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Kommentar Gefährliche Politik der SaudisEs droht ein vierter Golfkrieg

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die Exekution al-Nimirs, das Ende der Feuerpause im Jemen – Saudi-Arabien betreibt ein riskantes Spiel. Der Westen muss darauf reagieren.

Auseinandersetzungen zwischen iranischen Polizisten und Demonstranten vor der saudi-arabischen Botschaft in Teheran. Foto: dpa

D ie Hinrichtung des schiitischen Geistlichen al-Nimir hat die Spannungen zwischen den beiden Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran auf eine neue Eskalationsstufe gehoben. Dies sollte in Berlin und anderen westlichen Hauptstädten endlich zu einer veränderten Politik gegenüber der wahhabitischen Königshausdiktatur in Saudi-Arabien führen – ihrem Hauptverbündeten in der Golfregion und zugleich wichtigstem Sponsor aller islamistisch gerechtfertigten Terroranschläge seit Ende des Kalten Krieges.

Schon Saudi-Arabiens Aufkündigung des Waffenstillstandes im Jemen am Samstag war möglicherweise eine Reaktion auf Irans scharfe Kritik an der Hinrichtung. Darüber hinaus droht nun der mühsam errungene Minimalkonsens für die geplanten Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition zu zerbrechen. Damit wäre die Chance zerstört, den Syrienkrieg in absehbarer Zeit zu beenden und damit den wichtigsten Nährboden für den „Islamischen Staat“ (IS) auszutrocknen.

Mittelfristig könnte der Konflikt zwischen Riad und Teheran sogar zu einem vierten Golfkrieg eskalieren, der die drei seit 1980 geführten an Menschenopfern, Zerstörungen und negativen Folgen für die ganze Region noch übertreffen dürfte. Diese Gefahr ist vor allem wegen der wachsenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Spannungen in Saudi-Arabien größer als je zuvor. Zur bislang praktizierten innenpolitischen Befriedung durch finanzielle Mittel ist das Regime wegen des drastischen Ölpreisverfalls kaum mehr in der Lage. Daher wächst die Versuchung, auf angebliche oder tatsächliche äußere Feinde und Bedrohungen abzulenken.

In dieser Situation sollten Deutschland, die USA und die anderen Verbündeten Riads jegliche Waffenlieferung einstellen und auch alle anderen Formen militärischer, wirtschaftlicher und politischer Unterstützung unterlassen, die in Riad als Ermunterung, Beihilfe oder gar Beistandsgarantie für einen Krieg gegen Iran verstanden werden könnten. Sie sollten durch gezielten Druck, notfalls auch Sanktionen dafür sorgen, dass die saudische Königshausdiktatur endlich jegliche Unterstützung auch aus sogenannten privaten wahhabitischen Quellen für den IS, al-Qaida, al-Nusra und andere islamistische Terrorgruppen in Syrien, Irak und anderswo unterbindet.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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50 Kommentare

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  • Keiner sollte auf die Saudis reagieren. Die Iraner sollten abwarten bis das Embargo gegen sie aufgehoben wird und ihr Öl auf dem Markt bringen, mal schauen wieviele Milliarden dieser Gottesstaat dann verbrennt und vorallem wie schnell das Feuer das sie gelegt haben im Jemen und im Inland auf sie übergreift. Über unsere Regierung kann ich nur sagen, zeig mir deine Freunde und ich sag dir wer du bist.

  • Der Westen muss darauf reagieren -

    Und auch der Expansionspolitik Irans und der Hisbollah entgegentreten.

    Irans Führung ist nicht einfach nett.

    Das Spiel der Mobilisierung entlang zugeschriebener Identitäten kennen die Herrschenden doch schon so lange, auch Israels Netanyahu macht das immer:

    BLITZABLEITER - soziale Konflikte überlagern durch Verweis auf den äußeren Feind.

    Geben wir uns die Blogger-Adressen der Oppositionellen überall weiter.

  • Saudi arabien gegen den Iran, Sunniten gegen Schiiten. Das würde ja bedeuten, das die Gemengenlage am Golf und im mittleren Osten übersichtlich wäre. Ich fürchte, das es nicht so einfach ist, so ist der IS und Al Kaida sunnitisch und im Krieg mit dem Westen. Desgleichen die Taliban in Afghanistan und Pakistan.

    Russland hat sich wiederum auf die Seite des Irans und der Schiiten gestellt wie in Syrien.

    Im Irak haben seit der Invasion der USA 2003 Sunniten und Schiiten sich bekämpft.

    Es entwickelt sich immer mehr zum arabischen Glaubenskrieg, der sich auch an der Ausrichtung Saudi Arabiens zum Westen hin entzündet.

  • Die Tötung al-Nimirs fällt in die gleiche Kategorie wie der SU-24-Abschuß. Es handelt sich um gezielte Provokationen der Staaten, die in Syrien das Heft des Handelns übernommen haben. In beiden Fällen wurde ein militärisch überlegener Gegner gereizt. Das ist entweder ein Zeichen von Dummheit oder (wahrscheinlicher) ein Hinweis auf Rückendeckung. Die Kräfte, die diese Rückendeckung gewähren, scheinen also mit der derzeitigen Entwicklung in Syrien überhaupt nicht zufrieden zu sein.

    Mich würde interessieren, ob Obama/Kerry hier ein falsches Spiel spielen oder ob sie Teile des amerikanischen Machtapparates nicht mehr unter Kontrolle haben.

    • @jhwh:

      Sehr guter Beitrag. Da brauche ich ja gar nichts zu schreiben.

      Hans-Ulrich Grefe

  • Gemäss his master’s voice hat „der Westen“ schon allweil zweierlei Mass angelegt. Wenn’s um Saudi-Arabien bzw. den Iran geht. Das ist unmoralisch und dumm. Denn was „der Westen“ ja angeblich bekämpft, kommt in erster Linie, wie das Öl, vom saudischen Liebling: Gewaltbringende Islamschiefausleger vulgo (medienmonopläre) Terroristen.

    Und somit zum Stichsatz „Der Westen muss darauf reagieren“: Genau (und der Autor geht im Schlussabsatz darauf ein): Seine Optik gerade stellen, und zuallererst (illegale) Rüstungsgüterexporte ins Reich der Salafisten stoppen. Statt weiter scheinheilig den Rüstungsrubel hoch- und viele Menschen (im Inneren Saudi-Arabiens, wie im Jemen und sonstwo) profitmachend ab-leben zu lassen.

    Das gilt aber auch für andere Waffenglobalschmiede. Nicht „nur“ jene im sogenannten Westen.

  • "Zur bislang praktizierten innenpolitischen Befriedung durch finanzielle Mittel ist das Regime wegen des drastischen Ölpreisverfalls kaum mehr in der Lage. Daher wächst die Versuchung, auf angebliche oder tatsächliche äußere Feinde und Bedrohungen abzulenken."

     

    Ganz richtig. Mir fehlt allerdings die (aus meiner Sicht naheliegende) Schlussfolgerung, dass eine (hier eindeutig von Saudi-Arabien betriebene) Eskalation bis hin zu einem möglichen neuen Golfkrieg den Ölpreis logischerweise drastisch steigen lassen und damit den Eliten in beiden Ländern (aber nicht nur denen!) nützen wird. Dass dabei wieder hunderttausende (gewiss nicht den genannten Eliten zuzurechnende) Menschen umgebracht werden, ist der übliche Kollateralschaden, und diesen Begriff eingeführt zu haben ist das Verdienst der Bush-Regierung, da kann Saudi-Arabien nix dafür...

  • " Dies sollte in Berlin und anderen westlichen Hauptstädten endlich zu einer veränderten Politik gegenüber der wahhabitischen Königshausdiktatur in Saudi-Arabien führen"

    Tja und der Iran besteht aus Friedensengeln (ach so, und der Klapperstorch bringt...)

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Jürgen Matoni:

      "Tja und der Iran besteht aus Friedensengeln"

       

      Das nicht. Aber zum Iran unterhält die Bundesregierung auch keine freundschaftlichen Verhältnisse. Da ist schon genügend Distanz da.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Hm - War da nicht ein Herr Steinmeier oder so zur Anbahnung von Geschäften in diesem demokratischen und weltoffenen Land?

  • naja, einfach mal nachdenken, wenn die Saudis oder andere Golfstaaten ihr Kapital aus D abziehen, allein 24% der VW Aktien sind in arabischer Hand !

    • @Georg Schmidt:

      Und wenn wir die Aktien einfach zurückkaufen, wenn der Kurs gefallen ist?

    • @Georg Schmidt:

      Nachdenken ist in diesen Zeiten nicht populär. Lieber den verbalen Hammer raus und draufschlagen.

       

      Um sich mit Saudi Arabien auseinanderzusetzen, hatte man Jahrzehnte lang Zeit, in denen die Region einigermaßen stabil war. Jetzt, wo alles ein Pilverfass ist, muß geschaut werden, daß man Ruhe bewahrt, wo es noch möglich ist. Wer jetzt fordert, auch noch Saudi Arabien irgendwie unter Druck zu setzen, der spinnt.

  • Ja, die hier aufgestellten Forderungen erscheinen mir vernünftig. Es fehlt aber eine wichtige Forderung an den Westen: direkte und/oder indirekte Unterstützung von Demokratiebestrebungen sowohl in Saudiarabien als auch in Iran. In Iran gab es im Sommer 2009 immerhin eine breit getragene Revolte gegen die Mullah-Diktatur ("grüne Bewegung"). Ob es in Saudiarabien auch ein solches Potential für eine Demokratiebewegung gibt, weiss ich leider nicht, jedenfalls erfährt man in den hiesigen Medien nichts darüber.

    • @Rudeboy:

      " Es fehlt aber eine wichtige Forderung an den Westen: direkte und/oder indirekte Unterstützung von Demokratiebestrebungen sowohl in Saudiarabien als auch in Iran."

       

      Sind wie damit noch nicht genug auf die Nase gefallen? Das einzig Richtige ist, raushalten und keine Waffen liefern.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        WER ist WO und WOMIT auf die Nase gefallen? Haben Sie auch irgendwelche Argumente, die optimalerweise einen Bezug auf das Posting nehmen, auf das Sie antworten? Und zwar ohne Aussagen aus dem Kontext zu reissen, wenn es sich machen lässt?

        • @Rudeboy:

          Entschuldigen Sie bitte, aber ich hatte angenommen, Sie haben das Weltgeschehen seit der Jahrtausendwende verfolgt. Hier also ein paar Beispiele der Ergebnisse westlicher „Demokratieförderung“:

           

          -In Afghanistan sind die Taliban auf dem Vormarsch. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die „demokratische“ Regierung als Ansammlung korrupter Wahlfälscher entpuppt hat.

          -Der Irak ist in „Teilreiche“ zerfallen und bietet den idealen Nährboden für Fanatiker aller Art.

          -Libyen dito

          -Syrien dito

          -In der Ukraine wurden nur die Machtverhältnisse unter den Oligarchen verschoben. Der Preis: Bürgerkrieg und der Verlust einer schönen Halbinsel

           

          Ich hoffe, diese Beispiele reichen. Es wäre zwar falsch, all das Ungemach ausschließlich auf die westliche „Demokratieunterstützung“ zu schieben, sie hat aber wesentlich dazu beigetragen.

          • 7G
            74450 (Profil gelöscht)
            @warum_denkt_keiner_nach?:

            Also besser alle Kontakte in diktatorische Staaten abbrechen, nicht mehr mit Dissidenten reden und lieber die "legitimen" Regime stützen oder was?

             

            Nach dieser Logik würden die Menschen in Warschau, Budapest und Chisinau noch heute unter der Knute der Kommunisten leben. Aber hauptsache uns gehts gut und der Bauch ist rund!

            • @74450 (Profil gelöscht):

              "Also besser alle Kontakte in diktatorische Staaten abbrechen, nicht mehr mit Dissidenten reden und lieber die "legitimen" Regime stützen oder was?"

               

              Nein. Aber die Leute genau anschauen, die man unterstützt. (Nicht jeder der gegen einen Diktator ist, ist zwangsläufig auch ein guter Mensch) Und besonders keine "Revolutionen" durchboxen, denen eine reelle Erfolgsaussicht (im Sinne der Entstehung einer stabilen Demokratie) fehlt.

              • 7G
                74450 (Profil gelöscht)
                @warum_denkt_keiner_nach?:

                Das ist richtig. Allerdings sollte Europa auch nicht zu zögerlich sein. In Syrien haben wir gesehen, dass auch Nichteinmischung katastrophale Folgen haben kann.

                 

                An dieser Stelle liegt die entscheidende Schwäche Ihrer Auflistung oben: Lybien in einer Liste mit Syrien zu nennen, zeigt das Dilemma.

                 

                Wird nicht interveniert, kann ein syrisches Szenario entstehen, wird interveniert, kann ein lybisches Szenario entstehen.

                 

                Was die zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit angeht, unterstützen verschiedene Stiftungen sowieso verschiedene Gruppen im Ausland. Die Adenauer-Stiftung hat in der Regel andere Ansprechpartner*innen als die Luxemburg-Stiftung.

                • @74450 (Profil gelöscht):

                  " In Syrien haben wir gesehen, dass auch Nichteinmischung katastrophale Folgen haben kann."

                   

                  Warum immer dieses Märchen? Es gibt eine massive Einmischung. Z.B. sind seit Anfang 2012 die "Freunde Syriens" aktiv, die die syrische Opposition massiv u.a. mit Geld und Material unterstützen. Allein am 2.4.2012 sind 100.000.000 Dollar an die "Freie syrische Armee" gegangen.

                   

                  Ist das keine Einmischung?

                  • 7G
                    74450 (Profil gelöscht)
                    @warum_denkt_keiner_nach?:

                    Nungut, verwenden wir statt dem Begriff Nichteinmischung den Begriff halbherzige Unterstützung.

                     

                    Ich habe in meinem Post eher an eine militärische Intervention gedacht, die es in Syrien nicht bzw. jetzt erst viel zu spät gegeben hat. Ich weiß nicht woher Sie Ihre Informationen zur finanziellen Unterstützung der FSA her haben, aber soweit ich weiß hat es kaum militärische Unterstützung für die progressiven Kräfte in Syrien gegeben.

                     

                    Eine solche wäre aber spätestens nach dem Giftgaseinsatz des Assad-Regimes angebracht gewesen. An dieser Stelle wurde die sog. "rote Linie" überschritten, vor der Regime noch irgendeinen Legitimationsanspruch erheben könnte.

                     

                    Meinen Sie wirklich, es sollte niemals eine Einmischung von außen in Konflikte geben? Müssen wir die Augen vor dem Abschlachten von Zivilist*innen wirklich verschließen, nur weil eine Regierung von sich behauptet "legitim" zu sein?

                    • @74450 (Profil gelöscht):

                      Was eine militärische Einmischung bringt, sieht man wunderbar in Libyen. Irak und Afghanistan sind auch schöne Beispiele.

                       

                      "Meinen Sie wirklich, es sollte niemals eine Einmischung von außen in Konflikte geben? Müssen wir die Augen vor dem Abschlachten von Zivilist*innen wirklich verschließen, nur weil eine Regierung von sich behauptet "legitim" zu sein?"

                       

                      Ja. Weil das Ergebnis fast immer negativ ist. Und wem bringt es etwas, wenn die Leichenberge vergrößert werden?

                       

                      PS: Das Datum und die genaue Summe habe ich aus Wikipedia. Der Fakt war mir aber noch im Gedächtnis. Man hat sich damals darauf geeinigt, dass der Westen "nicht tödliche" Hilfe leistet und die Saudis zusammen mit den anderen Musterdemokraten am Golf die Waffen liefern. In unseren "Qualitätsmedien" nannte man das Unterstützung der Demokratiebewegung. Dies war dann für mich der Anlass, damit zu beginnen, auch andere Nachrichtenquellen zu nutzen, denn ich weiß nicht, was man eingenommen haben muss, um zu glauben, dass die Golfmonarchen auch nur einen Cent dafür ausgeben, eine Demokratiebewegung zu unterstützen.

                      • 7G
                        74450 (Profil gelöscht)
                        @warum_denkt_keiner_nach?:

                        Nunja, wir sind uns einig, dass militärische Interventionen sehr häufig schief gehen.

                         

                        Vor allem, weil es im Konfliktfall i.d.R. keine Partei gibt, die keine Kriegsverbrechen begeht und somit der richtige Bündnispartner wäre. Es ist immer die Wahl des kleinsten Übels.

                         

                        Ich widerspreche aber, dass militärische Interventionen niemals gerechtfertigt sein sollen. Wenn Regime damit beginnen systematisch ihre Bevölkerung abzuschlachten, greift meiner Meinung nach eine Verpflichtung zur Intervention. Ruanda, Sudan, Bosnien und nun eben Syrien sind Fälle, in denen Nichtintervention bzw. zu späte Intervention in die Katastrophe geführt haben.

                        • @74450 (Profil gelöscht):

                          "Wenn Regime damit beginnen systematisch ihre Bevölkerung abzuschlachten..."

                           

                          Wann das der Fall ist, legt wer fest?

                          • 7G
                            74450 (Profil gelöscht)
                            @warum_denkt_keiner_nach?:

                            Im besten Fall ein reformierter UN-Sicherheitsrat, in dem es keine Veto- also einseitige Blockademöglichkeiten gibt.

                             

                            Der Sicherheitsrat müsste aufgestockt werden. Die Veto-Möglichkeiten abgeschafft werden. Dann mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, z.B. mit 2/3-Mehrheit o.ä.

                            • @74450 (Profil gelöscht):

                              Ich bin auch für den Sicherheitsrat. Der ist ja jetzt schon zuständig. Eine Möglichkeit wäre auch, wenn die Vollversammlung ein Veto mit 2/3 Mehrheit überstimmen könnte. Das ist evtl. eher durchsetzbar.

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Ja schon, diese Ereignisse sind mir durchaus bewusst, nur: was haben diese Kriege, durch die man nach westlichem Verständnis die formale Demokratie exportieren wollte, mit meinem Vorschlag zu tun, Demokratiebewegungen in jenen Gesellschaften zu unterstützen, und zwar jenseits von ökonomischen und geostrategischen Eigeninteressen? Das sind für mich zwei verschiedene Paar Schuhe.

            • @Rudeboy:

              Dann hatte ich Sie falsch verstanden. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn es nicht in massiver Einmischung (Demokratieexport) mündet. Leider sah die Demokratieunterstützung in den letzten Jahren meist anders aus.

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Rudeboy:

      Sehe ich auch so. Dann wird sich "der Westen" aber sofort wieder das geheule der Putinisten u.ä. einfangen, es würde Geopolitik betrieben und die "legitimen" Regierungen dieser Länder destabilisiert. Trotzdem, was in Osteuropa richtig war, ist auch im arabisch-persischen Raum richtig.

      • @74450 (Profil gelöscht):

        "...was in Osteuropa richtig war..."

         

        Und zum Jahresbeginn ein Witz...

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          Immer gerne. Allerdings darf ich Sie darauf hinweisen, dass Osteuropa mehr umfasst als nur die Ukraine, an die Sie denken.

           

          Die Förderung demokratischer Kräfte in Osteuropa ist weit älter als die von Ihnen verteufelte Maidan-Bewegung. Aber das wissen Sie ja wahrscheinlich...

          • @74450 (Profil gelöscht):

            "... dass Osteuropa mehr umfasst als nur die Ukraine..."

             

            Ja. Z.B. Polen, Ungarn, Moldawien....

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Ja wobei ich mir wünschen würde (man darf ja noch träumen...), dass der Westen nicht - wie eben gerade in Osteuropa geschehen - nur jene politischen Kräfte unterstützt, die den eigenen ökonomischen und geostrategischen Interessen am nächsten stehen und die sich irgendwas "Pro-europäisches" auf die Fahnen schreiben! Eine solche Art von Unterstützung führt dann nämlich dazu, dass - siehe der "Maidan-"Putsch in der Ukraine - solche Kräfte an die Macht kommen, die nicht besser oder sogar schlechter sind als ihre Vorgänger. In der Ukraine hat die EU sogar aktiv mitgeholfen, faschistische Organisationen wie den "Rechten Sektor" an die Macht zu putschen. Also ist es zu wünschen, dass die EU mehr darauf achtet, auch unabhängig von ökonomischen und geostrategischen Interessen, genuin demokratische Bewegungen zu unterstützen. Die "grüne Bewegung" in Iran war meiner Meinung nach so eine Bewegung, nur wurde sie eben interessanterweise gerade NICHT vom Westen unterstützt!

        • 7G
          74450 (Profil gelöscht)
          @Rudeboy:

          Natürlich muss Europa solche Kräfte in der Welt unterstützen, die seinen demokratischen Werten am nächsten kommen. Das sind dann aber immer auch die Kräfte, die Europa "geostrategisch" entgegen kommen würden. Nach dem Ende der kommunistischen Diktatur zum Beispiel wollten die jungen Demokratien Osteuropas in NATO und die EU aufgenommen werden.

           

          Auch wenn es wahrscheinlich vergebliche Mühe ist sei nochmal angemerkt: In der Ukraine herrscht weder das Militär, wie es nach einem Putsch der Fall wäre, noch herrschen faschistische Organisationen wie der rechte Sektor. Auch wenn auf RT Deutsch anderes behauptet werden sollte. Es ist nicht so.

           

          Abschließend: Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, dass die meisten "westlichen" Stiftungen auch im Iran aktiv sind. Im Link ein Artikel, der die Furcht des iranischen Regimes vor einer "vom Westen" unterstützten Revolution behauptet: http://www.dailykos.com/story/2009/6/14/742385/-Irans-Fear-Of-A-George-Soros-Funded-Velvet-Revolution-

        • @Rudeboy:

          Und?-Trauen Sie dieser EU das denn zu, mal "unabhängig von oekonomischen und geostrategischen Interessen" weltpolitisch vernünftig handeln (nicht nur reden) zu wollen?

          • @H.G.S.:

            Naja, ich bin pessimistisch und befürchte, dass es angeichts der Machtverhältnisse innerhalb der EU nicht dazu kommen wird. Denn die Institutionen der EU werden ja von den Vertretern aus konservativen bis rechtsextremen Parteien dominiert und auch die sozialdemokratischen Repräsentanten passen sich leider allzu oft an die realpolitischen Machtspielchen an und folgen daher nur ökonomischen und geostrategischen Interessen. Am ehesten würde ich so eine vernünftige Politik also noch von den Linken und Grünen in Europa erwarten, aber die sind ja überall, sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene, in der Minderheit und haben nichts zu sagen.

            • @Rudeboy:

              Diesen Pessimismus teile ich.-Bleibt zu hoffen, dass das Wählerverhalten in Europa sich mal grundlegend nach eher links verändert. (Falls Links dann nicht als auch ökonomisch und geostrategisch korrumpierbar sich erweisen sollte. Die SPD ist ja nunmal, zum tiefsitzenden Trauma aller Linken mutiert. )

              • @H.G.S.:

                Ihr Wort in Marx' Ohr! ;)

  • Das Dumme ist nur, dass wir Saudi Arabien nicht nur Waffen, sondern ganze Fabriken zur Herrstellung derselben geliefert haben. Bei einem möglichen Krieg zwischen den Saudis und dem Iran dürfte dann auf beiden Seiten mit 'deutscher Wertarbeit' geschossen werden, lieferte man doch einst dem Schah GR3 Gewehre, von denen sicherlich noch genug im Iran rumliegen...

  • Alles richtig und deswegen wird das nicht mal erwägt von unserem großen Bruder. Ein richtig schöner gewaltiger neuer Golfkrieg läßt das Finanzsystem jubeln und mindestens für 10 Jahre die Gewinne explodieren. Wer wird da schon an irgendwelche Opfer denken.

  • Andreas Zumachs - wie immer besonnenem und kundigen - Kommentar ist aus meiner Sicht wenig hinzu zu fügen. Saudi-Arabien und der Gulf Cooperation Council betreiben tatsächlich seit Jahren ihre Regionalmachtpolitik, aggressiv den Einfluß Irans (und seines Verbündeten Syrien) zurück zu drängen. Genau deshalb verstießen bereits frühere deutsche Waffenlieferungen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, weil die aggressive Politik Saudi-Arabiens bekannt sein mußte. Hinzu kommen die dortigen Menschenrechtsverletzungen, die dem Westen bei anderen Regimes längst Kriegsgründe, besser: -vorwände - geliefert hätten. Ich stelle fest: Es scheint eine Art Grundprinzip der - unbestritten dominanten - Politik des Westens zu sein, stets auf Neue "das Kind in den Brunnen fallen" zu lassen, um dann jeweils neuerliche Kriegsgründe zu haben. Wir sollten darauf nicht mehr hereinfallen und grundsätzlich keinem dieser Kriege zustimmen! (Halle, liebe TAZ: aufwachen!) Eine Organisation wie die NATO dient, entgegen ihrer Rhetorik, nicht dem Frieden. Sie dient stattdessen dazu, daß permanent Krieg auf der Erde herrscht (ich weiß, es gibt auch noch andere Akteure - aber das westliche Bündnis ist das mächtigste). Tja, wenn sogar schon der Papst meint, daß der heutige Kapitalismus den Krieg braucht, um fortexistieren zu können ... Im Ernst: Kriege sind gut für die "Wirtschaft". Unsere jedenfalls.

  • Jede Regierung mit einem Waffenüberhang Mandat glaubt früher oder später, auf ähnliche Weise regieren zu müssen. Die beispiellose Komplexität, mit der wir diese Natursprache wieder und wieder entdecken müssen, nennt sich Zivilisation. Es wäre überlegenswert, sich mit Eifer dem nächsten Fortschritt zu widmen, anstatt sich unter rückständigem, begriffstutzigen Personal weiter einen Namen machen zu wollen.

  • Die Beschuldigungen und anschließende Exekutionen erinnern stark an Hexenverfolgung. Und auch Hexenverfolgung wird immer noch praktiziert. Außerdem gibt es entsprechende Paragraphen im Strafgesetz einiger Länder.

  • Richtig! In solchen Situationen dürfen wir keine Waffen liefern. Hätten wir auch früher nicht tun dürfen, aber jetzt wirklich nicht mehr. Das wäre eine effektivere Vorbeugung gegen ein Ansteigen der Flüchtlingszahlen als das, was Herr Seehofer da gerade mal wieder fabriziert.

    • @Smaragd:

      Das wäre doch mal eine interessante Übung: Zunächst rechnen wir die Profite zusammen, die Deutschland in der Vergangenheit mit Waffenexporten in bestimmte Länder gemacht hat. Von dieser Summe ziehen wir dann die Kosten ab, die den Mitgliedsstaaten der EU für die Versorgung von Flüchtlingen aus diesen Regionen entstanden sind. Lassen sich solche Zahlen einigermaßen zuordnen, sodass man eine solche Rechnung aufstellen kann? Vielleicht könnte das Ergebnis die Motivation reduzieren, weiter ungehemmt Waffen zu verkaufen...

      • 7G
        74450 (Profil gelöscht)
        @Smaragd:

        Schön materialistisch argumentiert. Aber was ist, wenn die Flüchtlinge langfristig der deutschen Volkswirtschaft nutzen?

         

        Der Stopp von Waffenlieferungen sollte unabhängig von ökonomischen Nutzenkalkülen erfolgen.

      • @Smaragd:

        Schöner Beitrag. Das trifft es doch.

        Hans-Ulrich Grefe

  • "Der Westen muss darauf reagieren."

    > Und wozu? Sollen wir uns jetzt auch noch mit den Saudis anlegen, weil wir in der Region (und der Ukraine) noch nicht an genug Pulverfässern rumzündeln?

     

    "Mittelfristig könnte der Konflikt zwischen Riad und Teheran sogar zu einem vierten Golfkrieg eskalieren, der die drei seit 1980 geführten an Menschenopfern, Zerstörungen und negativen Folgen für die ganze Region noch übertreffen dürfte."

    > Deswegen muß man logischerweise vorbeugend Öl ins Feuer gießen. Haben Sie das von unseren Oliv-Grünen geflüstert bekommen?