Kommentar Hetze in sozialen Medien: Eine Welt ohne Facebook ist möglich
Ein Milliardenkonzern wie Facebook schafft es nicht, die Inhalte im Netzwerk vernünftig zu moderieren. Wie wäre es mit ein bisschen weniger Gewinn?
Wie absurd ist eigentlich der Umgang von Facebook mit den vielen Inhalten, die in dem sozialen Netzwerk gepostet werden? Ein neues Dokument, das an die britische Zeitung Guardian geleakt wurde, liefert viele Einblicke. Und diese sind wichtig, denn Facebook ist zu einem der zentralen Orte gesellschaftlicher Verständigung geworden.
Wo endet künstlerische Nacktheit und wo beginnt Pornografie? Ist eine Todesdrohung an Donald Trump glaubwürdiger als ein „ich bring dich um“ unter Privatpersonen? Was ist noch Redefreiheit und was Hetze?
Viele der Entscheidungen, die die ModeratorInnen von Facebook fällen müssen, sind nicht einfach. Oft berühren sie zentrale Fragen der freien Meinungsäußerung. Umso wichtiger ist deshalb der Blick auf die Arbeitsbedingungen der ModeratorInnen. Im Schnitt haben sie rund 10 Sekunden, um eine Entscheidung zu treffen, heißt es. Warum nicht 10 Minuten?
Facebook ist ein global agierender Konzern, der fast 30 Milliarden Dollar im Jahr umsetzt und 10 Milliarden Gewinn macht. Ist es unzumutbar, dass die Firma etwas weniger Profit macht und sich besser um die Inhalte auf der Plattform kümmert? Für etabliertere Industrien gelten gesetzliche Mindeststandards, die erfüllt werden müssen, damit ein Produkt auf den Markt darf – warum nicht für eine Kommunikationsinfrastruktur wie Facebook?
Wir muten doch auch Firmen wie VW oder Samsung Milliardenkosten zu, wenn ihre Produkte Mindeststandards nicht erreichen. Diesen Anspruch könnte man neben Facebook auch an andere Plattformen wie Twitter oder Youtube stellen.
Hier sind sowohl der Staat als auch das Kapital gefragt. Ersterer muss die Standards setzen, Zweiteres muss sie umsetzen. Mit seiner Laissez-faire-Haltung zu Inhalten verursachen die Netzkonzerne riesige gesellschaftliche Kosten – bis hin zur möglichen Manipulation verschiedener Wahlen. Diese Kosten sollten nicht vergesellschaftet werden, während die Aktionäre die Gewinne einstreichen.
Höchste Zeit also, dass die Branche reguliert wird. Und wenn die Konzerne weiterjammern, dass ein verantwortungsbewusstes Angebot ihrerseits einfach zu teuer ist, heißt das vielleicht nur: Diese Industrie ist eigentlich gar nicht lebensfähig.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau