Kommentar Fracking: Die letzte Konsequenz fehlt
Das Gutachten des Umweltbundesamtes zur neuen Form der Gasförderung weist in die richtige Richtung. Es geht aber nicht weit genug.
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D as lange erwartete, umfassende Gutachten des Umweltbundesamts zum Thema Fracking enthält jede Menge gute Argumente gegen die umstrittene neue Form der Gasförderung: Die Chemikalien, die dabei unter die Erde gepresst werden, können das Grundwasser bedrohen. Die Entsorgung der Rückstände ist ungeklärt. Die Bohrungen können die Erdbebenwahrscheinlichkeit erhöhen und andere Nutzungen des Untergrunds wie Geothermie oder Druckspeicher verhindern.
Zudem stellt die Studie klar, dass Fracking in Deutschland nicht notwendig ist, um die Klimaziele zu erreichen. Vielmehr deuten neue Ergebnisse darauf hin, dass die Klimabilanz des Fracking-Gases durch das bei der Förderung freigesetzte Methan deutlich weniger positiv ist als bisher gedacht – wenn überhaupt.
Doch trotz der klaren Analyse verzichtet Deutschlands oberste Umweltbehörde darauf, die logische Konsequenz zu fordern: ein völliges Verbot von Fracking. Stattdessen stellt sich das UBA im Wesentlichen hinter die Regierungslinie, die starke Einschränkungen für Fracking vorsieht, aber auf Druck der Erdgasindustrie Probebohrungen und die Nutzung von tiefliegenden Gasfeldern ermöglichen will. Der Mut zum klareren Widerspruch fehlte offenbar.
Dennoch dürfte sich das Gutachten für die weitere Debatte als sehr hilfreich erweisen. Schließlich gehen die UBA-Experten an einigen Punkten, etwa beim vermeintlich weniger gefährlichen „konventionellen Fracking“, sehr wohl über die Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums hinaus. Zudem stellen sie die Notwendigkeit des Ganzen offensiv in Frage. Die Bundestagsabgeordneten, die stärker ihren Fracking-skeptischen Wählern als der Industrie verpflichtet sind, dürften diese Vorlage nutzen, um die Regierungspläne zu verschärfen.
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