Kommentar Lagarde als EZB-Chefin: Absage ans deutsche Sparbrötchen
Die EU will Kontinutität in der Geldpolitik. Die Entscheidung für Christine Lagarde ist auch eine gegen Bundesbankchef Jens Weidmann.
Christine Lagarde als neue EZB-Chefin ist ein Glücksfall, denn sie wird die Geldpolitik ihres Vorgängers Mario Draghi nahtlos fortsetzen. Auch Lagarde wird die Zinsen niedrig halten, bis sich die Wirtschaft in der gesamten Eurozone stabilisiert hat.
Die Entscheidung für Lagarde ist auch eine Absage an Bundesbankchef Jens Weidmann, der lange Zeit als möglicher EZB-Präsident gehandelt worden war – jedenfalls in Deutschland. Außerhalb der Bundesrepublik hat Weidmann kaum Fans, weil er ständig quengelte, dass die Zinsen wieder steigen müssten, obwohl die Krise in den anderen Ländern noch nicht überwunden war. Diese deutsche Egozentrik hat die Europäer enorm verärgert, zumal Weidmann gern den Moralapostel gab, nach dem Motto: An den deutschen Exportüberschüssen soll ganz Europa genesen.
Weidmann ist derart unbeliebt, dass es kein Zufall sein dürfte, dass die Europäer einen absolut sicheren Weg wählten, um ihn zu verhindern – und Ursula von der Leyen als Chefin der EU-Kommission vorschlugen. Weidmann ist damit automatisch aus dem Rennen, denn zwei mit Deutschen besetzte Spitzenposten sind undenkbar.
Anders als Weidmann bringt Lagarde den Weitblick mit, um die Eurozone zu steuern. Als langjährige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte sie intensiv mit der Eurokrise zu tun und warnte schon früh, dass Griechenland seine enorme Schuldenlast nicht tragen könne und substanzielle Hilfe braucht. Lagarde ist zwar mit Ex-Finanzminister Schäuble befreundet, aber seine Krisenpolitik hat sie abgelehnt: Sie hält nichts davon, durch übertriebene Sparpolitik das Wachstum abzuwürgen.
Lagarde wird also dort weitermachen, wo Draghi aufgehört hat – und die deutsche Politik des Öfteren mit ungebetenen Ratschlägen versehen. Auch von Lagarde wird Berlin hören, dass die Eurozone ein Konjunkturpaket braucht, was implizit meint: Deutschland sollte sich von seiner „Schwarzen Null“ verabschieden.
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