„Fake News“ und Bundestagswahlkampf: Löschen, auflisten, checken

Netzwerkdurchsetzungsgesetz, „East StratCom“, „Faktenfinder“, „ZDFcheck“: Politik und Medien sind im Anti-Fake-News-Rausch.

Viele Menschen und ein Schild "Fakten sind Trump"

Besser als Fake News sind Fakten. Kritisches Denken ist noch besser Foto: dpa

Die Sache ist ziemlich ambivalent: Ob Fake News zuletzt überhaupt Wahlen entschieden haben, ist ebenso wenig bewiesen wie die Frage beantwortet, welche Kraftreserven noch in der gezielten Desinformation schlummern. Und trotzdem: Politik wie Medien berauschen sich förmlich an der Vorstellung, diese Entwicklung in den Griff bekommen zu können – die einen, indem sie Fakes mit Fakten kontern. Die anderen, indem sie Facebook und Co mit Strafen drohen, falls Portale erfolgversprechende Desinformation nicht fix löschen.

Der Bundestag bespricht am Freitag das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), und es geht nur um Löschfristen und Bußgelder im Kampf gegen Hasskommentare. Im Begleittext des NetzDG-Entwurfs heißt es ferner: „Erfasst werden auch falsche Nachrichten (…), etwa die Störung des öffentlichen Friedens durch Vortäuschen von Straftaten. Motivation ist der US-Wahlkampf, mit dem hierzulande „die Bekämpfung von strafbaren Falschnachrichten in sozialen Netzwerken hohe Priorität gewonnen“ habe.

Die bereits vor Monaten von Sicherheitspolitikern der Regierung offen ventilierte Idee, sogar ein Abwehrzentrum gegen Desinformation einzurichten, ist nicht Teil dieser Offensive. Das übernimmt ohnehin schon Brüssel: Für die EU-Kommission scannt eine Einheit mit dem Namen „East StratCom“ digitale Botschaften, die mutmaßlich aus Russland in die Europäische Union drängen und hier für Unruhe sorgen sollen. Aber auch aus dem Inland platzierte Fake News spielen eine Rolle: In ihren wöchentlichen Berichten listet die Task-Force gegen Fake News auch Einträge der AfD auf.

Einige Medien wollen mehr als beobachten und sich gegen Fake News stellen. Die ARD hat bei der „Tagesschau“ die Gruppe „Faktenfinder“ gestartet, ein „Dienstleistungszentrum für alle Redaktionen von Hörfunk, Fernsehen und Online“ der ARD, wie es in einer Vorlage an die Gremien heißt.

Besondere Energie zeigt der Bayerische Rundfunk

Demnach entsenden zumindest vier von neun Landesrundfunkanstalten auch eigene MitarbeiterInnen nach Hamburg, die das Team von tagesschau.de verstärken. Besondere Energie zeigt der Bayerische Rundfunk. Er hat Anfang dieser Woche – nach einer Laborphase – ein eigenes Team „Social Listening und Verifikation“ ins Leben gerufen, das Nachrichten Fachredaktionen zur Prüfung vorlegt.

Auch das weitgehend stiftungsfinanzierte Recherchebüro Correctiv lässt mit zunächst vier JournalistInnen Fakten checken. Chefredakteur Markus Grill möchte, dass sein Team aber nicht nur im Netz patrouilliert: „Wenn ein Politiker bei ‚Anne Will‘ oder ‚Maybrit Illner‘ irgendeinen Unsinn erzählt, dann werden wir das genauso überprüfen.“

Die EU-Task-Force gegen Fake News listet auch Einträge der AfD auf

ZDF-Chefredakteur Peter Frey belebt seinen „ZDFcheck“ wieder, der schon die Aussagen in Wahlkämpfen überprüft hat, bevor Donald Trump die Vokabel „Fake News“ weltweit etablierte. Das ZDF zieht JournalistInnen diverser Redaktionen zusammen: von „heute“ über „Logo“ bis zur „Kulturzeit“. Frey geht – wie die Politik – davon aus, „dass die Bundestagswahl gezielt zum Anlass genommen wird, Deutschland mit Fake News anzugreifen. Und darauf müssen wir eine Antwort geben.“

Unterdessen konkurriert das NetzDG mit einem Antrag der Grünen. Die Fraktion fordert vor allem Aufklärung und will „unabhängige und kostenfreie“ Informations- und Beratungsstellen zum Umgang etwa mit Hass und Fake News im Netz genauso fördern wie Forschung zu deren Wirkmacht. Die Grünen wollen zudem, dass die Regierung eine „verpflichtende Abgabe“ von größeren Telemedien dafür prüft – und damit vor allem: von Facebook und YouTube.

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