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Kommentar Migranten bei der PolizeiGefährliche Monokultur

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Gut ausgebildete Jugendliche aus Einwandererfamilien wollen nicht in die Sicherheitsbehörden oder in die Medien. Sie wollen Geld verdienen.

Dabei kann Polizist sein so viel Spaß machen Bild: dpa

M ehr Beamte mit Migrationshintergrund bei Polizei und Verfassungsschutz – das war mal eine der zentralen Forderungen, die der Bundestags-Untersuchungsausschuss zur NSU-Affäre in seinem Abschlussbericht erhoben hat. Parteiübergreifend war sich der Ausschuss vor einem Jahr darin einig, dass die Voreingenommenheit der Beamten, welche fast unisono die Angehörigen der NSU-Opfer verdächtigten und die rechtsextreme Gefahr dramatisch unterschätzten, auch der Monokultur in ihren Behörden geschuldet war.

Doch passiert ist seitdem wenig. Noch immer finden sich bei Polizei und Verfassungsschutz kaum Mitarbeitende aus Zuwandererfamilien, jedenfalls deutlich weniger als im Durchschnitt der Bevölkerung. Das ist fatal. Denn nur, wenn sich in den Sicherheitsbehörden die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegelt, bleiben diese in der Lage, die Risiken und Gefahren richtig einzuschätzen, die dieser Gesellschaft drohen. Journalisten sollten es sich aber nicht so einfach machen und nur mit dem Finger auf die Behörden zeigen. Denn in den Redaktionen deutscher Zeitungen und TV-Sender sieht es nicht viel besser aus. Mitarbeitende mit Migrationshintergrund sind auch hier rar gesät.

Weist man darauf hin, klagen Verleger gern, es gebe einfach zu wenig qualifizierte Bewerber mit Migrationshintergrund für den Job. Ähnlich argumentieren auch Polizei und Polizeigewerkschaften.

Dass vielen gut ausgebildeten Jugendlichen aus Einwanderfamilien eine Karriere bei den Sicherheitsbehörden oder in den Medien nicht attraktiv erscheint, ist Teil des Problems. Sie streben, als Bildungsaufsteiger, lieber in Berufe, die mehr Geld und Prestige versprechen. Ändern kann man das nur, wenn man sich noch mehr als bisher um diese Menschen bemüht.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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13 Kommentare

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  • Ich hab schon länger den Verdacht, dass ein Großteil der angehenden Polizeibeamten den Job hauptsächlich deshalb macht, weil sie sonst keine beruflichen Perspektiven sehen. Und das meistens auch zu recht. Gehen Sie mal an so einer Polizeiakademie vorbei und schauen sich die Jungs und Mädels an, wie sie reden und sich verhalten. Als Arbeitgeber würde man solche Leute nicht einstellen wollen. Gerade noch gut genug für die Verbeamtung und den lebenslangen Staatsdienst.

     

    Einen gewissen Anteil stellen auch ganz offensichtlich immer noch diejenigen, welche ihre Gewaltfantasien gerne ganz legal ausleben möchten.

     

    Dass (Post-)Immigranten mit einigermaßen ordentlichem Bildungsabschluss da nicht mitmachen wollen, wer kanns ihnen verdenken? - und die anderen dürfen ja nicht...

  • Dagegen: was tummelt sich bei Security-Firmen? Da passt die These doch nicht so recht, was? Dafür würde da die wieder passen, dass man der hiesigen Gesellschaftsordnung doch nicht so verbunden sein möchte...

    • @ioannis:

      Sema hat es schon gesagt: die Leute bei den Security-Firmen dürfen zu einem großen Teil keine Chance haben, bei der Polizei aufgenommen zu werden.

    • @ioannis:

      Könnte auch so ein kulturelles Ding sein.

       

      Im Orient hat die Polizei kein besonders hohes Ansehen bei den Menschen, denn das sind meistens ziemlich üble Typen, die den Job machen. Wenn Sohnemann da Polizist wird, ist das nix worauf die Familie stolz ist.

       

      Solche Einstellungen ändern sich nicht so schnell.

    • @ioannis:

      Das sind allerdings weniger die Bildungsaufsteiger, als vielmehr die, denen nichts anderes übrig bleibt, weil sie sonst nix finden.

  • Herr Bax, wie immer eine dickes Danke für die Vorlage!

     

    Allgemeine Nachwuchsprobleme sollen bei der Polizei nix neues sein.

    Brauch man nur mal googeln.

     

    Da findet man gleich was von

    'Image-Problemen, weil sie nicht mehr als Hüterin von Recht und Ordnung, sondern als Schutz-Verein für Banken, Politiker und andere Interessensgruppen gesehen wird'

     

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/11/24/polizei-findet-keinen-nachwuchs-zu-oft-auf-der-falschen-seite/

     

    Dann ist natürlich die Attraktivität und Sicherheit ein Thema... wird ja auch bei der Polizei viel von Stellenabbau und Kürzungen geredet! Und sind die Aufstiegschancen (die man in unser Gesellschaft immer suggeriert bekommt, Stichwort 'Haus am See' und so) bei der Polizei vergleichbar mit anderen Berufen, die von Einwanderern gern anvisiert werden, wie zB. dem Ärztestand?

    Wie siehts mit Förderung und Abwechslung aus im durchbürokratisiserten Apparat?

    Wie oft sieht man gutgelaunte Streifenbeamte? Na, kein Licht am Fahrrad? 30 Euro! Will man da hin?

     

    Polizeigewalt, Rassismusvorwürfe? Auch nicht unbedingt ein Pullfaktor für Einwanderer, mh?

     

    Zum Schluss noch allgemein-gesellschaftlich... es mangelt also an qualifiziertem Nachwuchs. Eine alternde Gesellschaft, wo stumpf Trumpf ist in Politik, Medien und Alltag... sucht natürlich lange auf nen differenziert denkenden, hochmotivierten UND sportlichen Bewerber, ob nun deutsch oder sonstwoher.

    • @friedjoch:

      Natürlich will da kaum jemand hin!

       

      Und der Laden läßt sich nur mit besserer Bezahlung , genug Personal und gut ausgebildeten Leuten verbessern!

       

      Karl

  • D
    D.J.

    Verwirrstei. Diesmal kein ausschließliches nostra culpa, sondern auch Desinteresse der Betreffenden angesprochen? Was ist mit D.B. los?

    • @D.J.:

      DJ sein verwirrt dass wenige bei deutsche Bullizei sein wollen.

       

      Man würde sich schon gute Gründe denken können, wenn man nachdenken können wollen würde.

       

      Aber brauch man nich. Weil Grund is ja da: Desinteresse.

      • D
        D.J.
        @friedjoch:

        Sie wollen mir abhelfen? Ich kann nur von mir reden, warum ich nicht gern Polizist wäre. Zu schlechte Bezahlung, um der A... für jedermann zu sein (betrifft tw. uch Lehrer, aber nicht so extrem).

        • @D.J.:

          Also zu wenig Geld für zu wenig Anerkennung.

          Wer soll das dann noch machen, außer vermehrt Leute die ihren Autoritätswahn mit vermeintlich deutschem Auftrag ausleben wollen?

          • @friedjoch:

            Wer noch zur Polizei will? Vielleicht Idealisten die einen Job nicht nur nach Lohn und Anerkennung bewerten. Das sind sicherlich nicht alle, aber ein nicht zu vernachlässigender Teil - genauso wie in allen Jobs in denen man "Überzeugungstätern" begegnet.

        • D
          D.J.
          @D.J.:

          Das heißt, ich frage doch lieber die Migranten unter meinen Bekannten und Freunden. Ist glaube ich sinnvoller, als mir von Dritten erklären zu lassen, was Migranten so zu denken haben und wie sich sich diskriminiert zu fühlen haben.