piwik no script img

Kommentar Interventionen in SyrienPutin mit Plan

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Im syrischen Stellvertreterkrieg agieren die USA ohne klares Ziel. Assads politisches Überleben wird damit immer wahrscheinlicher.

Der russische Präsident weiß immerhin, was er will: Assads Machterhalt. Foto: Alexei Nikolsky/RIA-Novosti, Kremlin Pool Photo/AP

O ffiziell wollen alle nur den Terrorismus in Syrien bekämpfen. So wie alle auch nur Frieden wollen: Russland, die USA, Saudi-Arabien, die Türkei, Europa und natürlich auch der syrische Präsident Baschar al-Assad.

Im wirklichen Leben ist der Syrien-Konflikt allerdings zum gefährlichsten Stellvertreterkrieg unserer Zeit geworden. Seit Moskau offen auf der Seite Assads mitbombt, ist alles möglich. Nicht auszudenken, wie die Lage eskalieren würde, wenn die russische oder amerikanische Luftwaffe tatsächlich versehentlich einen Kampfjet der Gegenseite abschießt.

Als sei diese Eskalation nicht schon dramatisch genug, hat sich die politische Lage im Nato-Land Türkei nach dem verheerenden Bombenanschlag vom vergangenen Wochenende auch noch so zugespitzt, dass manche schon einen Bürgerkrieg befürchten.

Ankara hat die Botschafter Russlands und der USA am Mittwoch einbestellt, um klar zu machen: Die Kurden dürfen von dem Konflikt nicht politisch profitieren, egal ob sie den angeblich von Ankara doch so verachteten „Islamischen Staat“ bekämpfen oder nicht.

Vorteil Assad

In dieser unübersichtlichen Gemengelage muss man dem russischen Präsidenten Putin eines lassen. Er weiß immerhin, was er will: den Verbündeten Assad an der Macht halten, koste es was es wolle.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die USA hingegen agieren noch immer ohne klare Strategie. Kurdische Truppen werden unterstützt, ein bisschen jedenfalls, und moderate Rebellen, die auch den IS bekämpfen, inzwischen ein wenig aufgerüstet. Aber ein Ziel ist nicht erkennbar.

Lange stand außer Zweifel, dass Assad gestürzt werden muss und dass eine Zukunft Syriens aus westlicher Sicht nur ohne den Diktator möglich ist. Doch mit dem Aufstieg des IS will sich keiner im Westen mehr vorstellen, wie Syrien ohne Assad aussehen wird.

Und mit jedem Flüchtling, der aus der Krisenregion nach Europa aufbricht, steigt die Bereitschaft, sich mit einem Regime einzulassen, das bereits Hunderttausende auf dem Gewissen hat und vor ein Kriegsverbrechertribunal gehört.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Schrecklich, dieses Disaster von Krieg und Kampf.. die Abwesenheit des Friedenswillens! Russlands Engagement für den Souverän Syriens erscheint mir jedoch verständlich. Es könnte als Èinsicht in militärische Erfolglosigkeit´ und `JA zu Diplomatie´gewertet werden, wenn die Hintermänner der FSA und der sonstigen Rebellengruppen ihre Gefolgschaft zum Waffenstillstand aufrufen..? Dann könnten viele der Kriegsflüchtlinge in ihr Land zurückkehren!

  • Was wollt Ihr denn? Im Grunde ist alles nur ein Geschäft. Mach Krieg auf der einen Seite, verdiene Geld daran auf der anderen Seite. Das ist nicht viel anders als mit Gummibärchen.

  • Krisen eskalieren nicht zwangsläufig, weil ein jet abgeschossen wird. Das hat der Abschuss der MH17 durch eine russische Buk-Rakete deutlich gezeigt.

  • "... und moderate Rebellen, die auch den IS bekämpfen, inzwischen ein wenig aufgerüstet. ..."

     

    Damit ist wohl Al-Quaida gemeint.

  • Schon etwas realistischer, als das was der geduldige Leser hier sonst so an Kommentaren zu Syrien ertragen musste.

    Allerdings teile ich nicht Ihre Meinung, daß das primäre Ziel Russlands der Machterhalt Assads ist. Es geht hier allen Beteiligten ganz profan um geopolitische Interessen. Russlands Vorteil ist, daß es seine Hausaufgaben gemacht hat und realistisch einschätzt, mit welchen Bodentruppen die islamistischen Parteien beseitigt werden können. Das sind Assads Truppen, die Kurden und die Hisbollah. Alle drei sind Mittel zum Zweck und im Erfolgsfall werden sie ihren Preis einfordern. Ob das in Assads Fall der Machterhalt über ganz Syrien sein wird, ist mehr als fraglich.

    Aber selbst wenn es so wäre: vor dem Hintergrund, daß der Westen mit König Salman einen mindestens genauso üblen Despoten wie Assad unterstützt, wirkt das vorgeschobene Interesse für Menschenrechte und die damit einhergehende Empörung für die russische Unterstützung kaum glaubwürdig.

  • haben die us-amis nicht schon oft in der vergangenheit regimes unterstützt die eigentlich vor ein kriegsverbrechertribunal gehörten? war das nicht schon total oft die strategie?