Kommentar Frankreichs Regionalwahlen: Letzte Warnung

Der Front National geht leer aus, alle sind erleichtert. Die Probleme, die zum Erstarken der extremen Rechten geführt haben, bleiben dennoch ungelöst.

Marion Marechal-Le Pen wirft nach dem Wahlergebnis vor der Kamera die Arme in die Luft

Ergeben wird sich der Front National noch lange nicht - Wahlverlierin Marion Marechal-Le Pen. Foto: dpa

Einmal mehr spielt sich der rechtsextreme Front National in Frankreich als „Opfer“ des Wahlsystems und der Verschwörung der „Etablierten“ auf. Die Partei von Marine Le Pen hat am Sonntag im Vergleich zu den Regionalwahlen von 2010 ihren Stimmenanteil und die Zahl der Sitze in den Regionalräten fast verdreifacht, lag nach dem ersten Wahlgang in sechs Regionen zum Teil sehr deutlich in Führung.

Dennoch geht diese „Gewinnerin“ leer aus, weil sie keine der 13 Regionen erobert. Alle anderen sind erleichtert. Mit einem Anflug von Selbstkritik sagen die linken und bürgerlichen Parteisprecher, sie hätten verstanden, dass die Wählerschaft ungehalten und unzufrieden seien.

Nochmals haben die französischen WählerInnen mit einer außerordentlichen Mobilisierung die Notbremse gezogen, um den FN zu stoppen, als er bereits nach der Macht greifen wollte. Es ist hauptsächlich der höheren Wahlbeteiligung zu verdanken, dass in drei besonders gefährdeten Regionen der FN zuletzt doch keine relative Mehrheit erringen konnte.

Das ist die schöne Seite des Resultats. Nicht ganz so toll ist hingegen, dass die Sozialisten in zwei Regionen zudem ihre Listen aus der Stichwahl zurückziehen und so der bürgerlichen Rechten den Vortritt lassen mussten. Diese politische Selbstverleugnung erschien ihnen als letztes Mittel, im Norden und an der Côte d‘Azur den FN noch aufzuhalten.

Die weniger beruhigende Ansicht besteht aber vor allem darin, dass mit diesem Wahlausgang keines der Probleme gelöst wird, die zum Erstarken der extremen Rechten geführt haben. Der FN hat sich mit seiner aggressiven Islam- und Fremdenfeindlichkeit und seinen reaktionären Ideen auf Dauer in den Köpfen eingenistet und wird sich nicht immer mit solchen mehr symbolischen Erfolgen zufrieden geben.

Diese Regionalwahlen waren vielleicht die letzte Warnung, schreiben heute zahlreiche Zeitungen in Frankreich. Sie waren jedenfalls wie eine Hauptprobe vor dem großen Termin von 2017, wenn der Staatspräsident und die Abgeordneten gewählt werden. Wenn dann der FN nicht an die Macht gelangen soll, muss die Mobilisierung jetzt beginnen, nicht erst auf der Zielgeraden beim Wahlfinale.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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