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Kommentar G7-Gipfel in ItalienIhr seid sechs, ich bin einer

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Trump will den Welthandel als unfair und die USA als Globalisierungsverlierer darstellen. Das ist ein schlechter Witz – aber Trump gelingt selbst dieser.

Kompromisse sind nicht so sein Ding: Donald Trump Foto: ap

Ihr seid sieben – wir sind sechs Milliarden!“ So schallte es den G7-Staatenlenkern im Jahr 2001 in Genua entgegen, aus den Kehlen Hunderttausender globalisierungskritischer Demonstranten. „Ihr seid sechs, ich bin einer – aber was für einer!“, so ungefähr trat jetzt Donald Trump auf dem G7-Gipfel in Taormina auf und sanktionierte auf seine Weise, dass da, recht besehen, zwei Gipfel über die Bühne gingen.

Da wären zum einen die G6 aus Italien, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Kanada und Japan, die wie immer seit dem ersten Gipfel in Rambouillet 1975 Erste Liga spielen wollten, wenigstens für ein Wochenende auf Augenhöhe mit den USA: Die Mächtigsten der Welt treffen sich, um die Schicksalsfragen des Globus zu verhandeln, die Geschicke der Ökonomie, Krisen, Krieg und Frieden, Klimaschutz und Flüchtlinge. Und da wäre der G 1, Donald Trump, der sich als Globalisierungskritiker ganz eigener Art gebärdet, der von „Augenhöhe“ nichts wissen will, der die anderen eigentlich bloß noch trifft, um ihnen deutlich zu machen, wie ernst es ihm mit seinem „America first!“ ist.

Wenn man will, darf man sich natürlich freuen, dass Trump seinen G7-Gipfel genauso wie vorher seine Besuche bei Nato und EU weitgehend unfallfrei überstanden hat, man darf dann auch zur Kenntnis nehmen, dass er weder die Nato noch die EU gleich in die Luft sprengen will. Doch gerade sein G7-Auftritt war der beste Beleg dafür, dass er weiter daran arbeitet, jene Fesseln abzustreifen, in denen seiner Ansicht nach die USA gefangen sind – die ökonomischen, aber auch die diplomatischen Fesseln.

Es ist natürlich ein schlechter Witz, ausgerechnet die USA als Globalisierungsverlierer hinzustellen – aber Donald gelingt auch dieser Witz. „Unfair“ ist in seinen Augen der Welthandel, „unfair“ auch das Klimaabkommen von Paris, das angeblich das US-Wachstum behindert. Da gibt es für Trump nichts zu verhandeln.

Anders als die echten Globalisierungskritiker stört ihn nicht das G-7- oder G-8-Format, sondern schlicht die Tatsache, dass er überhaupt mit anderen Kompromisse suchen soll. Während des Kalten Kriegs hieß es immer wieder, es sei „gut, wenigstens miteinander zu reden“. Ebendieser Spruch machte jetzt auch wieder die Runde zum Abschluss des Gipfels von Taormina. Das sagt eigentlich schon alles.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.
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23 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Herr Trump will die USA wieder so machen, wie sie in der Welt während der Regierungszeit von George Bush waren. Außerdem will er bestimmt die Nato stärken und wichtiger machen, und das geht vor allem durch die Schwächung der EU.

  • Nach diesem ganzen "Gewurschtel" um Trump beim G 7 Treffen, bei der Nato und auch in Saudi - Arabien sollte doch auffallen, dass all diese Verunsicherung, die Tump verursacht, einem ganz besonders nutzt!

    Putin!

    Durch die Verunsicherung der 6 größten Volkswirtschaften werden erst einmal diverse Abkommen nicht getroffen, auch keine weiteren Sanktionen gegen Russland.

    Die NATO ist ebenfalls erst einmal beschäftigt, so das es wohl erst einmal auch keine weiteren Verhandlungen zu einer europäischen Verteidigungsallianz kommen wird.

    Wäre nicht verwunderlich, wenn in absehbarer Zeit wieder irgend eine wilde Auflage eines Angriffs auf die Souveränität eines Gebietes oder eines Landes gäbe.

    Diese Unsicherheiten, von Trump gesät, sind für Putin eine sicherlich gewollte Reaktion auf Trumps Auftritt beim G7 Gipfel und zeigt aber auch wunderschön die Fäden auf, von denen Trump geführt wird.

    Putins Einsatz bei den US Wahlen fängt an sich bezahlt zu machen!!!

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @urbuerger:

      So ist das, wenn man es schafft seine Marionette im Weißen Haus zu platzieren. :)

      • @74450 (Profil gelöscht):

        Was die Demokraten und Republikaner gerade abziehen, ist für Putin besser als eine russischer Agent als amerikanischer Präsident. Die USA machen sich gerade selbst handlungsunfähig. Mittlerweile ist die russische Propaganda von Verwunderung zu blankem Spott übergegangen...

    • @urbuerger:

      Genau, Trump und Putin sind die geheimen Weltverschwörer. Die haben schon die "Protokolle der Weisen von G7on" verfasst, um uns Deutsche und uns Europäer zu vernichten.

  • Es ist mir schittegal, warum Trump was will.

    Wenn er NATO und G7 samt globalisiertem Ausbeutungswelthandel bekämpfen wird, kann man ihn auch als nützlichen Idioten verwenden.

     

    Sinnvoll ist allerdings schon, immer daran zu erinnern, dass das gleiche kurzfristige Ziel nicht das gleiche langfristige sein muss.

    • @Age Krüger:

      Sind Sie wirklich so naiv oder tun Sie bloß so? - Klar der globalisierte Ausbeutungswelthandel wird natürlich ganz effektiv bekämpft durch Waffenlieferungen an die Saudis. (ein Scherz!)

      • @Artur Möff:

        Rechnen Sie anders.

         

        Wenn die USA die Saudis beliefern, können das die Deutschen nicht mehr machen und müssen sich was anderes einfallen lassen. Erstmal bringt uns das hier evtl. eine größere Unabhängigkeit von solchen Exporten, was nicht schaden kann.

         

        Es besteht zwar dabei kein Automatismus, aber durch Verhinderung der Waffenlieferungen durch die USA ist ja auch nix erreicht, wenn dann die BRD liefert.

         

        Btw dachte ich da eher an Handelsabkommen mit Trikontländern und der EU, die den Ländern in Afrika die vollständige Möglichkeit nehmen, autark zu entscheiden.

        • @Age Krüger:

          Das funktioniert andersherum: Nachdem die geplanten Leo II Lieferungen an die Saudis endgültig gestopt waren, sprangen nahtlos die USA mit eigener Panzerlieferung ein. Also nicht "wir" liefern nicht, weil die Amis liefern, sondern die können liefern, weil "wir" verweigerten. Ähnlich Russland: während die EU Sanktionen hat und D z.B. den Deal mit dem Übungszentrum platzen ließ, ließen sich die USA unbeirrt weiterhin Material für die Raumfahrt aus Russland liefern (man hat ja Verträge...)

          • @Mephisto:

            Ganz nebenbei sollte vielleicht auch noch gesagt werden, dass die deutschen Waffenlieferungen sich auf einen Umfang von ca. 100 Millionen beliefen, Trump liefert Waffen im Wert von 110 Milliarden.

          • @Mephisto:

            Und jetzt raten sie mal wer von den ach so bösen Panzerlieferanten in Russland Putin mit Schwulenrechte oder die Saudies mit Frauenrechte nervt?

  • Trumps Haltung wäre gut, wenn er denn etwas anzubieten hätte, was der Globalisierung einen sinnvollen Schub gibt; das hat er nicht.

    • @Picard:

      Ausgeglichene Handelsbilanzen?

  • Ohne USA sind die G-X bald nicht mehr als ein China-Anhängsel, das alles tut für den Zugang zum 1,3Mrd-Markt. Auch alles Unvernünftige.

  • Wäre der Trumpkopf nicht trumpelhaft, fände ich ihn irgendwo untehaltsam.

    Leider ist er US-Präsident “unberächenbar” und gefährlich.

    Nicht nur für Melania.

    Das sagt sein Horoskop.

    • @JadotA:

      "Das sagt sein Horoskop."

       

      Das Niveau steigt und steigt...

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Andersrum ist ja gottseidank nicht möglich...

        • @571 (Profil gelöscht):

          Auch. Da geht noch was :-)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die glorreichen Sieben minus 1 wissen täglich mehr, woran sie sind.

    Finde ich gar nicht so schlecht, soll er doch sein Ding machen, bis er sich seinen Dickschädel anschlägt.

    Aber daran wären schon wieder ja auch nur die anderen schuld, "the bads", natürlich...

  • "Die Mächtigsten der Welt treffen sich, um die Schicksalsfragen des Globus zu verhandeln..."

     

    Eher die, die sich für die Mächtigsten halten. Diese Treffen sind in den letzten Jahrzehnten immer sinnloser geworden. Die Menschheit kann darauf verzichten...

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      "Die Mächtigsten der Welt treffen sich, um die Schicksalsfragen des Globus zu verhandeln..."

       

      Und sie sind machtlos gegen einen einzigen Quertreiber.Was sind das nur für Kriecher.

  • Da ist mir China und Russland, deren Ideen mit Eurasischer Union, wesentlich vertrauenswürdiger, als dieser `durchgeknallte´ USA Präsident mit seinem national Egoismus, seiner dummen Arroganz, seinem Waffenhandel, seiner Mauerbau Ideologie!

    Und nun? Rauchen in der EU und NATO die Köpfe ... die USA Politik leidet unter Wahrheitsverlust .. und muss sich erstmal selbst wiederfinden ...