piwik no script img

Kommentar G20-AgrarministertreffenAdios, fairer Handel

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Die Vertreter der 20 größten Nationen wollen ein Zeichen gegen Protektionismus setzen. Tatsächlich verteidigen sie die alte ungerechte Weltordnung.

Gruppenbild mit 20 AgrarministerInnen beim Gipfel in Buenos Aires am 28. Juli Foto: reuters

W enn alles beim Alten bleibt, ist die Welt wieder in Ordnung. Eigentlich kann man sich nur so die Freude der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) über das Abschlusspapier der G20-Agrarminister in Buenos Aires erklären. In Zeiten, in denen diplomatische Gepflogenheiten von den Mächtigen mit Füßen getreten werden und die Unberechenbarkeit von Twitter-Trump die Weltpolitik beherrscht, bleibt ihr wohl nichts anderes übrig, als sich an solche Papiere zu klammern.

Natürlich, ein Zeichen gegen Protektionismus und für mehr Klimaschutz, wie im Papier großmütig formuliert, schadet nicht. Keineswegs. Wenn es denn ernst gemeint ist.

Tatsächlich trauen sich die Vertreter der mächtigsten Staaten der Erde nicht an den Kern der Probleme heran. Nämlich den Kampf gegen die Ursachen des Klimawandels, gegen den Subventionswahn im Agrarsektor, gegen die Machenschaften der Industrielobby, die auf Gentechnik und die maximale Ausbeutung der Böden setzen. Die Leidtragenden sind die Altbekannten. Etwa die afrikanischen Staaten, die mit europäischen Agrarprodukten zu billigsten Preisen überrumpelt werden und die in der Folge ihre heimische Landwirtschaft unter Druck setzen müssen.

Im Gegenzug hat vor allem die EU die Latte für Importe aus diesen Staaten derart hoch angesetzt, dass eine Marktbeteiligung nahezu unmöglich ist.

Kurz gesagt: Dies ist Protektionismus in Reinkultur. Und genau der soll offenbar erhalten bleiben, aber bitte zu den altbekannten Spielregeln, etwa denen der EU. Dabei gäbe es in diesen unberechenbaren Zeiten die realistische Chance, vom vermeintlich freien zum fairen Handel zu kommen. Zum Beispiel mit einer echten umweltgerechten Kehrtwende in der Landwirtschaft. Oder weniger Ignoranz gegenüber den Kleinbauern im globalen Süden.

Doch davon sind die Vertreter der mächtigsten Industriestaaten der Welt noch weit entfernt. Das macht nicht zuletzt die große Freude der Agrarministerin Klöckner deutlich. Auch in absehbarer Zeit wird sich an dieser Haltung also nichts ändern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tanja Tricarico
wochentaz
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • "Im Gegenzug hat vor allem die EU die Latte für Importe aus diesen Staaten derart hoch angesetzt, dass eine Marktbeteiligung nahezu unmöglich ist."

    Genau richtig.



    Was der EU gegen den Strich geht, ist das Trump diese Taktik bei der EU selbst anwendet, das finden die irgendwie unfair. Da Trump durch seine unintelligenten Handlungen und Äußerungen einen guten Sündenbock abgibt, wird ihm das nun vorgehalten.

    "Kurz gesagt: Dies ist Protektionismus in Reinkultur. Und genau der soll offenbar erhalten bleiben, aber bitte zu den altbekannten Spielregeln, etwa denen der EU. "

    Genau. Diese Regeln sehen auf Seite 1 vor: "Bei politischem Handeln gilt zu beachten, dass die EU gewinnen muss. Maßnahmen die andere Bevorteilen sind durch entsprechende Maßnahmen abzuwehren und die wirtschafltiche Satbilität des Verusachers gilt es zu zerstören."

    So, oder so ähnlich zumindest...

  • Vielleicht bezieht sich das oft gehörte "Fluchtursachen bekämpfen" ja auf die zu verhindernde Flucht=Verlagerung von Arbeitsplätzen aus der EU in andere Länder und die Öffentlichkeit hat das immer nur falsch verstanden.

    • @Vroni M.:

      Na wenn Arbeitsplätze ins AuslLand abgehen wird zumindest lauter geschrien als wenn iwelche unbedeutenden Menschen im Mittelmeer ertrinken.

      "fluchtursaxhen bekämpfen" ist eigentlich "fluchtwege bekämpfen"



      2teres ist nur menschenverachtend also wird es wie 1. Genannt