piwik no script img

Kommentar Ministerin über Ende GeländePopulismus statt Politik

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Bei Protesten gegen Braunkohle-Abbau sind Klimaschützer über zwei Felder gelaufen. Julia Klöck­ner hat sich nun empört darüber geäußert.

„Elitäres, ignorantes Verhalten“: Für die AktivistInnen hat Julia Klöckner eher wenig über Foto: dpa

H urra! Endlich nimmt CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöck­ner die Sorgen der Bauern im Rheinland ernst und spricht sich mit klaren Worten gegen die landwirtschaftlichen Schäden durch Klimawandel und Tagebaue aus …

Ach nein, sorry: gegen die landwirtschaftlichen Schäden durch Gegner von Klimawandel und Tagebauen. Denn die haben etwas Skandalöses getan: Bei ihren Protesten gegen die Klima- und Landschaftszerstörung, die mit dem Abbau der Braunkohle einhergeht, sind sie doch tatsächlich über ein Petersilien- und ein Karottenfeld gelaufen. Landwirtschaftliche Ressourcen zu zerstören sei ein „elitäres, ignorantes Verhalten“, zürnte Klöckner in einer Pressemitteilung und bescheinigte den Klimaaktivisten ein „Glaubwürdigkeitsproblem“.

Das hat allerdings eher die Ministerin selbst. Denn die durch die Proteste von Ende Gelände entstandenen Schäden sind minimal: Die Petersilie war längst abgeerntet, die Schneise durchs Karottenfeld ist gerade mal wenige Meter breit. Insgesamt dürfte etwa ein Zehntel Hektar betroffen sein.

Durch die Braunkohletagebaue im Rheinland, gegen die protestiert wird, sind in den letzten Jahrzehnten dagegen rund 17.000 Hektar Fläche abgebaggert worden, ein großer Teil davon wertvolles Ackerland. Nur ein Bruchteil davon entsteht später auf den renaturierten Flächen neu, und das meist mit weitaus schlechterer Bodenqualität.

Gegen diese gewaltige Zerstörung landwirtschaftlicher Ressourcen, für die viele Landwirte zwangsweise enteignet und umgesiedelt werden, war von Klöckner bisher kein Wort zu hören. Das entlarvt ihre angebliche Sorge um die Bauern als reinen Populismus gegen die Klimaaktivisten. Der mag bei vielen Landwirten gut ankommen. Doch von der klimabewegten Jugend entfremdet Klöckner ihre Partei mit solcher Polemik noch stärker. Und auch den Bauern würde sie mit einer konsequenten Klimapolitik mehr helfen als mit Kritik an jenen, die sich dafür einsetzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Mehr zum Thema

35 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Warum wird in diesem Text nicht auch erwähnt dass Ende Gelände die Bauern für entstandene Schäden mehr als angemessen entschädigt?

  • taz: "… sind sie doch tatsächlich über ein Petersilien- und ein Karottenfeld gelaufen. Landwirtschaftliche Ressourcen zu zerstören sei ein „elitäres, ignorantes Verhalten“, zürnte Klöckner in einer Pressemitteilung und bescheinigte den Klimaaktivisten ein „Glaubwürdigkeitsproblem“.

    Die "Nestlé-Ministerin" spricht also über ein 'Glaubwürdigkeitsproblem' der Klimaaktivisten. Das ist übrigens die selbe Ministerin, die ein staatliches Gutachten zu Krebsrisiken von Glyphosat nicht veröffentlichen will. Dass mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat mehr als nur Unkraut vernichtet wird, sollte eigentlich auch einer CDU-Politikerin irgendwann mal klar werden. Aber momentan sorgt Frau Klöckner sich lieber um das Wohl der armen Petersilie und der geschundenen Karotte.

    ***Glyphosat-Gutachten selbst anfragen*** fragdenstaat.de/ak...cht-2019/#anfragen

    Sicherlich wird man aber die zertrampelten Karotten an eine der 941 Tafeln in Deutschland abgeben, denn für Millionen armer Menschen hat unsere Regierung ja ohnehin nichts besseres übrig, als den "Dreck" den die Reichen in den Müll werfen. Zum Glück macht der Klimawandel aber keinen Unterschied zwischen Arm und Reich, denn dem Klimawandel ist es total egal, wem er in einigen Jahren den Hals umdreht.

    Der Erde ist es übrigens auch vollkommen egal, ob wir sie mit Chemie vergiften, die CO2-Emissionen noch mehr in die Höhe treiben oder ob wir Menschen uns mit unseren Atombomben selbst vernichten. Die Sonne hat noch "Brennstoff" für 5 bis 8 Milliarden Jahre und solange existiert die Erde auch noch. Also hat die Erde noch genügend Zeit sich von den Idiotien der Menschheit wieder zu regenerieren und vielleicht irgendwann einmal Leben zu schaffen, das wirklich den Namen Homo sapiens (der weise Mensch) verdient.

  • Frau Klöckner ist ein Paradebeispiel für eine "Politikerin", die ihre Amtsfunktion mit der einer Lobbyistin verwechselt. Bin mal sehr gespannt, wohin die Frau Ministerin nach dem Ende ihrer Amtszeit wechseln wird: Ernährungsindustrie? Agrarindustrie? Nestle?

    Ein Leitender Posten beim deutschen Schweinezüchterverband stünde Ihr meiner Meinung nach am besten zu Gesicht :)

    • @Grandiot:

      Ich vermute sie wechselt ins EU-Parlament.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wenn amtierende Minister nur noch hinbekommen, ihre eigenen Kritiker zu kritisieren, ist dies zwar legitim, aber am Ende nur eines: peinlich im Quadrat.

    Nestlé ruft, Frau Klöckner!

  • Liebe taz,



    ihr beschreibt die Schäden mit "Die Petersilie war längst abgeerntet, die Schneise durchs Karottenfeld ist gerade mal wenige Meter breit." Zu einem anderen Artikel zeigt ihr allerdings ein Foto, wie Demonstranten in voller Breite über ein reifes Getreidefeld trampeln. Natürlich ist das quasi nichts, gegen die Zerstörung durch die Kohlebagger. Aber für eure Glaubwürdigkeit und die der Aktiviten ist es dennoch schlecht.

  • Noch schlimmer ist nur noch die "Mörtler" und die kann nicht mal abgewählt werden.



    Demokratie ? Oder wat?

  • Witzig in dem Zusammenhang, dass die liebe Frau Ministerin Polizeipferde die durch's Feld reiten nicht erwähnt...

  • ich bin Landwirt, und froh darüber das ich mit der ex Weinkönigin, endlich mal wieder ein feindbild in unserer Regierung habe. obschon die vergangen komments die dame entlarven. habe in der schweizer tageszeitung heute gelesen. dass der nestle-konzern dort jetzt freiwillig einen nutri-sience auf seine produlte druckt :-)))

    • @Regenbogen:

      oh entschuldigung.



      ist schon spät.



      nicht die frau klöckner wird hier entlarvt. sondern ihr amt und ihr ministerium. sie merkt das blos nicht.

  • Ist denn bekannt welchen ungefähren Wert die zertrampelte Fläche im Verhältnis zur gesamten Nutzfläche des Bauern hat? ich kenne mich mit landwirtschaftlichen Produktionsmethoden nicht aus, aber ich könnte mir schon vorstellen das die zerstörte Fläche schmerzhafte finanzielle Einbußen für den Bauern bedeuten und wenn dann noch abfällige Kommentare kommen, dann weckt das nicht unbedingt Sympathien.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Corinna Hartmann:

      Sich-Nicht-Auskennen - und dies hier in aller Breite darstellen - scheint Ihre hervorstechende Spezialität zu sein. :-)

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Vielen Dank für die netten Worte, immerhin zeige ich Bereitschaft meine Unkenntnis und auch meine Meinung zu ändern, ganz im Gegensatz zu manch anderem Schreiberling hier der lieber sinnfreie beleidigende Äußerungen tätigt.



        Und falls das nicht angekommen ist, damit meine ich exakt Sie.

    • @Corinna Hartmann:

      Bauer "Willi" (kremer) - eigentlich pensionierter Manager der Zuckerindustrie- hat keinerlei Schaden.



      Sein Pertersilienfeld, über das -auch- einige Menschen gegangen sind, war schon abgeerntet.



      Der angeblich liegengelassene Müll ist eine freie Erfindung vom Möhren-Willi.



      Der Eigentümer des Möhrenfeldes hat sich nicht öffentlich geäußert.



      By the way:



      Sie hatten von Erkentnissen über "Unwahrheiten" von EndeGelände berichtet. (Plural) Könnten sie EINE dieser Unwahrheiten hier darstellen?

      • @Wagenbär:

        Wie wäre es denn zB mit der Behauptung das die 50 gefällten und zum Bau von Baumhäusern verwendeten Bäume angeblich von Borkenkäfern befallen waren? wen dem tatsächlich so gewesen wäre, dann hätte das befallene Holz umgehend aus dem Wald entfernt werden müssen, eine Verwendung als Baumaterial würde nur zur Verbreitung der Borkenkäfer beitragen, da die Viehcher so auf andere Bäume übertragen werden.



        Von Seiten der Waldbesetzer hieß es ja auch das der vor einigen Monaten abgestürzte Journalist angeblich gezielt von Polizisten vom Baum geschüttelt wurde, was auch nicht stimmte.



        Mich persönlich stören auch EXTREM die gewaltätigen Angriffe auf Polizisten und RWE-Mitarbeiter, wenn man sich schon für moralisch überlegen hält, dann sollte sich das auch in der Form des Protestes ausdrücken, ich finde der Zweck heiligt hier NICHT die Mittel.



        und ja, ichw eiß das ich mit dieser Ansicht in der heutigen Zeit leider traurigerweise alleine dastehe.:(

    • @Corinna Hartmann:

      Wenn Natotruppen mit deutscher Unterstützung "Operationen" durchführen dann nennen die gewählten Politiker die getöteten tausenden Unschuldigen kalt Kollateralschaden. Ist eben ein notwendiger Kampfeinsatz.



      Wenn Aktivisten mit zivilem Ungehorsam den Schutz unserer Lebensgrundlagen einfordern, dann werden diese von den gleichen Politikern in die Verbrecherliga gestellt, weil ein paar Möhren kaputtgegangen sind.



      Was schäbigeres, heuchlerisches gibt es nicht. Einfach nur noch traurig.



      Abwählen, abwählen, abwählen !!!!

      • @Traverso:

        Zustimmung. Zustimmung. Zustimmung.

      • @Traverso:

        Sorry, Frau Hartmann. Der Kommentar mit den Natotruppen sollte keine Antwort auf Ihren Kommentar sein, sondern ein allgemeiner Kommentar.

    • @Corinna Hartmann:

      Denken Sie auch über die zukünftig Abermilliarden Einbußen der Bauern nach, die der Klimawandel bringen wird." Kleine" Vorboten wie die jetzige Dürre als Denkanstoß.

      • @Traverso:

        diese Meinung wird den Bauern sicher sehr interessieren. Menschlichkeit und Rücksichtnahme fängt im Kleinen an, in dem Fall bei dem Bauern.

  • Da hat die CDU/CSU ein massives Problem mit einer Karrieristengeneration,die überdurchschnittlich dumm und arschkriecherisch ausgefallen ist.Die Scheuers,Dobrindts und Klöckners sind allesamt zum Schämen.

    • @Markus Müller:

      Ob da "Schämen" reicht, möchte ich stark bezweifeln.

  • Sie hat doch vollkommen recht. Für diese Räuber- und Gendarmspiele der Aktivisten, die dem Klima tatsächlich überhaupt nichts nützen und bestenfalls symbolischen Charakter haben, darüber hinaus bestehende Genehmigungen für RWE missachten und die eigene Ideologie über Recht und Gesetz stellen, verdient es keine Petersilien- und Möhrenpflanze, niedergetrampelt zu werden.

    • @Lockenkopf:

      Da hammers wieder: Zucht und - entschuldigung - Recht und Ordnung muss sein!!!Elf Wozu Herz und Hirn benutzen wenn es Gesetze gibt! DIe sind natürlich alle sinnvoll und unabänderlich in Stein gemeisselt! Scheißegal wie sinnvoll.

      "Die Gefahr der Demokratie sind weniger die Ordnungsstörer als alle,



      die die Ordnungsliebe übertreiben" (Sigmund Graff)

      • @Firlefonz:

        Wenn Sie den Kampf gegen den Klimawandel ernsthaft führen wollen, dann werden Sie Gesetze brauchen, dass es nur so raucht. Und, Recht und Ordnung muss sein, diese auch knallhart durchsetzen. Sie werden es doch sicher nicht dem Cayenne turbo-Fahrer als "ziviler Ungehorsam" durchgehen lassen, wenn er auf "Ihrem" Radweg parkt, oder?

    • @Lockenkopf:

      Selten so einen dümmlichen Kommentar gelesen.

    • @Lockenkopf:

      Ich nehme das jetzt mal als Satire.

    • @Lockenkopf:

      die frau ministerin ist halt eine engagierte pflanzenschützerin. wenn pflanzen leiden kann sie nicht einfach wegsehen, da muß sie etwas tun, naja zumindest etwas sagen. mit taten hat es die politik ja nicht mehr so. heute bittet man lieber.

      • @nutzer:

        Schließlich sind Möhren keine Ferkel...

  • Erbärmlich. Aber es ist ja auch nicht die Landwirtschaftsministerin, sondern die Pressesprecherin von Nestlé. Die beiden sehen sich unheimlich ähnlich und heißen genau gleich.

    • @Karl Kraus:

      Sehr treffend formuliert.

  • Es scheint so, als wäre der Kopf der Ministerin mit einem landwirtschaftlichen Produkt gefüllt :-)

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja. Gülle. Sagen Sie's ruhig, sagen Sie's ruhig :)

      • @Firlefonz:

        Ich hatte eher an etwas Trockneres gedacht...

    • 9G
      98589 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ja, garantiert.