Kommentar Frauen mit Uni-Abschluss: Jetzt geht es um den Chefinnensessel
Eine neue Statistik zeigt: Immer mehr Frauen haben Hochschulabschlüsse. Bei den späteren Jobs drängeln sich trotzdem Männer vor.
J unge Frauen in Deutschland haben doppelt so häufig einen Hochschulabschluss wie die Generation ihrer Mütter. Demnach hatten 30 Prozent der 30- bis 34-jährigen Frauen 2017 einen Hochschulabschluss, bei den 60- bis 64-jährigen Frauen sind es nur 15 Prozent. Das geht aus Daten des Mikrozensus 2017 hervor, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag veröffentlichte.
Schnell neigt man jetzt dazu, freudig in die Hände zu klatschen und „Endlich! Geschafft!“ zu rufen. Das wäre verfrüht. Natürlich: Es ist absolut begrüßenswert und weiterhin zu fördern, dass immer mehr junge Frauen studieren. Denn damit eröffnen sie sich potenziell die Türen zu Posten in der Wissenschaft, zu hoch bezahlten Jobs und zu Führungspositionen.
Potenziell – aber nicht automatisch. Und genau deshalb reicht es nicht, sich nur auf die Zahl der 30- bis 34-jährigen Frauen mit Hochschulabschluss zu fokussieren. Gleichzeitig muss auch erfasst werden, was diese Frauen nach ihrem Abschluss beruflich machen. Arbeiten sie mit ihrer hohen Qualifikation in entsprechend hohen Positionen? Werden sie entsprechend ihrer Qualifikation bezahlt?
Die Zahlen zu diesen Fragen sagen seit Jahren dasselbe – es ist schon fast ermüdend, es immer wiederholen zu müssen: Frauen in der Wissenschaft, in hohen Positionen, Vorständen und Chef*innensesseln sind nach wie vor rar und der Gender Pay Gap in Deutschland liegt noch immer bei 21 Prozent.
Jetzt auf berufliche Erfolge hinarbeiten
Der Vergleich zu Männern in der Statistik des Bundesamts ist übrigens auch interessant: Bei den 30- bis 34-jährigen Männern haben 27 Prozent einen Hochschulabschluss, im Vergleich zu 22 Prozent der 60- bis 64-Jährigen. Das Bildungsniveau ist bei der weiblichen Bevölkerung also deutlich stärker gestiegen. Schade nur, dass es nach den erreichten Abschlüssen nicht weitergeht.
Vor allem sollten endlich mal die Zusammenhänge zu all den erhobenen Zahlen hergestellt werden: Dauernd ist vom Fachkräftemangel in Deutschland die Rede, gleichzeitig stecken hoch qualifizierte Frauen in Teilzeitarbeit fest, weil sie für ihre Kinder nur eingeschränkte Betreuungsmöglichkeiten haben, die Erzieher*innen in Kitas wiederum klagen über zu wenig Personal und Gehalt. Das ist nur ein Beispiel einer Verkettung von aktuellen Rahmenbedingungen, die unter anderem dazu führen, dass Frauen, die genauso hoch qualifziert sind wie Männer oft in schlechteren beruflichen Positionen verharren.
Der Zugang zu Unis für Frauen ist im Generationenvergleich also leichter geworden – ein Fortschritt. Jetzt müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft darauf hinarbeiten, dass sie beim nächsten Generationenvergleich auch berufliche Erfolge verbuchen können.
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