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Kommentar KlimakonferenzDer Kampf ums Klima geht erst los

Bernhard Pötter
Kommentar von Bernhard Pötter

Die Zivilgesellschaft muss eigenständig handeln, wenn der Klimawandel nicht mit einem allgemeingültigen Vertrag verhindert werden kann.

Heizt dem Weltklima ein: massiver CO2-Ausstoß, hier in China Bild: reuters

F ür die meisten Klimaschützer ist das eine bittere Pille: Sollte 2015 wirklich in Paris ein allgemeines Abkommen unterschrieben werden, das den Klimawandel irgendwo rund um zwei Grad Celsius bremsen soll, dann wird es höchstens Klimaschutz light enthalten: Keine harten Emissionsgrenzen für die Staaten, keine Sanktionen, die wehtun, keine einklagbaren Verpflichtungen für finanzielle Hilfen. Wenn sich in der internationalen Politik und Wirtschaft nicht noch etwas grundsätzlich ändert, wird das „Paris-Protokoll“ kein großer Wurf, sondern nur ein kleiner Schubs.

Das ist meilenweit entfernt von der Idee von Kopenhagen: 2009 sollte dort mit einem Schlag ein Abkommen unterzeichnet werden, das den Klimawandel begrenzt, den armen Staaten ihre Entwicklung sichert und eine gerechtere Welt entstehen lässt. Und zwar alles bis ins Detail ausformuliert und fein juristisch abgesichert. Dieser Ansatz musste scheitern, wie man heute weiß.

Die Kohlenstoff-Supermächte China und USA, die gemeinsam fast die Hälfte der weltweiten Emissionen ausmachen, lehnten und lehnen solche Verpflichtungen ab: Die USA wollen sich nicht international binden und haben nicht einmal das Kyoto-Protokoll in Kraft gesetzt, das sie mitverhandelt haben. China lässt sich von außen keine Fesseln anlegen, was sein Wirtschaftswachstum angeht. Von der Verweigerungshaltung anderer Staaten wie Indien, Saudi-Arabien oder Bolivien ganz zu schweigen. Die EU, die vor Kopenhagen für einen echten Vertrag geworben hat, hat an Bedeutung verloren: Erstens machen ihre Emissionen nur noch zehn Prozent des weltweiten Problems aus. Und zweitens können sich die Europäer intern auch nicht auf effektiven Klimaschutz einigen.

Ein abgespecktes „Paris-Protokoll“ wäre also das kleinste Übel: Nach den hohen Zielen, die keiner einhalten wollte (Kopenhagen), gäbe es dann unzureichende Ziele, die alle mittragen. In Paris gäbe es rechtlich verbindliche Zusagen über das Ziel, Klimaschutz zu betreiben und offenzulegen, wieviel man dafür tut - oder eben nicht tut. Wer sich drückt, kommt dann an den globalen Klimapranger, so die letzte Hoffnung der Klimaschützer: Wer seine Ziele nicht erreicht, wird von einer Klima-Ratingagentur herabgestuft. Das schadet dem Image und könnte irgendwann einmal zu Klagen von Klimaopfern führen. Das Rating könnte auch wirksam werden, wenn es etwa als Grundlage für Handelsabkommen herhält: Öl aus kanadischen Teersänden mit einer mörderischen Ökobilanz? Kommt uns nicht ins Haus!

Die Hoffnungsschimmer dabei: Es gibt bald für alle Staaten Alternativen zu Kohle und Co: Die erneuerbaren Energien werden konkurrenzfähig. Und inzwischen ist eine globale Zivilgesellschaft entstanden, die Druck in vielen wichtigen Teilen der Welt aufbauen kann. Das vereinte Lobbying von Umwelt- und Sozialgruppen, Gewerkschaften, Religionen, Forschungsinstituten, Medien und UN-Organisationen kann für Veränderungen sorgen. Das aber heißt, dass die vielbeschworene Zivilgesellschaft nicht resignieren darf, wenn das Klimaproblem nicht mit einem sauberen Vertrag als gelöst ad acta gelegt werden kann. Im Gegenteil: Der Kampf ums Klima geht dann gerade erst los.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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4 Kommentare

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  • Wir Menschen reagieren erst, wenn es - fast - zu spät ist. Auf diese GroKo sich zu verlassen bedeutet, verlassen zu sein. Da geschieht vermutlich erst etwas, wenn eine Partei sich explizit zur Realisierung echter Klimaziele bekennt, den Ernst der Lage erfasst und bereit ist, die Kraft ihrer Wähler zu beanspruchen. Nur diese Regierung wird es nicht sein.

  • Jeden Tag erreicht die Erde soviel Energie von der Sonne, wie die gesamte Menschheit derzeitig in zweieinhalb Jahren benötigt - klimaneutral, umweltneutral (nicht mal "-freundlich") und für deutlich länger, als für 200 Jahre.

     

    Energie ist mehr als genug da.

    Das ist also nicht das Problem.

     

    Ich weiß nicht, was alles erst noch passieren muß, damit die Menschen einsehen, daß der Klimawandel kein Hirngespinst von "sozialneidischen Ökospinnern" sondern sehr real ist, bereits dokumentarisch bewiesen begonnen hat und

    sehr starke Änderungen und sehr schnelle Anpassungen für sämtliches Leben dieses Planeten bedeutet.

     

    Ich weiß nur, daß die Menschheit irgendwann klimaneutral leben wird.

     

    Nämlich allerspätestens ab dann, wenn es keine fossilen Brennstoffe zum Verbrennen mehr gibt, also gar nicht mal in so ferner Zukunft.

     

    Da kann man sich mit Fracking das Wasser vergiften, mit Ölbohrungen in der Arktis die Quelle der Nahrungsurspünge des Meeres zerstören oder mit wahnsinnig teurem Tiefenbergbau auch noch das allerletzte Fossil zum Verbrennen aus der Erdkruste kratzen, und schließlich dem Afrikaner mit nem Knüppel tothauen, um doch nochmal 0,73 Liter Sprit zu erbeuten...

    - alles nur Aufschiebung der Lösung des unvermeidlich zu lösenden Problems zu dem Preis, daß sich ein weiteres, bereits aufgehalstes, nur noch immer weiter vergrößert.

    Aber irgendwann ist Schicht im Schacht.

    Schlichtweg Ende, aus, fertig mit Kohl, Öl und Gas - und auch mit Uran btw.

     

    Wer dann bereits weiß, wie es geht, hat von da an die Nase vorn.

     

    Das werden diejenigen sein, die sich dem Problem als Erste kreativ, offen und flexibel stellen und Änderungen mutig anpacken.

     

    Deutschland?

    *LACH*

    Ein Land, wo Parteien, die sich "Zukunft" auf ihre Wahlplakate schmieren, regieren, weil sie ihren Wählern Festklammern am status-quo garantieren ("konservativ") - koste es in der Zukunft, die möglichst nie komme, was es wolle?

    Wohl kaum. *kicher*

  • Alle, denen der Klimawandel noch märchenhaft erscheint, hat Sigismund Ruestig den Klima-Rock'Roll " Die Ballade von der alten Erde" gewidmet:

     

    http://youtu.be/-q0gF597WEA

     

    Viel Spaß beim Anhören.

     

    Refrain:

    Alte Erde, Du drehst immer lauter.

    Das erzeugt mir einen irdischen Schauder.

    Immer schneller, immer mehr.

    Tsunami-Wellen im leblosen Meer.

    Bedenke, dass Du endlich bist!

    Eine Wahrheit, die Du gerrn vergisst.

     

    Eine Wahrheit, die Du gern vergisst,

    dass Du, Erde, endlich bist.

    Da helfen auch keine Bilanzen,

    die um das goldene Kalb tanzen.

    Da wird man reimen: zurück auf Los!

    Das Geld ist seinen Wert jetzt los.

     

    Ich such mir eine neue Erde.

    Als guter Mond, mit Sternenherde.

    Lass Melodien zu mir dringen

    von Erdlingen, die gern singen.

    Kehre auf den Raketenschrott.

    Schwöre ab dem alten Erdengott

  • Da das Spurengas CO2 das Klima erwiesenermassen nicht beeinflusst, braucht man darueber auch nicht zu verhandeln. Sinnvoll waere es, sich ueber globale Massnahmen zur Reinhaltung von Luft und Wasser sowie zur Muellentsorgung und Recycling abzustimmen.