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Kommentar ICE-BrandPrinzip Abwälzen

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Auf Unfälle wie den Brand im ICE am vergangenen Freitag ist die Bahn nicht genügend vorbereitet. Denn der Profit steht im Vordergrund.

Am vergangenen Freitagmorgen: brennender ICE in der Nähe von Montabaur Foto: dpa

D ie Schnellstrecke der Bahn zwischen Köln und Frankfurt am Main bleibt nach dem Brand des ICE 511 am Freitagmorgen nicht wie zunächst angekündigt bis zum Montag, sondern voraussichtlich noch die gesamte Woche gesperrt.

„Voraussichtlich“ heißt im Bahnsprech nicht, dass sie vielleicht eher wieder offen ist. Stattdessen kann es gut sein, dass die Sache noch ein bisschen länger dauert.

Bei der Bahn gilt das Prinzip Abwälzen. Ob Elbhochwasser, kaputte Signalanlage oder Gleissanierung, die Reisenden müssen die Folgen tragen: Verspätungen, Zugausfälle, Umleitungen. Die Züge aus Köln nach Frankfurt werden über Koblenz und Mainz umgeleitet.

Der Unfall

Das Feuer im ICE war am Freitagmorgen bei Dierdorf in der Nähe von Neuwied in Rheinland-Pfalz ausgebrochen. 510 Passagiere wurden aus dem Zug gebracht. Fünf Menschen erlitten nach Polizeiangaben leichte Verletzungen. Auslöser des Brandes war nach ersten Erkenntnissen der Bundespolizei ein technischer Defekt. Die Ermittlungen zur genauen Ursache dauerten am Sonntag an, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte. "Das kann der Trafo gewesen sein, das kann auch etwas anderes gewesen sein." (dpa)

Hunderttausende direkt Betroffene müssen mindestens 80 Minuten länger für die Fahrzeit einplanen. Und unzählige andere werden auch länger brauchen. Wenn es im Netz irgendwo hakt, dann hakt es auch an vielem anderen Stellen.

Gegen Unfälle kann sich die Bahn nur bedingt schützen. Zurzeit sieht es so aus, als sei ein technischer Defekt Ursache für den Brand, den niemand voraussehen und verhindern konnte. Den BahnmanagerInnen ist nach jetzigem Stand deshalb kein Vorwurf zu machen. Dass das Feuer aber derartige Folgen hat und die Strecke mehr als eine Woche nicht befahrbar ist, schon.

Die Bahn tut so, als wäre das Schicksal und nicht zu ändern. Ist das wirklich so? Das glaubt doch kein Mensch. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Bahn auf solche Vorfälle nicht genügend vorbereitet ist, weil sie mehr Profit abwerfen soll.

Die Folgen des Unfall zeigen wieder einmal, wie fragil das Bahnnetz ist. Das Management und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind nicht dazu in der Lage, einen reibungslosen Ablauf im Normalbetrieb zu gewährleisten. Stattdessen gehen sie mit Absichtserklärungen hausieren. So wollen sie bald den „Deutschlandtakt“ einführen, bei dem Züge aufeinander abgestimmt fahren. Doch ohne eine schnelle und große Offensive für die Erneuerung der Bahn wird das nichts.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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15 Kommentare

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  • "Zurzeit sieht es so aus, als sei ein technischer Defekt Ursache für den Brand, den niemand voraussehen und verhindern konnte. Den BahnmanagerInnen ist nach jetzigem Stand deshalb kein Vorwurf zu machen. Dass das Feuer aber derartige Folgen hat und die Strecke mehr als eine Woche nicht befahrbar ist, schon."

    Frau Krüger, wenn ich so einen Vorwurf in den Raum stelle, dann muss ich mich etwas mit den technischen Begebenheiten beschäftigen, wie z. B . den technischen Bau der Trasse und die Signaltechnik, die hier halt etwas aufwendiger ist als auf normalen Strecken. Und das ist gut so, da jeder es mit Recht für selbstverständlich nimmt, mit Geschwindigkeiten von über 200Km/h sicher zu reisen. Wenn diese Technik nun durch das Feuer des ICE beschädigt ist, möchte ich erst wieder da lang fahren, wenn die Technik repariert ist und die Sicherheit gewährleistet ist. Das dauert dann leider etwas länger, auch weil die Strecke einbetoniert ist.

    Dass "hunderttausende" länger brauchen ist nicht schön. Weder für die Fahrgäste, noch für die Bahn, die zusätzlich zu den Reparaturkosten Entschädigungen aus Fahrgastrechten zahlt. Trotzdem ist die Einstellung "schnell flicken und hoffen, dass es hält- nicht dass noch mehr Fahrgastrechte geltend gemacht werden" keine Option-



    wobei diese Einstellung legetimer wäre, würde man Ihrer Behauptung glauben, dass der Profit hier im Vordergrund steht.

    Der Brand ist ein Schock und es ist ein riesen Glück, dass es nicht schlimmer kam. Aber dass die Strecke repariert werden muss, ist leider so.

    Wenn ein Supermarkt abbrennt, sage ich auch nicht: Der Betreiber ist nicht Schuld am Brand, aber daran, dass es jetzt in der Brandruine keine Milch zu kaufen gibt.

    Von Daher wird hier nicht das "Prinzip Abwälzen" gewählt.

    • @Realist2:

      Die Kritik an der langen Reperaturarbeit und offiziellen Bahnbegründungen speist sich aus den Einsparungen, die die Bahn in vielen Bereichen über die Jahre vorgenommen hat: Material, Fahrzeuge, Züge, Personal für Wartung, Zubgeleitung, Zugführung usw.. Das heißt weniger ist schnell, an verschiedenen Orten einsetzbar und so brauchen aufwändige Lösungen wesentlich mehr Zeit - als wenn mehr Material und Personal vorgehalten wird.

  • Ich glaube ja schon, dass eine Bahnstrecke länger gesperrt werden muss und sollte, wenn auf ihr ein ICE-Teil soweit ausbrennt dass auch das Metallskelett vom Feuer weggeschmolzen wird. Dabei wird auch Gleis und Gleisbett in einer Weise erhitzt, dass ich es sehr genau untersucht wissen möchte, bevor es wieder freigegeben wird. Wieviel größer wäre denn bitte völlig zu Recht die Klage, wenn auf einer zu früh freigegebenen Strecke dann die Gleise wegen Materialschädigung reißen und ein ganzer ICE entgleist?

    Davon abgesehen schließe ich mich den Beschwerden der Mitkommentatoren weitestgehend an. Ich bin zwar bisher auf den meisten Bahnreisen von Defekten verschont geblieben. Dafür hat uns die Bahn jüngst mit einem Schienenersatzverkehr von Binz nach Rügen versorgt, bei dem die vorgesehene Verbindung regelmäßig den einzigen durchgehenden ICE von Stralsund nach München verpasste. Nachdem wir eine Stunde früher gefahren sind, mussten wir uns mit einem Kinderwagen in völlig überfüllte Busse quetschen. Im ersten war die Kinderwagenbucht mit zusätzlichen Sitzen verbaut. Von daher: Ja, die Bahn hat an sehr vielen Stellen sehr viel aufzuholen und zu verbessern. Aber dass eine Brandstelle nicht sofort wieder freigegeben wird, halte ich für realistisch und wichtig.

  • Und auch interessant: Die Schweizer Bahn SBB wurde anscheinend schon am Samstagmorgen von der DB darüber informiert, dass die Sperrung bis voraussichtlich 20.10. bestehen bleibt.



    Da hieß es auf offziellen Bahnseiten in D noch, dass die Sperrung bis mind. Sonntagabend bestehen wird (bis 14.10.). Das zeigt ganz deutlich, wie hier die deutsche Öffentlichkeit nur scheibchenweise und verspätet informiert wird.

    Vertrauenerweckend ist das auch nicht.

  • Ich bin das ganze Jahr bisher auch jeweils auch in ICE-Zügen gefahren, bei denen mind. 1 Wagen wegen nicht funktionierender Klimaanlage ausfiel und das war auch nicht immer bei Temperaturen über 30°C.

    Die Züge waren proppenvoll.

    Ich habe zudem quasi immer im Nachgang eine Erstattung erhalten. Und das sagt schon viel aus.

    Ich fahre immer noch am liebsten Zug, aber das was nicht in Ordnung ist mit der Bahn, liegt auf der Hand.

  • grade mal wieder unfaehigkeit der db erlebt. warum 1. klasse reisen, wenn man a) nichts zu essen bekommt („technischer defekt“) im kernzeitraum seiner 12std bahnreise (bei trenitalia und sbb funktionierte alles) und b) man am ende in 2 vollgestopften regionalbahnen durch niedersachsen gekarrt wird, stehend im gang, anstatt auf den reservierten und bezahlten sitzen im ic?



    weil der zug fuer die letzten 200km einfach ausfaellt, was man aber nur herausbekommt, weil man angesichts drohender verspaetung nach alternativen geschaut hat. und es trotz reise mit 2 kindern und reichlich gepaeck in 8 minuten zum anderen gleis schafft..



    die bahn ist im arsch.

  • Klar, der Bahn geht es nur um den Profit. Was soll sie denn tun, liebe Anja Krüger? Ich habe dazu nichts gefunden in Ihrem Kommentar. Irgendwelche Vorschläge?

    Und in Ihrer Liste der Störungen fehlen Brandstiftungen mit dem Ziel, den Bahnbetrieb zu stören. Im Namen der gerechten Sache, versteht sich.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Joachim Herbert:

      Ein Tipp beim Schreiben: sich erst einmal Gedanken darüber machen, w e r welche Aufgaben hat.

      Ein Journalist ist nun einmal nicht dazu da, die Hausaufgaben eines Unternehmens zu machen. Vorschläge haben Andere längst gemacht. Etwa ProBahn. Haben die Eingang in die Praxis der Deutschen Bahn gefunden?

      Ihr Beschützerinstinkt in allen Ehren, aber schauen Sie sich mal die EU-Statistiken in Sachen Pünktlichkeit an. Deutschland auf Platz 20 von 22. Wegen Brandstiftungen?

      Im Namen der gerechten Sache: lassen wir die Kirche doch mal im Dorf. Hier im unteren Westerwald.

    • @Joachim Herbert:

      Es würde mich nicht überraschen, wenn der Brand von einem Teil ausging, das man schon lange hätte tauschen müssen und die Beschädigung der Schnellstrecke durch Sparen am falschen Ort ausgelöst wurde.

      Das Unglück von Eschede hat ja auch ein brechender Radreifen ausgelöst, der schon lange getauscht hätte werden sollen. Ließ sich später leider nicht mehr ermitteln warum das unterblieben ist...

      Und zur Wartung im Allgemeinen:



      Ich saß am Freitag in einem ICE - in meinem Waggon Klimaanlage ausgefallen. Im Nachbarwaggon zwei Türen unbenutzbar. Zugrestaurant in Selbstbedienung, weil nur einfache Besetzung.

      Aktuell sitze ich in einem ICE, der ebenfalls in einem Waggon einen Ausfall der Klimaanlage zu verzeichnen hat. Und es herrschen KEINE hochsommerlichen Temperaturen draußen, die ja gerne von der Bahn als Grund für die laufenden Ausfälle vorgeschützt werden.

      Die vollmundig versprochene Qualitätsoffensive mit vorausschauender Wartung trägt offensichtlich noch keine Früchte. Sie hat wahrscheinlich gar nicht stattgefunden und war ein bloßer PR-Gag.

      • @Helmut Fuchs:

        immerhin, die klima ging, im gegensatz zur reise auf selber strecke im august.

    • @Joachim Herbert:

      Wie wäre es mit CSU abwählen?

      • @Sven Svarson:

        Das Problem beschränkt sich leider nicht nur auf die CSU. Sämtliche Bundesregierungen waren leider an der Bahn nicht interessiert.

    • @Joachim Herbert:

      Was die Bahn tun soll? Dafür sorgen, dass Bürger und Güter reibungslos, stressfrei und umweltfreundlich von A nach B transportiert werden.

      • @Artur Möff:

        Das kann die Bahn leider nur bedingt beeinflussen.

        Die vorgaben kommen vom Bund, und der lässt die Bahn seit Jahrzehnten verhungern.

        • @Sven S:

          Und die entsprechend Verantwortlichen werden hier auch kritisiert: Das Management und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind nicht dazu in der Lage, einen reibungslosen Ablauf im Normalbetrieb zu gewährleisten. Stattdessen gehen sie mit Absichtserklärungen hausieren."



          Natürlich richtet sich Kritik an der Bahn zwingend auch immer an die Bundesregierung, die ja letzten Endes auch dafür verantwortlich ist, dass die Bahn zum Gewinne machen verdonnert wurde.