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Kommentar KohlekompromissKritik leicht gemacht

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Der Kohlekompromiss ist kein guter. Das Mittel der Wahl wäre eine CO2-Steuer, mit der Kohle sukzessive aus dem Markt gedrängt würde.

Hier war mal Natur Foto: dpa

E igentlich ist es eine Banalität, mit der Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus in die Kohledebatte grätscht: Sollte die Versorgungssicherheit gefährdet sein, müsse man undogmatisch agieren, sagt er. Soll heißen: Das Enddatum der Kohle, von der Kohlekommission auf 2038 datiert, könnte sich verschieben. Die von der Regierung eingesetzte Kommission hatte nach langen Verhandlungen ein Konzept für einen Ausstieg bis spätestens 2038 vorgelegt.

Die Aussage des Fraktionschefs ist banal, weil das Primat der Versorgungssicherheit gesellschaftlicher Konsens ist. Dass Brinkhaus trotzdem explizit darauf hinweist, muss als gezielter Angriff auf den soeben fixierten Kohlekompromiss gewertet werden. Und es wird nicht der letzte Angriff dieser Art gewesen sein.

Schließlich hat man es den Ausstiegskritikern auch allzu leicht gemacht: Durch das sture Starren auf einen Endzeitpunkt der Kohleverstromung wurde der Beschluss unnötig verwundbar. Besser wäre die Erkenntnis gewesen, dass es müßig ist, ein Szenario der Stromwirtschaft von 2038 zu entwerfen. Mit einem stringenten Klimaschutzkurs, auf Sichtweite festgeschrieben, hätte man große Fortschritte erzielen, das endgültige Auslaufen der Kohle aber terminlich offen lassen können. So hätte man Kritikern, die – nicht ganz zu Unrecht – über das Jahr 2038 spekulieren, gar nicht erst die Bühne gegeben.

Das Mittel der Wahl wäre eine CO2-Steuer gewesen, mit der die Kohle ohne einen Zwanzigjahresplan sukzessive – und zügig – aus dem Markt gedrängt worden wäre. Großbritannien hat es vorgemacht; die Kohleverstromung wurde dort durch nationale CO2-Bepreisung in wenigen Jahren massiv gesenkt. Ähnlich hätte man auch in Deutschland Unternehmen, die in Erneuerbare oder Speicher investieren wollen, eine Planungssicherheit geben können, die wertvoller gewesen wäre als jedes Enddatum der Kohle. Zumal dann, wenn ein bedeutender Vertreter der Politik schon wenige Tage nach Abschluss der Kohlekommission beginnt, deren Konsens zu hintertreiben.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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6 Kommentare

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  • Das Konzept der Pigou-Steuer gibt es schon seit 1912, aber sowohl Ökonomen als auch Politiker weigern sich seit Jahrzehnten, es zur Kenntnis zu nehmen. In der Hochschulausbildung von Wirtschaftswissenschaftlern wird es nach wie vor stiefmütterlich behandelt.

  • Im letzten Absatz steht's wie's geht. Machen.



    Wir werden von unserer Industrie in Deutschland vom Rest der Welt und vom sog. Fortschritt abgehängt – andere Länder reagieren in den existenziellen Fragen sehr intelligent, fortschrittlich, gerechter und vorausschauend – im Gegensatz zu unseren Konzern"Bossen"… eigentlich lachhaft.

  • Spätestens, wenn die Masse, die sich ein 6.000 € Auto leisten kann, die Elektroprämie für einen Tesla bezahlt, haben wir Gelbwesten.

  • Was haltet Sie - taz -davon die 40 Mrd. Euro zu übernehmen die jetzt schon anstehen.



    Hier werden mal wieder auch Sozialschwache (tendenz steigend) belastet. Die IHK rechnet sogar mit 170 Mdr. Euro für den Kohleaustieg.

    • @Sethos:

      Und warum sollte das nicht der Staat übernehmen, in Form von Subventionen für Menschen mit niedrigem Einkommen und Ausbau von ÖPNV etc?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @Sethos:

      ...okay, dann sind es (vielleicht) 170 Mrd. Euro für den sog. Kohleausstieg, na und? Die Auswirkungen auf unser Klima, die Natur allgemein, all das lassen wir, wie üblich, hinten runter fallen.



      Mal anders gefragt, mit welchem Recht darf die Stromindustrie unsere Lebensgrundlage zerstören?!