregierung, keine polnische Behörden). Kollaboration bliebt stets auf der Ebene des einzelnen Individuums. Instutionionaliseirt war dagegen der Widerstand durch den polnischen Untergrundstaat.
Das Vorhandensein von Marionettenregierungen ect. hing natürlich auch davon ab, wie sich die Nazis die Verwaltung der Gebiete vorstellten. In Polen wurde von Anfang an sehr offen an einer Germanisierung des Landes gearbeitet. Schon deshalb wollte man dort keine polnische "Selbstverwaltung". Eine Kollaboration auf institutioneller Ebene war also von vorn herein ausgeschlossen.
In Tschechien wurde die Germanisierung auf die Zeit nach dem Krieg verschoben, da man auf die hoch entwickelte Rüstungsindustrie mit ihren Facharbeitern vorerst nicht verzichten konnte. Man hat also erst einmal eine gewisse "Selbstverwaltung" beibehalten, um die Bewohner in Sicherheit zu wiegen. Das schuf dann natürlich auch Raum für eine Kollaboration auf institutioneller Ebene.
Weiter im Westen war man teilweise sogar bemüht, die "germanischen Brüder" auf die eigene Seite zu ziehen, was noch mehr Raum zur Kollaboration schuf. Jedes Land hatte auf seine ganz spezielle Art unter der Nazibesatzung zu leiden. Mit brutaler Gewalt war sie aber überall verbunden, auch wenn die äußere Form verschieden war.
"Fakt-po-Faktem ist, dass die NS-Politik auf Ausbeutung des Protektorats und die langfrisitge Ausrottung der slawischen Bevölkerung in den ehemals tschechischen Gebiete."
Völlig richtig. Frau Mostyn scheint das vergessen zu wollen.
@warum_denkt_keiner_nach? Diesen Ihren Ausführungen Widerspreche ich überhaupt nicht, da haben Sie absolut Recht. Jedenfalls ist es doch sehr auffällig, dass deutsche Medien mit dem Finger immer nur auf (vermeintliche oder tatsächliche) Kolalboratuere an seinen Ostgrenzen zeigt dabei aber die tatsächlichen Kollaborateure im Westen allzugern vergisst und unterschlägt. Auch bei der Anklage gegenüber der tschechischen oder polnischen Kollaboration werden die Umstände in den besetzten Gebieten völlig unterschlagen. Durch den Terror des Besatzungsregimes war die Handlungsfreiheit der Bevölkerung im Protektroat Böhmen und Mähren sowie dem Generalgovunerment Polen wesentlich geringer als in den westlichen Besatzungsgebieten. (Nur in Polen galt die Todesstrafe für den Retter sowie seiner ganzen Familie wenn jener Juden geholfen hatte).
In D tut man sich allgemein sehr schwer mit dem Terror in den besetzten Ländern, sofern er nicht den Holocaust betrifft. Letzterer ist nun wirklich nicht zu leugnen.
Andere Opfer werden gern vergessen. Z.B. werden in Berichten über Auschwitz fast nur die jüdischen Opfer erwähnt. Das allein an der Erschießungswand in Stammlager Zehntausende Polen ermordet wurden, findet kaum Erwähnung.
"Andere Opfer werden gern vergessen."
Richtig, das ist auch an dem beschämenden Umgang der deutschen Regierung im Falle der ermordente Sinti und Roma zu erkennen.
"...wurde organisiert und durchgeführt von Arbeitern der Brünner Waffenwerke, die ein paar Wochen zuvor noch eifrig für den deutschen Krieg produziert hatten."
Diese Arbeiter unterlagen der Arbeitspflicht unter einem brutalen Besatzungsregime. Und die Stützen dieses Regimes, waren die "armen" Deutschen vor Ort.
Bevor man so einen Artikel schreibt, sollte man sich wenigstens rudimentär mit ein Tatsachen vertraut machen und nicht nur ein paar Dinge heraus picken.
Das ist ja das Schöne an den Kollektiven: Der Einzelne kann sich bequem hinter ihnen verstecken und braucht sich mit (der meistens etwas unbequemen) Selbstkritik nicht zu belasten.
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Kommentar NS-Opfer in Tschechien: Sehr eingeschränktes Erinnern
Die Tschechen tun sich schwer mit dem Gedenken an die Nazi-Opfer. Als solche sehen sie sich selbst, es gab unter ihnen aber auch viele Kollaborateure.
Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma in Auschwitz. Tschechien will nun auch eine Gedenkstätte errichten Foto: ap
Die Schweinemast auf dem Gelände des ehemaligen „Zigeunerlagers“ Lety aufzukaufen, ist ein mutiger Schritt, besonders so kurz vor der Wahl. Die Roma sind in Tschechien nicht gut gelitten und viele Tschechen würden wahrscheinlich lieber ein neues „Zigeunerlager“ anstatt einer Gedenkstätte in Lety sehen. Gerade deswegen ist es ein richtiger Schritt, dem Völkermord an den Roma dort ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. In einer Gesellschaft, in der es völlig akzeptabel ist, „Zigeuner ins Gas“ zu schreien, herrscht offensichtlich Aufklärungsbedarf.
Allerdings tut man sich in Tschechien bis heute schwer mit Gedenken, das dem eigenen Geschichtsbild widerspricht. Die Tschechen waren Opfer der Nazis, ohne Zweifel. Aber es gab unter ihnen auch genug Täter, Kollaborateure. Lety ist ein Beispiel dafür.
Aber es gibt noch mehr. Den Brünner Todesmarsch, zum Beispiel, in dem Ende Mai 1945 die Brünner Deutschen brutalst gen Österreich getrieben wurden. Über die Zahl der Todesfälle wird bis heute gestritten, belegt sind um die 2.000. Der Todesmarsch wurde organisiert und durchgeführt von Arbeitern der Brünner Waffenwerke, die ein paar Wochen zuvor noch eifrig für den deutschen Krieg produziert hatten.
Gar nicht zurecht kommt man in Tschechien auch mit der Tatsache, dass es auch deutsche Helden gab. Oskar Schindler zum Beispiel, der im heutigen Tschechien geboren wurde. Seine Fabrik in Brünnlitz, heute Brněnec, verfällt zusehends. Auch weil sich das Kulturministerium acht Jahre Zeit gelassen hat, bis es die Gebäude unter Denkmalschutz stellte. Dabei handelt es sich bei der Schindler-Fabrik um die einzige noch erhaltene Holocaust-Stätte.
Doch wenn sich der tschechische Staat in Brünnlitz genauso viel Zeit lässt wie in Lety, wird diese Fabrik eben nicht mehr erhalten sein. Und das nur deswegen, weil der Staat keinen Willen zeigt. Eigentlich eine Schande.
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Kommentar von
Alexandra Mostyn
Auslandskorrespondentin Tschechische Republik
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