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Kommentar Labour Party nach dem BrexitEin fundamentales Missverständnis

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die Labour Party hat die Tuchfühlung zu den Prekarisierten fahrlässig eingebüßt. Parteichefs wie Corbyn verkörpern nichts als ein Missverständnis.

Labour-Chef Jeremy Corbyn: Ob er wirklich weiß, wo es lang geht? Foto: ap

D ie Arbeiterklasse Großbritanniens wird mutmaßlich am stärksten unter dem Brexit zu leiden haben. Das wusste – eventuell – auch die Labour-Führung um Jeremy Corbyn. Und die thematisierte zwar die strukturellen Probleme der Europäischen Union, war aber nicht willens, darauf zu verweisen, dass die Einsparungen im Gesundheits- und Bildungsbereich wesentlich mit den Konservativen zu tun haben, nicht jedoch mit der EU.

Corbyn und seine Hipster-Freunde – welche seinetwegen kürzlich massenhaft in die Partei der britischen Arbeiterbewegung eintraten – entschieden sich gegen die proeuropäische Mobilisierung. Es ist dies ein neuerlicher Beweis, dass diese Partei Kontakt und Tuchfühlung zu den Prekarisierten fahrlässig eingebüßt hat.

Labour, das ist – wie so viele Sozialdemokratien in Europa – eine Partei geworden, die sich mehr um Islamfragen, Kritik an Israel, Postkoloniales, LGBTI*-Themen oder kulturelle Geschmacksfragen kümmert, als es für ihren politischen Erfolg auch in den White-&-Colored-Trash-Gegenden, den Zentren der englischen Industrie, nötig wäre.

Es sind Themen, die die Kulturlinke stark interessieren, aber eben nicht den Widerhall in jenen Regionen finden, in denen sozusagen die Abgehängten der digitalen Revolutionen leben. Unter den Brexisten sind viele dieser Prekarisierten – ihr Urteil zur EU hat wesentlich mit dem Hass auf diese ewigen Schlaumeier der besseren linken Kreise zu tun.

Nur begrenzt grün werden

Sozialdemokraten büßen dort stark an Einfluss ein, wo sie sich auf ideologischen Feldern tummeln, die originär nicht die Ihrigen sind. Und auf die sie sich auch nicht – nicht einmal gefühlt – konzentrieren sollten. Sozis sind dafür da, jene, die man früher zur Arbeiterklasse zählte und heute zum (nicht nur weißen) „Prekariat“ summiert, nicht den Nationalisten zu überlassen und bessere Lebensbedingungen für sie und mit ihnen zu erkämpfen.

Demokratische Arbeiterparteien dürfen inhaltlich nur begrenzt grün werden, vor allem sollten sie die eigene Kundschaft immer im Blick behalten.

Sozialdemokratie, wie die Corbyn-Hipster sie sich vorstellen, ist Quatsch

Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht haben die richtige Fährte aufgenommen. Wie im Übrigen auch die schottlandpatriotische und nichtrassistische SNP unter Nicola Sturgeon. Parteichefs wie Corbyn verkörpern nichts als ein Missverständnis.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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42 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • 3G
    34998 (Profil gelöscht)

    Labour hat - vermutlich aus taktischen Gründen - keine unüberhörbare und eindeutige Position für ein "Remain" bezogen. Jedenfalls war außerhalb des UK von Labour dazu nichts wahrzunehmen...wie überhaupt Labour irgendwie nicht mehr wahrzunehmen ist. Wie bei allen anderen dürfte ausschlaggebend dafür gewesen sein, daran zu glauben, dass es schon geht gehen wird und dass man es sich nicht mit den Brexitern - war sicher auch reichlich Labour-Klientel dabei - nicht für die Zukunft verderben wollte. Man kann ja gern und viel über New Labour lästern, aber mit einem Tony Blair am Ruder wäre so eine totale politische Pleite nicht passiert! Hier zeigt sich das Dilemma der europäischen Linken, die ihre erfolgreichsten Anführer (Schröder, Blair) teils aus purer Besserwisserei (getarnt als: Programmtreue und Kampf für angeblich Unterprivilegierte, denen dieser Kampf meist völlig egal ist) abgeschossen hat: wenn man schon zwischen der Scylla des kaum verbrämten Populismus (auch Lafontainismus genannt) und der Charybdis des wohlig grünen Wolkenkuckucksheims auf dem bewegten Meer der realen Politik erfolgreich LINKS durch den Sturm schippern will, dann sollte man einen Odysseus als Kapitän haben, aber keinen Leichtmatrosen. Sonst - siehe Gabriel und Corbyn und Hollande - Bäng - ist man schnell mal an Dritter Stelle hinter Konservativen und National-Reaktionären.

    • @34998 (Profil gelöscht):

      Garbriel, Corbyn und Hollande in einem Atemzug nennen kann nur, wer sich diesen Politikern nicht näher beschäftigt hat. Besonders die Beschäftigung mit Corbyns politischer Vergangenheit kann ich dir nur wärmstens ans Herz legen. Fang doch mit seiner Rede gegen den Irak-Krieg an. Findet sich auf gängigen Streaming-Plattformen.

    • @34998 (Profil gelöscht):

      Frigeo Brause!

      Auf hohler See!

      Ahoj & have a look!

      Autor meets Autor meets Autor

      Ja ditte - JAF PU & der Dritte! &

      Polyphem:Odysseus - war ein Blender!;))

  • Es überrascht mich doch immer wieder wie leicht Menschen ihre Vorurteile mit der Realität verwechseln - eigentlich sollte ich langsam lernen, dass das der Normalzustand ist.

     

    "ihr Urteil zur EU hat wesentlich mit dem Hass auf diese ewigen Schlaumeier der besseren linken Kreise zu tun"

    Tja, wenn diese ewigen Schlaumeier sich derart lächerlich machen wie in dem Artikel hier, kann man ihnen wohl nur Recht geben.

     

    Die Briten haben vielleicht durchaus richtig erkannt, dass die EU das Problem ist zu dem Europa die Lösung sein könnte - man müsste nur noch die EU entsorgen.

  • Nein, genau andersrum:

    Corbyn und viele Labour-Abgeordnete beteiligten sich an der Position Stay in EU, und betonten Against the Cuts.

     

    Umgekehrt wird Jan Feddersen nicht müde sein schwarz-grünes Programm zu verbreiten.

  • England ist zu beglückwünschen. So stellt man sich Demokratie vor.

  • Die EU ist nicht Europa.

  • Nichts für ungut, aber Feddersens Kommentare passen besser in die Ecke ESC und Homosexualität. Wenns ans Politische geht, wirkt das alles etwas naiv und wenig durchdacht.

     

    Seit Corbyn gewählt wurde, wartet der konservative Flügel der Partei auf eine Gelegenheit ihn in Misskredit zu bringen. Jetzt ist sie da und wird schön verschleiert. Natürlich stellt er sich manchmal nicht grad geschickt an, völlig versagt hat er aber wohl nur für die, für die am Brexit der Teufel höchstpersönlich schuld ist.

    • @TV:

      Ja. Die ESC- und CSD-Elfen liegen ihm besser.

  • "Es ist dies ein neuerlicher Beweis, dass diese Partei Kontakt und Tuchfühlung zu den Prekarisierten fahrlässig eingebüßt hat."

     

    Hat die SPD nicht das gleiche Problem?

  • 70% der Gesetze, die für Engländer gelten, sind nicht von London, sondern von Brüssel gemacht. Wer würde sich dagegen nicht zu Recht wehren?

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Gleicher Unsinn behauptet hier Frau M. aus B.

       

      Fakt ist doch wohl, dass die EU-Kommissariate von den nationalen Regierungen besetzt werden und die Entscheidungen in Brüssel nicht gegen eine der starken Nationen gefällt werden, weder gegen London, noch gegen Berlin.

       

      Die Gesetze, die für Engländer gelten, kamen immer nur mit Billigung der englischen Konservativen in Brüssel zustande, niemals ohne sie.

      • @cursed with a brain:

        Hier geht´s doch nicht um Nationen, lieber Kollege. Hier geht´s um Neoliberalismus und der ist international.

         

        Davon ab: Dass Wahlen nichts ändern und es egal ist, ob Konservative oder angebliche Sozen regieren, sollte man in den vergangenen 25 Jahren gelernt haben.

  • Trash-Gegenden, Leute, ihr spricht hier von Menschen, die Müll seien. Was ist nur mit Euch los?

     

    Das zeigt aber vielleicht die Hipster-Absurdität, sich auf der einen Seite für eine Gedankenkäfigzone für mimosige "marginalisierte Kreise" zu ihrem Schutz im Urbanen einzusetzen und auf der anderen Seite auf die reale Arbeiterklasse verächtlich herab zu blicken.

    • @Ansgar Reb:

      Ja, der Hipsterfaschismus ist ein echtes Problem geworden - und zwar für Europa.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Hipsterfaschismus

        - Der Film - (gekauft;)

        Regie: Lubitsch/Chaplin

        Casts:…¿;()

  • Jan Feddersen traut sich wohl nicht, seine Botschaft auf den Punkt zu bringen. Corbyn wird ja - insbesondere in der eigenen Parlamentsfraktion - der Vorwurf gemacht, nicht richtig gegen den Brexit mobilisiert zu haben. Aber doch nicht deshalb, weil er sich zu sehr um "Islamfragen, Kritik an Israel, Postkoloniales, LGBTI*-Themen oder kulturelle Geschmacksfragen" gekümmert hätte, sondern weil er für offene Grenzen innerhalb der EU, also die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingetreten ist, obwohl das Thema Einwanderung eines der zentralen Themen bei der Brexit Kampagne war. Das Thema "Einwanderung" ist gemeint, wenn Corbyn vorgeworfen wird, sich von der Labour-Wählerschaft entfernt zu haben. Wenn jetzt Jan Feddersen anmahnt, dass Sozialdemokraten die eigene "Kundschaft" im Blick haben müssen, ist dann nicht gemeint, dass sie das Thema Zuwanderung anders ansprechen sollen, als Corbyn? So macht ja auch Feddersens Verweis auf Lafontaine und Wagenbach Sinn:

    Soll die Sozialdemokratie mehr gegen "Fremdarbeiter" agitieren, ganz so wie es Oskar Lafontaine vorgemacht hat? Soll sie mehr über die Grenzen der Zuwanderung reden, wie Sarah Wagenknecht?

    Und gehörte in die Reihe der Beispiele wie man es aus Feddersens Sicht richtig macht, nicht der Hinweis auf Rot-Grün im Bund? Rot-Grün sorgte dafür, dass bei der EU Osterweiterung ab 2004 für 7 Jahre die Arbeitnehmerfreizügigkeit ausgesetzt wurde, sodass sie für Bulgarien und Rumänien erst zum 1.1.2014 in Kraft trat. Ganz anders als in Großbritannien, wo sie sofort galt, abgesegnet von den Labour Premiers Tony Blair und Gordon Brown?

    Aber die zynische Aufforderung die Sozialdemokratie, sie solle doch etwas mehr auf Abschottung und weniger für Freizügigkeit eintreten, das wäre für die taz LeserInnenschaft wohl etwas zuviel.

  • Ein ideologischen Feld, das originär ein sozialdemokratischen ist, ist zweifellos "der Aufstieg'. In einer Welt, in der es zum Oberseite gehört, auf andere herabzusetzen, ist das ein echtes Problem, schätze ich. Jedenfalls für sozialdemokratische Politiker, die ihre Wähler unterhalb der Mitte habe müssten. Wenn es einen Irrtum gibt, dann ist es der: "Rechts ist oben, links ist unten und die Mitte bin ich selbst."

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Bin ich zu blöd, um diesen Kommentar zu verstehen?

      • @571 (Profil gelöscht):

        Vermutlich.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    "Es sind Themen, die die Kulturlinke stark interessieren, aber eben nicht den Widerhall in jenen Regionen finden, in denen sozusagen die Abgehängten der digitalen Revolutionen leben. Unter den Brexisten sind viele dieser Prekarisierten – ihr Urteil zur EU hat wesentlich mit dem Hass auf diese ewigen Schlaumeier der besseren linken Kreise zu tun."

     

    Streiche "Brexisten", setze "Pegisten" und Welcome to Germany...

     

    Ob Wagenknecht und Lafontaine der aufgenommenen Fährte folgen dürfen oder ob die Linke sie stoppt wird sich noch zeigen. Die SPD hat die Prekarisierten ohne Not aufgegeben, sie waren ihnen zu schmuddelig, ob sich die Linke in die Niederungen der kleinen Leute begibt ist sehr fraglich. Sicher ist, kümmern sich die linke Politik nicht um die Abgehängten tut es die rechte...

  • Jan Feddersen wollte den Kommentar vermutlich in der "Wahrheit" einstellen und hat das falsche Knöpfchen gedrückt.

  • "ihr Urteil zur EU hat wesentlich mit dem Hass auf diese ewigen Schlaumeier der besseren linken Kreise zu tun"- das scheint wohl mehr die Meinung des Autors als eine realistische Zustandsbeschreibung zu sein - und damit disqualifiziert der Autor sich selber...

    • @Henning Lilge:

      Ich halte genau diesen Satz für den zutreffendsten.

      Die Fair trade Linken sind das Gegenteil derjenigen die abgehängt sind aber Brexit gewählt hatten.

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Henning Lilge:

      Das ist eine hervorragende Zustandsbeschreibung die für fast ganz Europa gültig ist (eventuell nicht in Bezug auf Corbyn persönlich, aber dennoch). Wieso wenden sich ausgerechnet die Abgehängten von der

      Linken ab und der Rechten zu?

       

      Reden Sie mal ausführlich mit den "kleinen Leuten", in deren Weltbild spielen die Lieblingsthemen der modernen Salonlinken doch überhaupt keine Rolle. Linke Politik bedeutet derzeit doch Politik für die Filterblase zu machen. Weite Teile der politischen Linken haben mit dem klassischen Proletariat nichts mehr zu tun, schlimmer noch, sie verachten das gemeine Volk unverhohlen. Dies ist wohl der eigentliche Grund für das erstarken der Rechten.

  • 6G
    64938 (Profil gelöscht)

    Ich finde es etwas peinlich, gerade Corbyn in die gleiche Ecke zu stellen wie Schröder, Blair und Konsorten.

    Corbyn wurde in einer Urwahl von Labour-Mitgliedern gegen das Partei Establishment gewählt. Diejenigen, die wahnsinnigerweise jetzt einen Aufstand gegen ihren Hoffnungsträger vom Zaun brechen, hätten lieben einen wie Blair gehabt.

    • @64938 (Profil gelöscht):

      "Labour-Mitglieder" ist aber nicht dieselbe Zielgruppe wie "Labour-Wähler". Genau das will Feddersen sagen.

       

      Die Klientel der Labour-Partei muss weit über die ideologisch definierten Gruppen der "Fundis" (Corbyn & Co.) und "Realos" (New Labour) innnerhalb der Partei hinausgehen und sich auch auf Jene ausdehnen, denen links und rechts eigentlich egal ist, solange ihre Existenzängste addressiert werden und möglichst auch ein (gerne angereifbarer) Schuldiger für alle Missstände benannt wird. Wer die mit linker Politik nicht begeistern kann, verliert sie - und zwar im Zweifel an die (insoweit "unmittelbare") extrem rechte Konkurrenz.

  • Ein völlig kenntnisloser Artikel. Ausgerechnet Corbyn vorzuwerfen, er repräsentiere "mit seinen Hipsterfreunden" die kulturalistisch-hedonistische Linke und habe den Kontakt zu den Unterprivilegierten in GB verloren, ist schon ein starkes Stück. Corbyn ist gegenwärtig der einzig relevante englische Politiker. der die soziale Frage thematisiert, das unterfinanzierte öffentliche Gesundheitssystem reformieren will, die Finanzhaie der Londoner City an die Kette legen will, die britischen Steueroasen austrocknen und ein gerechtes Steuersystem implantieren will. Im Zuge seiner Kandidatur zum Labour-Parteivorsitzenden sind über 100.000 Menschen neu in die Partei eingetreten - die meisten jung, viele mit proletarischem Background und mit Gewerkschaftsaffinität. Und was die "kulturalistische englische Hipster-Linke" betrifft: Die sorgt sich gerade wesentlich darum, ob EASYJET im Zuge des Brexits die Flugpreise nach Berlin und Prag relevant erhöht: Die Wochenendparties im Berliner Berghain dürften dann nämlich ein paar Pfund mehr kosten. Herr Feddersen: Überlassen Sie mal die Berichterstattung über die britischen Freunde unserem sympathischen Britenkenner Ralf Sotschek: der kennt sich da wirklich gut aus - beim ihm merkt man als Leser immer, dass Denk- und Schreibprozess (meistens) doch in einer gewissen Verbindung stehen.

    • @Thea:

      Danke.

      Auf gut plattdeutsch -

      "Hei weet vonne Steenstraat nix af."

  • Das fundamentale Missverständnis ist die Thatcher und Blair Politik der Labour-Party, die vorher ihre Wurzeln in den gesellschaftlichen Zukunftsfragen hatte. In Großbritannien gibt es seitdem eine Politik extremer Spaltung. Das, was Friedrich Engels vor 150 Jahren in der britischen Gesellschaft beschrieben hat, war der "Manchester - Kapitalismus" . Dagegen hatten immer die Labour-Mehrheitssysteme eine starke Ausrichtung gehabt. Wenn sie nach dem Ende des Kalten Krieges eine andere Parteipolitik mit charismatischen Spitzenkandidaten eingeführt hätten, wäre das britische Gewicht in Europa gewachsen. Die Union sähe auch anders aus als heute - ohne Nationalismus und konservativen Brexit.

    Der Kommentar von Jens Federsen verkürzt das Zukunftsmodell, das schon heute bei den Jugendlichen in die soziale Ausgeglichenheit führen soll. Siehe die USA mit Bernie Sanders!

  • "die eigene Kundschaft immer im Blick behalten"

    Wer kümmert sich eigentlich noch um diese "Kundschaft"? Das Problem in den grossen europäischen Industrieländern wie GB, Frankreich und Deutschland ist identisch: die Prekarisierten, gleich welchen beruflichen Niveaus, die Arbeitslosen, die Armen, die armen Alten....werden als politische Themen nur dann hervorgeholt, wenn es den Parteien politisch situativ in den Kram passt, sonst nicht. Manche Parteien gehen sogar davon aus, dass diese Bürger als Wähler ohnehin nicht mobilisierbar sind, also weshalb sich um sie bemühen. In der Tat erwarten die erwähnten Populationsgruppen nicht mehr viel oder gar nichst von der Politik. Die Frage stellt sich aber dann: wer trägt die Verantworrtung dafür?

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Sysyphos:

      Verantwortlich ist da wohl "irgendwer sonst".

       

      Das Thema muss doch sein wie man an die 25-30% Nichtwähler herankommt bevor sie von anderen abgefischt werden. Das hört sich jetzt sehr technisch an, aber darauf läuft es hinaus, die restlichen Stimmen sind nämlich grob verteilt. Schafft es die AfD einen größeren Teil der bisherigen Nichtwähler zu mobilisieren sehen wir 2017 ein gelinde gesagt unerfreuliches Wahlergebnis im Bund.

  • Der Kommentar wurde entfernt.

    Die Moderation

  • Den Artikel ist etwas wirr. Und dann werden am Ende noch die Nationalisten der Linkspartei gelobt...

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Corbyn und seine Hipster-Freunde..."

     

    "Parteichefs wie Corbyn verkörpern nichts als ein Missverständnis."

     

    Mit Verlaub - was ist das für eine verquirlte Kacke? Es gibt keinen in der Labour Party der so für Umverteilung und gerechte Ökonomie steht wie Corbyn. Man kann ihm auch schwerlich vorwerfen, sich nicht für ein Europa einzusetzen, das die jetzige soziale und ökonomische Schien fährt.

    Der jetzige Aufstand der Blairites-MPs wurde von langer Hand geplant und reflektiert die jahrelange personelle Entfernung der LP von ihrer Wählerschaft. Tony Blair verdingt sich heute bei den Diktatoren, spendiert seiner Tochter zum Studienanfang eine Wohnung für 1 Mio. Pfund und setzt sich für Studiengebühren ein.

    Enough said.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Ja - So - geht - "Griff ins Klo!"

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Die radikale Sparpolitik in UK ist wohl von den Neo-Libs und den Konservativen zu verantworten.

      Gleichzeit polemisieren die Euro-Gegner die Kosten der EU-Mitgliedschaft.

       

      Wenn hier Corbyn versäumt hat, zu klaren Aussagen zu finden gegenüber den betroffenen Gesellschaftsanteilen, dann wäre das wirklich ein Versäumnis.

      • @CäptnTrips:

        Ja, so sehe ich es auch.

        • @Waage69:

          Dennoch, auch wenn Corbyn viele Fehler innerhalb eines ihn argwöhnisch beäugenden Parteiapperates und auch gegenüber der Öffentlichkeit gemacht hat:

           

          Der Wurm steckt bei Labour an anderer Stelle. Corbyn gehört sicher eher zur Lösung als zum Problem der britischen SD und ihn wie Herr Feddersen zum unpolitischen Hipsterking zu krönen ist unfair da neben der Mehrheit der Basis auch die Gewerkschaften hinter ihm stehen.

           

          Ich persönlich hoffe daher, wie @Jaroslaw Majchrzyk, das er sich halten kann, sonst bleiben nur Scherben.

  • [...] Beitrag gekürzt. Die Moderation







    Der Linkspartei ist es seit mehr als zehn Jahren nicht gelungen, in nennenswerter Weise Wähler zu mobilisieren, sie hat kein Rezept für die Zukunft. Um dies zu kaschieren und anstatt sich Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit zu überlegen, verschwendet sie den überwiegenden Teil ihrer Energie in Flügelkämpfen. Der Aufstieg der AFD in Deutschland ist in weiten Teilen auch ein Versagen der deutschen Linken. An diesem wiederum hat Oskar Lafontaine einen gewaltigen Anteil, der nicht verwinden konnte, dass er sich gleich zwei mal verkalkuliert und seinen innerparteilichen Konkurrenten Gerhard Schröder unterschätzt hat. Mit seinem Rück- und Austritt hat er die SPD dem rechten Flügel überlassen, so dass diese sich bis heute nicht von der Agendapolitik und ihren Vertretern befreien konnte. Im Anschluss gründete er die Linkspartei als Vehikel für den persönlichen Rachefeldzug, so dass seine Anhängerschaft sich mit mehr mit dem Diffamieren von Sozialdemokraten beschäftigt, als mit konstruktiver politischer Arbeit.







    Wie man vor diesem Hintergrund zu dem Schluss kommen kann Lafontaine und Wagenknecht, in ihrer Partei beide völlig marginalisiert, hätten mit der teilweisen Übernahme rechspopulistischer Rhetorik die richtige Fährte aufgenommen ist mir schleierhaft.

  • Solch schlechten Journalismus hab ich selten gesehen. Das ist ein wichtiger, komplexer Moment, der hier oberflaechlich, verzerrt, und zum Teil fehlerhaft dargestellt wird. Das haette ich der TAZ gar nicht zugetraut.

     

    1. Corbyn hat fuer Remain geworben und fuer Remain gestimmt. Zu behaupten er habe sich "gegen die Mobilisierung" entschlossen ist absurd.

     

    2. 60% der Labourmitglieder als "Hipsterfreunde" zu bezeichnen ist peinlich.

     

    3.Der Artikel underscheidet noch nicht einmal zwischen Old und New Labour und kann daher zu den momentanen internen Streitigkeiten gar nichts sagen. Wenn der Autor den Unterschied kennte, koennte er sich vielleicht auch die platten Verallgemeinergen sparen ("Kulturlinke" -- wer denn bitte, Corbyn oder New Labour? Und was soll das ueberhaupt heissen?).

     

    Es gibt so viele gute Journalisten in diesem Land. TAZ, wenn ihr Geld von uns haben wollt, dann lasst die doch fuer euch schreiben.

  • "Demokratische Arbeiterparteien dürfen inhaltlich nur begrenzt grün werden, vor allem sollten sie die eigene Kundschaft immer im Blick behalten."

     

    Ist das ein glossierender Kommentar Richtung Sigmar Gabriel?