Kommentar IS-Vormarsch in Syrien: Die kleineren Übel
Assad hat den Dschihadisten in Syrien den Boden bereitet. Nun bietet er den USA seine Hilfe an. Wie lässt sich der IS bekämpfen, ohne Assad zu stärken?
B ERLIN taz Mit ihrem Vormarsch auf die kurdische Stadt Kobane im Norden Syriens fordern die Milizen des Islamischen Staats (IS) die Welt heraus. Dutzende Dörfer haben die Dschihadisten erobert, die Stadt ist von drei Seiten eingekeilt, mehr als Hunderttausend syrische Kurden sind aus Angst vor einem Massaker über die Grenze in die Türkei geflohen. Das Szenario vom August, wo es nach dem Vormarsch der IS-Milizen im Nordirak zu einer Massenflucht von Jesiden aus der Region Sindschar kam, scheint sich zu wiederholen.
Diese Herausforderung lässt die Welt enger zusammenrücken. US-Außenminister Kerry hat zu einer „globalen Kampagne“ gegen die IS-Milizen aufgerufen, die auch von Russland und Saudi-Arabien unterstützt wird. Nach den USA fliegt jetzt auch Frankreich Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Nordirak. Und selbst mit ihrem langjährigen Gegner, dem Iran, ziehen die USA an einem Strang, um den IS-Vormarsch zu stoppen.
Der Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, einen Keil zu treiben zwischen die sunnitische Mehrheit zwischen Euphrat und Tigris und den Kämpfern des Islamischen Staats, die sich zu großen Teilen aus ausländischen Söldnern rekrutieren. Das ist aber eher eine politische als eine militärische Aufgabe, für die es Rückhalt aus Bagdad braucht.
Die andere Frage ist, wie sich die IS-Milizen in Syrien bekämpfen lassen, ohne zugleich den syrischen Diktator Assad zu stärken. Der bietet jetzt auch, nicht ganz uneigennützig, den USA im Kampf gegen die IS-Milizen seine Hilfe an. Man darf nicht vergessen, dass es erst sein rücksichtloses Vorgehen gegen seine Gegner war, die den Dschihadisten in Syrien den Boden bereitet hat. Doch im Schatten des plakativen IS-Terrors fällt es ihm leicht, sich als das kleinere Übel darzustellen.
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