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Kommentar Israelische SiedlerprodukteTrinkt mehr Golan-Wein!

Kommentar von Susanne Knaul

Das Antisemitismus-Argument zieht nicht. Zu kritisieren gibt es an der EU-Richtlinie zu Produkten aus von Israel besetzten Gebieten trotzdem einiges.

Israel, Frieden und ein Wein aus dem Golan – geht das zusammen? Ja, sicher. Foto: dpa

D er Aufschrei rechter Politiker aus Israel, die sich mit den neuen EU-Richtlinien an die Zeit erinnert fühlen, in der „Kauft nicht bei Juden“ zum Alltag gehörte, kommt nicht überraschend.

Tatsächlich geht es bei der Kennzeichnung der Herkunft von israelischen Produkten aus den besetzten Gebieten um mehr als um eine Formalie. In einem politischen Akt ruft die EU dazu auf: Kauft nicht bei Siedlern. Die Differenzierung zwischen „made in Israel“ und „made in settlements“ hat aber mit Antisemitismus nichts zu tun.

Es geht nicht um die Juden, sondern um die Siedler, die kollektive Kaufverweigerung zum Umdenken bewegen soll, weil sie dem Frieden ein Hindernis sind.

Schon eher zieht das Argument der Unverhältnismäßigkeit. In 48 Ländern, so berichtet Amnesty International, sitzen Menschen aus politischen Gründen im Gefängnis. Dutzende Todesurteile in SaudiArabien, Massenverhaftungen von Schwulen in Ägypten, Folter in Guantanamo – all das geht boykottfrei durch.

Sobald die Sprache auf Israel kommt, setzt die Welt härtere Maßstäbe an.

Doch sobald die Sprache auf Israel kommt, setzt die Welt härtere Maßstäbe an. Selten aber sind die Bedingungen für einen fairen Boykott so günstig. Hier ist es einmal nicht die arme Bevölkerung, die den Kopf hinhalten muss für eine Politik, die sie selbst gar nicht mitträgt. Nicht Israel schlechthin wird abgestraft, sondern nur die Siedlungspolitik.

Nicht umsonst jubeln Israels Friedensbewegungen, die schon so lange darauf warten, dass der Westen endlich etwas unternimmt, um ihr Land vor der Katastrophe zu bewahren.

Golan zu Syrien

Die EU-Richtlinien differenzieren, das ist gut, aber sie tun es zu wenig. Siedler ist nicht gleich Siedler. Dass ausgerechnet die Firma Sodastream, die 500 Palästinenser unter fairen Arbeitsverträgen beschäftigte, eine der ersten ist, die ihre Produktionsstätten wegen internationaler Boykotte schließen musste, ist absurd. Das Unternehmen war in einer Siedlung ansässig, die bei jeder denkbaren Teilung in zwei Staaten israelisch bleiben würde.

Und völlig ignorant wäre es, Produkte vom Golan zu boykottieren. Kein Mensch würde in diesen Tagen die von Israel annektierte Region an Syrien zurückgeben wollen. Den Freunden eines edlen Tropfens sei deshalb eine gründliche Prüfung der Etikette empfohlen. Kauft nicht bei Siedlern, ok. Aber trinkt mehr Golan-Wein!

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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40 Kommentare

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  • Von einem Boykottaufruf durch die EU habe ich bisher nichts gehört, lediglich von einer korrekten Kennzeichnungspflicht.

    Boykottieren könnte man israelische Produkte ja jetzt schon, sie sind ja als israelische gekennzeichnet, ebenso Knoblauch und Ingwer aus China. Wer China oder Israel nicht mag, kann diese Produkte liegen lassen.

    Unds vielleicht bringt ja die korrekte Kennzeichnung auch Anhänger eines Großisrael dazu, diese Sachen bevorzugt zu kaufen.

    Und wer sagt, illegale Besatzung und Unterdrückung unterstütze ich nicht, kann jetzt gezielt auf diese illegal hergestellten Produkte verzichten.

    Viel Lärm um nichts.

  • Der Sechstagekrieg 1967:

    Über die Entwicklungen, die zur Besetzung der Gebiete führten, gibt es diesen sehr anschaulichen Film:

    von Ilan Ziv, 2007, Six days in June https://www.youtube.com/watch?v=fSCryr_WkeY

  • Abgesehen davon: Man sollte sich lieber einmal mit den etwas komplizierten Regelungen der sogenannten Passiven Veredlung befassen, dann erkennt man beispielsweise, dass fast alle Waren, die sich heute mit "Made in Germany" schmücken dürfen, rein produktionstechnisch im Ausland hergestellt wurden, dass aber die finalen Arbeiten, die dann in Deutschland stattfinden, gerade so eben den Wertschöpfungsanteil ausmachen, der es noch erlaubt, "Made in Germany" draufzupappen.

     

    Nur wenn die Artikel komplett im Ausland endgefertigt, überprüft, verpackt, etikettiert und datenmäßig für den Handel erfasst werden, muss das entsprechende Land als Herkunft angegeben werden. Die Großkonzerne machen das so, weil es die Kunden am Ende nicht interessiert, ob die teuren Markenturnschuhe aus Viêtnam oder die teure Designersonnenbrille aus Kampuchea kommen und die paar Prozent Mehrgewinn nehmen sie dafür gerne mit.

     

    Wahrscheinlich werden jetzt aus Gründen heuchlerischen Protestes in Deutschland wohl keine Produkte mehr aus den Autonomiegebieten gekauft, selbst Israel wird ja weitestgehend boykottiert, aber international sieht man das ja anders. Kürzlich fand ich sogar in einem persischen Lebensmittelgeschäft in Mönchengladbach viele Produkte aus Israel und die Türkei ist sogar einer der wichtigsten Handelspartner Israels.

     

    Der scheinheilige Boykott aufgrund der Kennzeichnung wird also weder Israel, noch den Palästinensern, die in den Autonomiegebieten gut bezahlte Jobs gefunden haben, schaden, sondern nur einmal mehr ein Licht auf die Wesenheit des Ewigen Deutschen werfen!

    • @Khaled Chaabouté:

      "Israel wird ja weitestgehend boykottiert" - aha, wie und wo denn?

      "Kürzlich fand ich sogar in einem persischen Lebensmittelgeschäft in Mönchengladbach viele Produkte aus Israel und die Türkei ist sogar einer der wichtigsten Handelspartner Israels" - Israel wird also doch nicht boykottiert? Oder nur von Deutschen?

  • Wer hier inflationäre mit Begriffen wie "illegal besetzt" um sich wirft, sollte sich mal lieber etwas mehr mit internationalem Staatsrecht und Geschichte auseinandersetzen und nicht seine duseligen Emotionen über den ach so friedlichen Dalai Lama und das ach so unterdrückte Volk der Palästinenser sprechen lassen!

     

    An der taz schätze ich, dass sie sich nicht auf dem Niveau gewisser Blog-Seiten und Online-Journalisten bewegt, aber von diesen Quellen scheinen manche der Kommentarschreiber*innen ihre einzigen Informationen zu beziehen.

     

    Leider wird gerade in Deutschland immer wieder aufs Neue deutlich, dass auch die sich linksalternativ wähnenden jungen Menschen nur Kindeskinder ihrer Eltern- bzw. Großelterngeneration sind, denen zwar weltpolitisch fast alles egal ist, die aber bei Israel sofort zu ihrem Element auflaufen und sich in den Kommentarspalten ereifern. Auch wenn es um die NS-freundliche Mönchsdiktatur Tibet und natürlich die Rache für Stalingrad geht, preschen unsere Nachwuchslinken und -grünen sofort vor und faseln etwas von Menschen- und Völkerrecht, von dem sie allemal nichts verstehen!

  • Solange die EU nicht die Kennzeichnungspflicht von Waren fordert, die im illegal von der Türkei besetzten Teil Zyperns, in der illegal von Russland besetzten Krim, im illegal von China besetzten Tibet oder in der illegal von Marokko besetzten spanischen Sahara angebaut/produziert werden, bleibt dieser Beschluss ein heuchlerischer Akt, wenn nicht sogar ein judenfeindlicher. 20000 Palästinenser arbeiten in den besetzten Gebieten. Ein Rückgang der Umsätze führt zu Arbeitslosigkeit. Aber das ist der EU gleich. Sie muss auf die Feinde und Hasser Israels Rücksicht nehmen.

    • @Nicky Arnstein:

      Besetzte Gebiete gibt es viele - hier eine Lex Westjordanland zu machen, passt sicher nicht.

      Besetzte Gebiete zu boykottieren, trifft vor allem die dortige Bevölkerung - es sei denn ein Gebiet wird nicht nur besetzt, sondern mit der Bevölkerung des Besetzers besiedelt. Dies ist seltener aber z.B. auch in Tibet der Fall. Die Kennzeichnung differenziert nicht zwischen den beiden Fällen und trifft in diesem Fall genauso Palästineneser wie Siedler und ist daher als Ausgangsbasis für einen Boykott eher ungeeignet.

  • Frage an die autorin: abseits der politischen dimension, , wie sieht denn die technische abwicklung der urprungsdeklaration statt. Welche Autorität verifiziert den tatsächlichen ursprung?

    Mehr buerokratie bitte, davon haben wir zu wenig.

  • Zionistenversteher hier.

  • Eines ist klar: In einer Konsumgesellschaft ist der Konsum ein Machtinstrument. Ich frage mich nur, wieso ausgerechnet ich als Kunde zur Waffe greifen sollte.

     

    Man lässt mir wieder mal genau zwei Möglichkeiten. Entweder ich lerne alle Produzenten persönlich kennen, oder ich verlasse mich komplett auf das, was DIE EU für mich beschließt. Das ist doch keine Wahl!

     

    Auch der Handel hierarchisch organisiert. An der Basis der Entscheidungspyramide steht "König Kunde", also ich und noch ein paar Millionen Andere. In der Etage obendrüber stehen diverse Einzelhändler. Das sind schon etwas weniger. Darüber kommen erst ganz viele kleine und darüber noch ein paar richtig große Großhändler. Deren Leute kennen ihre Handelspartner. Zum Teil bereits seit vielen Jahren. Sie sollten also wissen, was Frau Knaul weiß, und noch etwas mehr.

     

    Ich hingegen kenne nicht mal alle Einzelhändler. Wie kann ich da sämtliche Weinverkäufer kennen? Und außerdem auch noch die Milch-, Jeans-, Strom- und Möbelproduzenten, die Apfelbauern und die Autobauer, die Fernseh- und die Radiomacher, die Telefon-Zusammenschrauber und überhaupt all jene, die mir was verkaufen wollen? Wir leben doch nicht wirklich im globalen Dorf! Und selbst, wenn wir in einem Dorf zuhause wären – ich würde nicht den ganzen Tag am Zaun verbringen wollen und jeden Klatsch für bare Münze nehmen.

     

    Die Macht, die man als Konsument angeblich hat, ist eine Lüge, weiter nichts. Man kann als Kunde gar nichts kontrollieren. Die Macht liegt in den Händen von ganz Wenigen. Sie liegt bei Leuten, die die Wahrheit kennen können – und sie nach Kräften ignorieren dürfen. Weil sie dem Umsatz schaden kann. Diese Typen aus ihrer Verantwortung zu entlassen, weil die EU mir sagt, dass sie gar keine haben, fällt mir im Traum nicht ein. Vor allem dann nicht, wenn die EU auf Vorurteile setzt, die rechten Israelis nützen. Für die sind schließlich alle Israelis gleich – potentielle Untertanen halt.

    • @mowgli:

      Wer hat denn Ihrer Meinung nach "die Macht", bzw. wer sollte sie wie ausüben?

       

      Sie wollen sich als Konsument nicht auf das verlassen, was die EU (oder wer auch sonst) ihnen erklärt. Die Alternative, sich eigenständig zu informieren, ist Ihnen zu aufwändig. Bleibt also nur, sich gar nicht drum zu kümmern und die EU (oder wen auch sonst) für allein verantwortlich zu erklären - die dann freilich erst recht machen und erklären kann, was sie will.

       

      Aus Verbrauchersicht scheint mir das vor allem darauf abzuzielen, mit dem Finger auf Andere zeigen zu können und eine Ausrede zu haben, seine persönlichen Entscheidungen bar jedes Verantwortungsbewusstseins zu treffen. Es ist ein wenig wie Nichtwählen, um dann als "Unschuldiger" über das Ergebnis meckern zu können, dass diejenigen einem servieren, die wählen gegangen sind.

       

      Letztlich kommen Sie aber nicht um die Tatsache herum, dass die finale Konsumentscheidung doch immer NUR der Verbraucher trifft und es einzig ihm überlassen bleibt, wie weit er sich dabei von Anderen steuern lässt. Diese Macht (bzw. Verantwortung) ist unveräußerlich.

    • @mowgli:

      Machen Sie sich nicht so viel Kopfzerbrechen.







      Die nun empfohlene Kennzeichnungspflicht soll ohnehin nur Kosmetika und landwirtschaftliche Produkte betreffen. Wie das in den Mitgliedsländern passieren soll, bleibt denen überlassen.







      Die dabei zur Schau gestellte Verärgerung der israelischen Regierung auf der politischen Bühne kam auch nicht unerwartet und ist ohnehin nicht im möglichen wirtschaftlichen Schaden, sondern eher darin begründet, dass die besetzten Gebiete und die völkerrechtswidrigen Siedlungen weiterhin als solche benannt werden, denn das ist ein Hinweis auf die Rechtslage.







      Seit Jahrzehnten möchten die israelischen Regierungen erreichen, dass nicht weiter der Begriff der „besetzten Gebiete“ Verwendung findet, sondern sich einer der „umstrittenen“ einbürgert.



      Damit bleibt dann nicht nur der in Israel beschlagnahmte palästinensische Grund und Boden außen vor. Ablenkung durch Scheinempörung ist genau das, was man stets auf israelischer Seite gebrauchen konnte, während die Palästinenser gegen das Vergessenwerden ankämpfen mussten..

       

      Kommentar bearbeitet. Bitte beachten Sie die Netiquette.

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Eigentlich verstehe ich Sie nicht. Als Kunde haben Sie alle Macht. Aber wenn Sie sich von mehreren Instanzen leiten lassen, wirds schwierig. Wenn Sie zur Wahl haben: 'Eigentlich will ich kein Tier aus Massentierhaltung, aber das Fleisch muss billig sein', dann müssen Sie sich entscheiden. Wenn man keinen Wein aus Chile, Kapstadt, Kalifornien oder Melbourne, der 6000 km oder weiter transportiert wurde, dann muss man sich entscheiden. Natürlich, wenn 10 Kunden in ein Geschäft gehen, Sie einer von ihnen, und 9 Kunden kaufen den Wein aus Kapstadt und Sie den aus Österreich, dann dürfen Sie aber nicht sagen, der Kunde hätte keine Macht. Der Supermarkt wird den Wein aus Kapstadt weiter anbieten. Aber das wissen Sie doch sicher alles, oder nicht?

      • @4932 (Profil gelöscht):

        Die Macht hat der Kunde, der vor dem Kauf einer jeden Flasche Wein zwei Tage nachforscht, was im Herkunftsort die Lage ist. Und natürlich der, der jemand Anderen dafür bezahlen kann, daß ihm die Arbeit abgenommen wird.

         

        Von dem Tier aus der Massentierhaltung, dessen linke Hälfte sie im Supermarktregal liegen lassen, bekommen Sie bei Ihrem Metzger die rechte Hälfte, nur teurer. Nur mit Herkunftsnachweis und Überwachung kann man das eindämmen. Und die Lobbytik sorgt dafür, daß wir das möglichst nicht zu sehen bekommen.

         

        Erinnern Sie Sich an die Gammelfleischskandale? Raten Sie mal, ob der LKW-Fahrer, der das aufgedeckt hat, noch in der Branche arbeiten darf: Natürlich nicht, den Kunden der Spedition ist so ein Mensch viel zu gefährlich.

        • @Bodo Eggert:

          Niemand muss irgendwas müssen. Insbesondere ist es billig, sich aus der Verantwortung zu stehlen, indem man das perfekte Ergebnis für unerreichbar erklärt und dann lieber gleich ganz die (in Unschuld gewaschenen) Hände in den Schoß legt.

           

          Davon abgesehen ist es völlig unnötig, vor jedem Kauf neu zu recherchieren. Man kann ja schließlich auch mehr als einmal beim gleichen Anbieter einkaufen, wenn man sich von dem überzeugt hat. Das macht der durchschnittliche Billigfleisch-Kunde doch auch nicht anders. Er setzt nur andere Kriterien an, nach denen er seine Lieblingsquellen wählt: Preis, Preis und Preis, im Zweifel.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Es scheint den Menschen sehr schwer zu fallen, auch nur die kleinsten Schritte zum Besseren zu machen (Z.B. Klimapolitik, Gerechtigkeit). Jahrzehntelang haben die Menschen nicht kapiert, daß der Holocaust nicht wiedergutzumachen ist. Sie wollten wiedergutmachen und haben dafür alle Augen zugedrückt gegenüber Israel und alles durchgewunken, was Israel wollte. Aber Israel hat es nur ausgenützt. Jetzt kommt eine winzige Aufforderung, sich an sonst überall übliche Gepflogenheiten zu halten, und schon schreit der verwöhnte Bengel auf. Die Welt sollte, um Frau Knauls Bemerkung im viertletzten Absatz aufzunehmen: 'endlich härtere Maßstäbe an Israel ansetzen'.

    Heute Nacht hat mir ein deutscher Gastdozent an einer UNI in San Diego folgenden Satz geschrieben: 'Letzte Woche hat das Direktorium der University of California beschlossen, dass jegliche Kritik an israelischer Politik mit Antisemitismus gleichzusetzen ist und damit unter Strafe zu stellen ist'. Der amerikanische Weg wird keinen Frieden bringen.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Was für eine gesetzgeberische Macht hat denn bitte ein Unidirektorium?? Zumal in den USA, wo die freie Meinungsäußerung wesentlich weitgehender geschützt ist als in Deutschland.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      In den USA ist es eben noch üblicher als hierzulande, dem Irrglauben anzuhängen und ihn zu pflegen, mit dem Eintreten und geäußertem Verständnis für die israelische Politik könne man sich einen Heiligenschein verleihen.

       

      Der soll dann Kanonenboot-, Staatsstreich- und Invasionspolitik sowie ausbeutende Handelsdiktate überstrahlen, die das wahre Gesicht dieser Vorgehens zur Selbstbereicherung kennzeichnen.

      Hierzulande kam es hingegen zunächst mehr darauf an, die Spuren der Verantwortungsträger für die Vergangenheit zu verwischen.

  • Ebenso stichhaltig wie die o.g. Argumente finde ich folgendes:

    Gerade die Kennzeichnungspflicht von Produkten aus bestetzten Gebieten/Siedlungen ermöglicht es dem im Grunde neutralen Kunden wieder nach Herzenslust israelische Produkte zu kaufen, weil er weiß dass sie nicht Produkt der zu Recht umstrittenen Siedlungspolitik sind.

  • Ich weiß immer noch nicht, wie ich es hnbekomme, dass ich mein Heizöl nur aus Norwegen oder maximal noch Schottland beziehen kann und sicher sein kann, dass es nicht om IS kommt.

     

    Warenkennzeichnung für solche Produkte wäre wichtiger. Und wie im Artikel schon gesagt, wäre mir auch viel wichtiger zu wissen, WIE der Betrieb produiert und nicht WO.

  • Irgendwie habe ich noch nicht vollständige Informationen darüber, wie das kommen konnte, dass die Hamas in den letzten Jahren - bis 2014 - Tunnel bauen konnte, angeblich mit EU-Geldern, die zweckentfremdet wurden.

    -

    Natürlich müssen alle möglichen Institutionen auf Israels Regierung Druck ausüben, um den Siedlungsausbau zu stoppen. Dazu müssten aber vor allem zivilgesell. Gruppen auf einen Kompromiss hinarbeiten, dass das Jordanland insgesamt zu klein ist für alle Juden und alle Palästinenser.

    -

    So bleibt die Diskussion bei Randeffekten stehen.

  • Es stimmt schon, dass "der Jude unter den Staaten" einer anderen Beurteilung unterliegt als andere Länder. Er erfährt aber auch eine ungleich höhere Unterstützung und politische Solidarität. Kein anderer Staat auf der Welt wird auch von EU-Staaten derart aufgerüstet, dass er sich ein Einvernehmen mit einem Drittel der eigenen Bevölkerung sparen kann.

    Dennoch ist diese doppelte Kennzeichnung fragwürdig, denn die israelische Regierung samt ihrer Siedlungspolitik wurde wieder und wieder nicht nur von Siedlern gewählt. Deshalb hoffe ich auf die Einstaatenlösung, denn dann kann sich niemand mehr der Augenwischerei hingeben, der derzeitig rutschende status quo könnte irgendwie noch ein friedliches Ende nehmen. Dann müssen alle Farbe bekennen und dementsprechend handeln.

    • @Krampe:

      Der "Status Quo" rutscht ständig.

       

      In Palästina wird seit Jahrzehnten auf Zeit gespielt und immer findet sich was, was angeblich nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.

       

      Frau Knaul kleidet das in die Worte der "denkbaren" Aufteilung.

  • Die EU wendet hier lediglich geltendes Recht an. Die Siedlungen in den besetzten Gebieten sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten und damit auch die zum Erhalt der Siedlungen errichteten Produktionsstätten. Und das nicht ohne Grund. Durch die israelische Siedlungspolitik wird das Land zerstückelt, Boden enteignet, Baugenehmigungen und Konzessionen (in Zone C) werden nicht erteilt und die Bevölkerung vertrieben, allerorts werden Straßensperren errichtet und ein freier Warenverkehr behindert, während der israelische Markt für pal. Produkte dichtgemacht wird. Es gehört zur klassischen Kolonialpolitik die Märkte eines beherrschten Gebietes zu erobern, sich aber selber gegen die Produkte dieses Landes abzuschließen, und dabei das billige Arbeitskräftereservoir des Landes auszubeuten.

     

    Mit einer weiteren Gestattung des Labels "made in Israel" würde die EU außerdem den illegalen israelischen Expansionsbestrebungen Vorschub leisten. Sodastream hat nun einmal nicht in Israel produziert, Frau Knaul, sondern in besetztem Gebiet. Das gilt erst Recht für den Golan. Die faktische Annexion des Golan durch Israel wird von keinem anderen Land der Welt anerkannt und widerspricht dem völkerrechtlichen Verbot des gewaltsamen Gebietserwerbs, an dem sie kräftig rütteln.

     

    Wenn Ihr Golanwein schon in der EU angeboten wird, dann muss dort das Label "made in Syria" stehen. Im Übrigen dürfen nach der Haager Landkriegsordnung die landwirtschaftlichen Ressourcen des Golan von Israel nur verwaltet und zum Nutzen der Golan-Bevölkerung verwendet werden. Da mehr als 90 Prozent der Golan-Bewohner als Vertriebene auf syrisch-verwaltetem Gebiet leben, müsste Israel den Steuergewinn aus dem Verkauf des Weines den Flüchtlingen auf irgendeine Weise zukommen lassen. Auf alle Fälle darf Israel im Golan nicht ins eigene Staatssäckel wirtschaften und kann lediglich als Treuhandverwalter syrischen Vermögens auftreten. Der Wein ist also syrisch, und er bleibt es auch.

    • @Torsten Hoehn:

      "...humanitären Völkerrecht verboten" Wo steht das? Und welches Gerichtsurteil, welchen Gerichtes haben Sie zur Hand?

  • Eine seltsame EU-Regelung ist das, sie überlässt es dem Konsumenten zu entscheiden ob er Produkte aus den 67 besetzten Gebieten kauft, falls er/sie überhaupt darüber Bescheid weiß. Als ob es die Sache damit in Ordnung wäre.

    Das Argument über die Golanhöhen ist auch kurzsichtig und prinzipienlos. Es geht schliesslich nicht nur um "diese Tage", sondern um internationales Recht. Die Golanhöhen sind laut internationalem Recht besetztes Gebiet, selbst wenn es dieser Tage Chaos in Syrien gibt. Darüberhinaus fällt es den Anhängern der 2-Staatenlösung in den Rücken, denn kommt dieser Tage tatsächlich noch jemand auf die Idee diese für umsetzbar zu halten, bei all der Landnahme und Besiedlung?

  • Eine seltsame EU-Regelung ist das, sie überlässt es dem Konsumenten zu entscheiden ob er Produkte aus den 67 besetzten Gebieten kauft, falls er/sie überhaupt darüber Bescheid weiß. Als ob es die Sache damit in Ordnung wäre.

    Das Argument über die Golanhöhen ist auch kurzsichtig und prinzipienlos. Es geht schliesslich nicht nur um "diese Tage", sondern um internationales Recht. Die Golanhöhen sind laut internationalem Recht besetztes Gebiet, selbst wenn es dieser Tage Chaos in Syrien gibt. Darüberhinaus fällt es den Anhängern der 2-Staatenlösung in den Rücken, denn kommt dieser Tage tatsächlich noch jemand auf die Idee diese für umsetzbar zu halten, bei all der Landnahme und Besiedlung?

  • Hallo Frau Kanul,

    Sie sind alt genug um zu Wissen, das über Jahrzehnte Kritik an Israel

    ( ich rede hier von scharfer Kritik) ein Tabu-Thema war und nach

    wie vor auch ist.

    Selbst in Europa !

    Nicht zu vergessen der mindestens genauso lange Tanz der israelischen

    Regierung auf der Nase der amerikanischen !

  • ‚Das Antisemitismusargument zieht nicht‘, aber auf Israel werden beständig doppelte Standards angewendet. Was denn nun, fragt man sich. Denn der Artikel weist doch richtig darauf hin, dass sich deutsche und europäische ‚demokratische KonsumentInnen‘ und ihre politischen VertreterInnen kein bisschen für Warenboykotte aus wirklich totalitären Staaten interessieren. Im Gegenteil, Deutschland und die EU machen seit Jahrzehnten gute Geschäfte mit diesen Staaten (China, Saudi Arabien, Iran u.v.a.). Und die ‚demokratischen KonsumentInnen‘? Die interessiert nur Israel…

     

    Dass das ‚Antisemitismusargument nicht zieht‘, behauptet der Artikel daher zu leichtfertig. Ja, es geht nicht um Juden, sondern ‚nur‘ um Siedler. Aber eben nur um Siedler eines jüdischen Staates, nicht um Verbrechen und Kolonisatoren anderer Staaten.

    Zudem: Auch Ahmadinedschad sprach immer „nur“ von „den Zionisten“ und meinte die Juden. Antisemitismus ist nach 1945 eben trickreicher geworden.

    Dass es Israel wegen der „unglücklichen geopolitischen Lage“ träfe, wie ein Kommentator meint, halte ich für eine Schutzbehauptung.

     

    Der Hass auf Israel, der sich in doppelten Standards der Beurteilung israelischer Politik niederschlägt, ist schließlich ein weltweites Phänomen und lateinamerikanischen Kommunisten oder südafrikanischen Antirassisten, die auf Israel eindreschen, ist die „geopolitische Lage“ Israels schnurz.

    • @David Wittek:

      Doppelte Standards ?

      Wenn in einem westeuropäischen Staat Menschen- und Völkerrecht so verletzt würden wie in Israel, dann wäre die Kritik wohl nicht milder. Ich würde das als Kompliment verstehen, weil Israel damit in der (nach unseren Maßstäben) zivilisierten Welt eingeordnet wird und eben nicht in einer Liga mit China, Saudi-Arabien und dem Iran. Sollten wir das ändern ?

      • @jhwh:

        Ahja. Es ist also ok sein Auto mit saudi-arabischem Öl zu tanken und seine Elektrospielsachen in Diktaturen zusammenlöten zu lassen, weil das eh alles Wilde sind? Oder wie ist Ihr Kommentar zu verstehen?

        • @Dorothea Pauli:

          Sinn oder Unsinn von Boykotts (zu denen ich in meinem Kommentar kein Wort verliere) sind ein anderes Thema.

  • Guter Artikel...aber zum Golan muss noch was gesagt werden. Das Gebiet wurde 1967 von Israel besetzt und unter militärstrategischen Gründen von Israel faktisch annektiert. Unter internationalem Recht ist es weiterhin Staatsgebiet Syriens - daran ändert auch der syrische Bürgerkrieg nichts. Seit 1967 wurden drusische Dörfer zerstört, viele Bewohner vertrieben - und auch jetzt ist es den verbliebenen drusischen Bewohnern faktisch unmöglich gemacht, ihre Verwandten auf der der syrischen Seite des Golan zu besuchen. Die Vollversammlung der UN hält mit großer Mehrheit an der Rückgabe des okkupierten Gebiets an Syrien fest. Und was den "Golan-Wein" betrifft: Ich habe verschiedene Sorten getestet: Die meisten davon sind ungenießbar.

    • @Thea:

      Aber dafür ist der Wein koscher. Nein, im Ernst: ein Jammer, bester Vulkanboden, genug Wasser und Sonne und nicht zuletzt die Rothschildt-Tradition. Hilft alles nichts. Der Wein aus dem Libanon ist einfach besser.

       

      Was den Golan-Status angeht, nehme ich an, daß Israel die Anzahl der Siedler noch weiter erhöhen wird und tatsächlich faktisch eine Annexion vornimmt. Syrien hat im Moment andere Probleme und die USA werden ein Auge zudrücken, wenn Israel nicht weiter über den Iran-Deal meckert. Die dort noch lebenden Drusen scheinen sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben.

      (http://www.nytimes.com/2015/10/03/world/middleeast/syria-civil-war-israel-golan-heights.html)

  • Frau Knaul hat das Herz noch auf dem rechten Fleck. Es ist schon ungeheuerlich wie einseitig und mit aller Härte die Staaten der EU gegen Israel vorgehen, während sie andere Länder hofiert, die mit Sanktionen belegt werden müssten.

    So blieb die EU gegen Russland wegen der Annexion der Krim tatenlos, weitete sogar die Handelsbeziehungen aus und hat eine Liste stets willkommener Staatsbürger erarbeitet.

    China, das Tibet besetzte, kann sich vor Rüstungsgeschenken aus Europa gar nicht retten, bekommt dabei ständig neue U-Boote für fast umsonst nachgeschmissen, obendrein gemeinsame Kabinettssitzungen, und wird mit panzerbrechenden Granaten für den Häuserkampf gegen die armen Tibeter beliefert.

    Dann der Iran. Seit Jahr und Tag genießt der und seine Bevölkerung eine Vorzugsbehandlung durch die EU, die man nur als ausgerollten roten Teppich ansehen kann.

     

    Man kann nur hoffen, Frau Knaul habe sich nicht erst mit Golanwein Mut antrinken müssen, um diese Wahrheiten zu erkennen und auszusprechen.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Georg Lydda:

      "So blieb die EU gegen Russland wegen der Annexion der Krim tatenlos,"

       

      Versteh ich nicht. Bei russischen Waren wird doch auch die Herkunft ausgewiesen, oder?

  • Es geht nicht darum ob die Siedlerbewegung gut oder schlecht ist, sondern dass jeder Konsument für selbst entscheiden kann, ob er Produkte aus den Siedlingsgebieten kaufen möchte oder nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Denn Kaufen ist eines der letzten demoktatischen Mittel, die wir noch zur Verfügung haben.

    • @LastHope:

      Es war also bei dem Beschluss überhaupt nicht daran gedacht, Produkte von Jüdischen Siedlern zu boykottieren, sondern nur zu informieren? Das habe ich nicht bedacht.

  • Erstmal finde ich es schön das man sich von der unsäglichen Antisemitismuskeule distanziert. Ich möchte in der Taz ehrlich gesagt keine Propaganda und Rückendeckung für Fremdenhasser lesen, auch wenn diese Fremdenhasser Isralelis sind.

    Das gerade Israel nun Ziel einer solchen Richtlinie ist ist tatsächlich dumm gelaufen, auch wenn sie berechtigt ist. Klar ist nämlich auch: Tibet bräuchte ebenfalls einen solchen Vermerk, selbiges gilt für Produkte von der Krim.

    Wegen Guantanamo geht das Ganze deutlich schwieriger weil es keine wirklich annektierte Zone der USA gibt. Auch ist eine zusätzliche Kennzeichnung von Produkten aus Saudi Arabien nicht notwendig denn es steht ja bereits Saudi-Arabien drauf. China ist im Gegensatz zu Israel zu mächtig und auch kein Verbündeter der sich Rückendeckung wünscht, mit der Forderung Israels nach Schutz und Rückendeckung kommen auch Forderungen des Schützenden. Das Argument mit der Macht trifft auch auf Russland zu.

    Letzten Endes trifft es Israel wegen der unglücklichen Geopolitischen Lage als erstes.

    Das macht den Vermerk aber nicht falsch oder unangemessen.

    Ob und wie sich Israel auf den besetzten Gebieten aufführt ist übrigens von geringer Bedeutung.

    Landraub bleibt Landraub.

    Hier bietet die neue Richtlinie die Möglichkeit klar zu entscheiden, wer sich gegen die Siedlungspolitik Israels wenden will muss nicht mehr Israel boykottieren, das ist eine gute Sache.

  • Eine Frage der Interpretation und Instrumentalisierung. Ursache und Wirkung sind auch ein Punkt. Sowohl die Situation in den Gebieten (auf beiden Seiten) als auch die Kennzeichnung hinterlassen einen üblen Beigeschmack-