Kommentar Massendemo in München: Die CSU hat ausgehetzt
Zehntausende wollen heute in München gegen die christsoziale Abschottungspolitik demonstrieren. Das macht Söder & Co. offenbar Angst. Gut so!
S chon die Vorbereitungen zur großen „Ausgehetzt“-Demo in München haben bei der CSU eine mittelschwere Panik ausgelöst. Zehntausende Menschen gingen am Sonntag auf die Straße gegen die verbal wie real flüchtlingsfeindliche Politik der Christsozialen – in strömendem Regen.
Es ist ja nicht nur das zynische Gerede über 69 abgeschobene Flüchtlinge zum 69. Geburtstag Horst Seehofers oder der „Asyltourismus“, über den Markus Söder nun so nicht mehr sprechen möchte. Es ist vor allem auch die faktische Abschottungspolitik, die die Menschen auf die Straße treibt: Zurückweisungen an der Grenze, die Errichtung von unwürdigen Abschiebezentren, reale Stigmatisierung von Schutzsuchenden auf allen Ebenen.
München mit seiner liberal-offenen Gesellschaft ist genau der richtige Ort für eine wuchtige Meinungskundgebung. Wenn die CSU in ihre Schranken verwiesen werden kann, dann in dieser Stadt.
Eine solche Mega-Demo trifft die Christsozialen empfindlich.Wie sehr die Regierungspartei auch nach der jüngsten 38-Prozent-Umfrage mit den Nerven runter ist, zeigt etwa der peinliche Versuch, den Theatermacher Matthias Lilienthal dienstrechtlich abstrafen zu wollen, weil er mit dem Aufruf zur Demo-Teilnahme die politische Neutralität der Münchner Kammerspiele verletzt habe.
Bayerns Mitte will keine AfD light
Maulkörbe gegen Künstler kann der autoritäre CSU-Freund Viktor Orban in Ungarn erteilen, hier geht das nicht. In der Nacht haben die Christsozialen die Demostrecke durch weite Teile der Innenstadt nun mit Plakaten vollgepflastert: „Ja zum politischen Anstand, nein zu Ausgehetzt.“
#Ausgehetzt-Demo in München
Am Tag davor hatte Oberbayerns CSU-Chefin Ilse Aigner dazu aufgerufen, über Flüchtlinge „empathisch“ zu diskutieren. Gerät da etwas in Bewegung, nicht aus Einsicht, aber aus der Erkenntnis heraus, dass Bayerns Mitte von der Regierungspartei keine AfD-Light-Hetzparolen hören will?
Es sind eben nur zu einem kleinen Teil „die stadtbekannten Schlachtrösser der linken Bewegung in München“, wie ein CSU-Stadtrat polemisierte, die jetzt „ausgehetzt“ sagen. Dass die CSU mit ihrem bisherigen Allmachtsanspruch und den damit einhergehenden Attitüden jetzt Angst bekommt, ist ein gutes Zeichen. Darauf kann München ein klein wenig stolz sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche