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Kommentar Klimaschutz und ErnährungFleisch muss teurer werden

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Die Erzeugung einer Kalorie aus Fleisch verursacht weit mehr Treibhausgasemission als eine pflanzliche Kalorie. Es braucht eine andere Steuerpolitik.

Ein Fall für Wolfgang Schäuble Foto: dpa

W enn die Bundesregierung das Klima schützen will, kommt sie an Einschnitten in der Land- und Lebensmittelwirtschaft nicht vorbei. Unsere Ernährung verursacht nun einmal ein Viertel aller Treibhausgase in Deutschland. Deswegen ist der Widerstand von CDU und CSU gegen effizienten Klimaschutz in dieser Branche vor allem eines: ignorant.

Das gilt auch für den Einwand von Agrarminister Christian Schmidt, die Landwirtschaft könne ihre Emissionen bis 2050 nicht halbieren, weil sie unser Essen produziere. Natürlich soll sie uns weiter ernähren. Aber wir müssen keineswegs so viel Fleisch essen wie derzeit üblich. Schließlich verzehren Männer in Deutschland im Schnitt fast doppelt so viel wie die von Ernährungswissenschaftlern empfohlenen maximal 600 Gramm pro Woche.

Dabei verursacht die Erzeugung einer Kalorie Fleisch weit mehr Treibhausgasemission als eine pflanzliche Kalorie. So viel Fleisch ist erwiesenermaßen gesundheitsschädlich und auch wegen des Futteranbaus auf ehemaligen Regenwaldflächen in Südamerika sehr umweltschädlich.

Deshalb sollte der Staat dazu beitragen, dass der Fleischkonsum auf ein vernünftiges Maß sinkt. Da Fleisch oft sogar billiger ist als pflanzliche Lebensmittel, muss es verteuert werden. Zum Beispiel, indem der Bund die Mehrwertsteuerermäßigung für tierische Lebensmittel streicht. 19 statt 7 Prozent sollten auch fürs Schnitzel fällig werden. Dann würden die Verbraucher – das legen Studien nahe – bis zu 10 Prozent weniger kaufen.

19 statt 7 Prozent Mehrwertsteuer sollten auch fürs Schnitzel fällig werden

Das Argument, diese Steuererhöhung wäre sozial ungerecht, zieht nicht. Denn gleichzeitig könnten mit den höheren Einnahmen aus der Mehrwertsteuer die Hartz-IV-Regelsätze erhöht und Geringverdiener steuerlich entlastet werden.

Natürlich würden diese Entlastungen die Mehrkosten für die Haushalte nicht völlig kompensieren. Aber das muss ja auch so sein, wenn die Deutschen weniger Fleisch essen sollen. Wer jeden Abend im Sommer billiges Schweinefleisch auf den Grill wirft, vergisst zu leicht: Dafür ist ein Tier getötet worden, die Umwelt hat gelitten, und Bauern mussten lange hart arbeiten. Erst wenn Fleisch wieder den Preis hat, den es verdient, wird es angemessen wertgeschätzt.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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16 Kommentare

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  • Wir könnten einfach mehr Fleich günstig importieren. Dann werden die nationalen Klimaschutzziele erreicht und der Bürger wird nicht noch stärker eingeschränkt. Die Landwirte könnten durch eine Aufstockung der Subventionen entschädigt werden und alle Vorgaben sind ohne weiteres erfüllt.

  • Mann, gibt das blöde Kommentare, selbst wenn der Autor klar argumentiert und die Punkte schon angesprochen hat... (Hellweg, Sputnik, etc)

    Aber der Hinweis mit der Ergänzung mittels der Agrarsubventionen ist sicher gut. Da ist Luft drin, wenngleich auch hier die kleinen Betrieb ausgenommen werden müssen.

    Nicht vorgenommene Abholzung, reduzierter Ziegenverbiss in den Steppenregionen...das könnte schon eine Menge Positives für die regionalen Wasserkreisläufe bedeuten. Und das andere wurde ja schon erwähnt.

    Es gibt in Berlin ein gutes Beispiel für reduzierten Fleischverzehr und Hinwendung zu ökologischen Produkten (AHK Pflegedienst) und besserer Ernährung ohne gleich die Arm/Reich Keule platt zu schwingen.

  • Na, ob Fleischverzehr dem Klima mehr schadet, als der Verzehrt pflanzlicher Produkte? Wenn Fleisch durch Kartoffeln und Wirsing ersetzt wird, kann man das bejahen. Wenn man aber den Klimaschutz anführt, darf dann noch Kaffee getrunken werden? Oder Tee? Wie kimaschädlich ist eine Kalorie als Kaffee? Wenn mit Klimaschutz argumentiert wird, kann man sich schädlicher ernähren als mit Fleisch.

    • @Bernhard Hellweg:

      Man braucht für die Fleisch- und Milchproduktion die 5 bis 10 - fache Anbaufläche für den gleichen Nährwert als wenn man Pflanzliches direkt konsumiert. Das Tier hat ja auch einen eigenen Stoffwechsel.

      Daraus ist leicht abzuleiten daß mit pflanzlicher Kost viel mehr Menschen ernährt werden können mit viel weniger Anbaufläche, also auch wesentlich weniger Energieaufwand.

      Zudem ist der Methanausstoß bei Rindern ein großes Poblem. Methan ist wesentlich klimaschädlicher als Co2.

      • @Traverso:

        Kaffee ist auch pflanzliche Kost. Frage: wieviele Menschen können von einen ha Kaffee ernährt werden?

        • 8G
          849 (Profil gelöscht)
          @Bernhard Hellweg:

          Kein Mensch kann davon ernährt werden. Kaffee bietet keinen Nährwert, es sei denn, Sie essen die Bohnen direkt.

  • Boah, wird hier auf die "bösen Fleichfresser" eingeprügelt.

    Dabei ist eine 19% mehrwertsteuer auf Fleisch nichts als eine weitere Einschränkung der "Armen".

    Denn für die kindliche Entwicklung ist Fleisch ein deutlich wertvollerer Eiweißlieferant als (fast) alle Pflanzen.

    Wer viel verdient, der scheisst sowies drauf, ob er 19% mehr für Fleisch bezahlen muss.

    Die Mehrwertsteuer ist sowieso die ungerechteste Steuer, trifft sie vor allem die weniger Begüterten, die nahezu 100% ihres EInkommens verkonsumieren, während jemand mit einem jahresgehalt von 1 Mio. sicher nicht mehr als einen winzigen Bruchteil für den Konsum ausgeben, besonders dem Konsum von nahrung.

    Fazit: So eine Steuer trifft die "Armen" gleich doppelt:

    Er kann sich kein Fleisch leisten, was die Entwicklungschancen ihre Kinder verschlechtert. Da si für ein "ordentliches" Essen viel mehr bezahlen wird die Schere noch größer.

    Bravo. Wieder ein Vorschlag der den Reichen nch mehr nutzt weil die Steuern noch stärker von den "Kleinen" getragen wird. Umschichtung nach oben nenne ich sowas.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @sputnik1969:

      "Fazit: So eine Steuer trifft die "Armen" gleich doppelt:

      Er kann sich kein Fleisch leisten, was die Entwicklungschancen ihre Kinder verschlechtert. Da si für ein "ordentliches" Essen viel mehr bezahlen wird die Schere noch größer."

       

      "Die Oberschicht verzehrt [...] nur etwa 80% der Fleisch, Fleischerzeugnisse und Wurstwaren im Vergleich zu den unteren Schichten." (Quelle: https://www.mri.bund.de/fileadmin/MRI/Institute/EV/NVSII_Abschlussbericht_Teil_2.pdf, S 60).

       

      Wenn also die beiden unteren Schichten signifikant mehr Fleisch essen, dann ist es sicher nicht falsch, sie durch Erhöhung der Preise etwas davon abzubringen. Auch die "Oberschicht" isst im übrigen noch Fleisch- und Wurstwaren auf einem gesundheitlich nicht vertretbaren Niveau.

       

      Für ein "ordentliches" Essen (die armen Kinder, die tagtäglich mit derartigem "ordentlichen Essen" abgefüttert werden, tun mir Leid!) muss niemand mehr bezahlen, er muss lediglich - um kostenneutral zu bleiben - die Prioritäten geringfügig anders setzen und nicht mehr ganz so viel Fleisch auf den Teller bringen.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @sputnik1969:

      "Denn für die kindliche Entwicklung ist Fleisch ein deutlich wertvollerer Eiweißlieferant als (fast) alle Pflanzen."

       

      Sagt wer?

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Abgesehen davon, dass ich Ihnen sonst rundum zustimme: warum soll es überhaupt Entlastungen für Hartz4-Bezieher und Geringverdiener geben? Eine Steuer soll nach meinem Verständnis u.a. auch steuern, hier also über den Preis bewirken, dass weniger Fleisch gegessen wird. Wenn besagte Gruppe also mehr für Fleisch ausgeben muss, sollte sie sich - mindestens theoretisch - dazu genötigt sehen, nach billigeren Alternativen Ausschau zu halten, von welchen es etliche gibt. Kompensiert man hingegen über mehr Zuwendungen, ist nichts gewonnen.

     

    Andererseits kann man wohl auch nicht davon ausgehen, dass eine Steuererhöhung (oder die Einführung einer Fleischsteuer) zu einem geänderten Konsumverhalten bei dieser Gruppe führt. Wenn das Portemonnaie wirklich so leer wäre, wie es allenthalben insinuiert wird, würden deren Mitglieder auch weniger rauchen, denn rauchen geht erheblich ins Geld und bringt keinen Nährwert.

     

    Es führt also m.E. an einer flankierende groß angelegten Aufklärungskampagne nichts vorbei. Aber wer soll die lancieren, wo doch unser Big Nutrition Brother DGE im Verein mit den Krankenkassen tunlichst darauf bedacht ist, die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Konsum tierischer Nahrungsmittel nicht zu sehr unters "tumbe" Volk zu streuen.

     

    Und von der Politik ist ebenfalls nichts zu erwarten. Nicht allein, weil männliche Politiker wahrscheinlich samt und sonders "Tierliebhaber" sind, wenn es ums Essen geht (oder kennt jemand einen veganen Bundestagsabgeordneten?), sondern weil sie zudem - wie der Schauspieler, der den Landwirtschaftsminister gibt - die Interessen der heimischen Industrie "vertreten". Eine libidinöse Verquickung, die man - unverschämtes Glück vorausgesetzt - nur auf der Couch auflösen kann.

    • @849 (Profil gelöscht):

      So etwas polarisierendes und verachtendes gegenüber der Menschen, die sowieso schon jeden Cent dreimal umdrehen müssen um ihre Kinder halbwegs ernähren zu können ist mir selten untergekommen. Ich bin kein Hartz IV Bezieher, bin alleinerziehender Vater und liege mit meinem Einkommen, sicher nicht weil ich das so will, am untersten Rand. Dieses Geschwätz von wegen Zigarettenkonsum usw. haben sie sich sicher schön aus den Medien abgekupfert. Würde es für meine Tochter und mich die Möglichkeit geben unseren Lebensmittelbedarf mehr mit Gemüse oder frischem Obst zu gestalten, wären wir heil froh.

      Wenn ihnen aber die Schulbücher, die man zwar zum Teil mieten kann, aber eben nur zum Teil, nicht wichtig sind können sie als Ersatz Obst kaufen nicht zusätzlich!

      Ich nehme an, dass Sie zu den Menschen gehören, die keine finanziellen Sorgen haben, sonst würden Sie sich ihren Text nochmal durch den Magen gehen lassen, vielleicht werden Sie ja sogar Satt davon!

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @urbuerger:

        Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 rauchen 66% der arbeitslosen, aber nur 32% der erwerbstätigen Männer.

         

        Im Übrigen verstehe ich Ihre Aufregung nicht. Ich bin absolut dafür, dass man Hartz4-Empfängern mehr Geld gibt. Ich halte es allerdings für vollkommen verfehlt, wenn man eine Fleischsteuer einführte oder die Mehrwertsteuer anhöbe und Hartz4-Empfängern aus diesem Grund mehr Geld gäbe.

         

        Es ist bekannt, dass Armut krank macht. Wer nur ein bisschen weniger arm gemacht wird, wird deshalb aber noch lange nicht gesund und auch nicht gesünder, denn Armut bedingt offenbar auch ein bestimmtes Konsumverhalten (z.B. beim Rauchen).

        Dies anzusprechen hat nichts mit Verachtung zu tun, sondern mit dem Versuch der Analyse.

         

        "Würde es für meine Tochter und mich die Möglichkeit geben unseren Lebensmittelbedarf mehr mit Gemüse oder frischem Obst zu gestalten, wären wir heil froh."

         

        Tun Sie es doch einfach, statt hier Märchen in die Welt zu setzen. Gemüse in den gängigen Discountern ist so billig, dass man es geradezu nachgeworfen bekommt. Niemand muss aus Kostengründen auf Fleisch zurückgreifen, sondern allenfalls aus Gründen, über die er sich keine Rechenschaft geben will (stattdessen wird dann gerne der "Überbringer der Botschaft" angegangen).

        • @849 (Profil gelöscht):

          Benennen Sie doch bitte eine pflanzliche Alternative zu einem hochwertigen und rare gebratenen Steak die genausogut schmeckt wie das Steak. Der Preis dieser Alternative ist ganz unerheblich.

  • Es geht sogar noch viel einfacher, mit Steuersenkung. Gegenfinanziert durch Streichung der Agrarsubventionen nach Betriebsgröße, das macht von heut auf morgen die Fleischagrarfabriken unrentabel, bzw. verteuert das Produkt enorm. Einen Teil der freiwerdenden Mittel kann man noch zur Förderung bestimmter kleinbäuerlicher Betriebe stecken und fertig ist die Agrarrevolution. Ende eines Traumes

    • @Hulle:

      Im Vergleich zu Steuererhöhungen wäre die Abschaffung der Agrarsubventionen eindeutig die bessere Idee! Aber vermutlich wird es sowieso weder zum einen noch zum anderen kommen. Zum Schluss werden sich nur mal wieder alle Lobbygruppen gegenseitig die Schuld zugeschoben haben.

  • Fleischesser sollen mehr zahlen, sie schaden der Umwelt. Mobilität ist auch viel zu billig, das schadet dem Klima. Heizung und Stromverbrauch belasten das Klima ebenso, bitte schnell verteuern!

    Wer im Gegenzug sparen muss, kann ja mit dem taz-Abo anfangen.