piwik no script img

Kommentar Maut und DatenschutzÜberwachung auf der Überholspur

Kommentar von Svenja Bergt

Wer massenhaft Daten über Kennzeichen und Fotos von Fahrern speichert, schafft Begehrlichkeiten. Vor allem bei den Fahndungsbehörden.

Brücke mit Messgeräten zur Erfassung der Maut-Gebühren Bild: ap

S eit fast anderthalb Jahren kommen alle paar Wochen neue gruselige Überwachungsdetails aus den Unterlagen des Whistleblowers Snowden ans Licht. Und was fällt dem Verkehrsminister ein, der immerhin auch fürs Internet zuständig ist? Noch ein bisschen mehr Überwachung. Passend zum Thema durch die Hintertür. Versteckt in einem Gesetz zur Maut.

Der Minister hat gerade in jedes Mikrofon diktiert, selbstverständlich würden die Mautdaten wieder gelöscht und Profile der Autofahrer schon gar nicht angelegt. Das wirkt schon ziemlich seltsam.

Kennt er das Gesetz nicht? Oder war den Autoren nicht bewusst, welche Auswirkungen ihre Paragrafen haben werden? Schwer zu sagen, was das kleinere Übel wäre.

Das Problem bei der Speicherung von Daten, und zwar je mehr und je länger, ist: Sie weckt Begehrlichkeiten. Bislang hat sich der Betreiber des Mautsystems gut geschlagen und Zugriffsversuche unter Verweis auf die Gesetzeslage abgewehrt.

Aber das kann sich ändern. Wenn erst einmal massenhaft Fotos von Kennzeichen und Fahrer samt Beifahrer vorhanden sind und mehr als ein Jahr lang gespeichert bleiben können, wird es nicht lange dauern, bis Ermittler behaupten werden, diesen oder jenen Datensatz ganz unbedingt für die Aufklärung eines schweren Verbrechens zu benötigen.

Die Argumentation gab es in der Vergangenheit schon öfter, und die Verbrechen wurden letztlich auch ohne Mautdaten aufgeklärt.

Doch die Politik wird spätestens in einem solchen Fall einknicken und das Zweckentfremdungsverbot kippen. Wo das hinführt, ist klar: Wer der Überwachung entgehen will, umfährt die Autobahnen. Zumindest für den Anfang. Eine Ausdehnung der Mautüberwachung auf – erst einmal – Teile von Bundesstraßen hat der Verkehrsminister schon angekündigt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!